Clevere Verkaufsstrategien um Luxus in den Sozialen Medien

Die Sozialen Medien werden vielerorts verteufelt. Doch in Wirklichkeit sind sie total kreativ – auch, was das Verkaufen um Luxus angeht.

Es tut fast in der Seele weh, wenn Tanner Leatherstein sein Messer ansetzt.

Der Social-Media-Star, wie er sich nennt, zerschneidet Handtaschen von Louis Vuitton, Hermès, Dior, Chanel, Fendi, Chloé oder Prada, um sie genauer unter die Lupe zu nehmen.

Regelrechten Kultstatus

Welches Material hat die 3000-Franken-Tasche wirklich verwendet? Welche Verarbeitung verkaufen die Luxusmarken als Luxus?

Und welchen Schätzwert in der Produktion misst der Fachmann den Produkten tatsächlich bei?

All diese Fragen beantwortet Tanner regelmässig, indem er die 3000-Franken-Taschen mutwillig zerstört.

Damit hat er etwa auf Tiktok, Instagram, Youtube & Co. regelrechten Kultstatus erreicht und Medien von «New York Times» bis «Der Spiegel» berichten über ihn.

Meinung über Qualität

Der Lederfachmann, der eigentlich Volkan Yilmaz heisst, kratzt dabei an Ornamenten und verbrennt sogar das Material, um sich eine Meinung über die Verarbeitung sowie die Qualität der Ausgangsstoffe zu bilden.

Dabei gibt er auch Schätzwerte für die tatsächlichen Produktionskosten ab.

Klar verdienen Stars um Kim Kardashian & Co. in den Sozialen Medien viel Geld. Doch auch unbekannte Talente haben mittlerweile ihre Geschäftsmodelle entwickelt, wie Tanner eindrücklich mit seinen aktuellen Videos zeigt.

Unabhängiger Einkauf

Er nahm jüngst drei Geldbörsen der Luxusmarken Louis Vuitton, Hermès und Bottega Veneta unter die Lupe.

Zunächst gab der Kürschnermeister 1800 Dollar aus, um die drei Produkte unabhängig zu erwerben.

Dann analysierte der Mann aus Dallas in den USA die Qualität und fand, dass jede Geldbörse irgendwelche Schwachstellen habe, wie es auf Tiktok, Youtube & Co. hiess.

Die Idee dazu war geboren worden, weil Freunde und Bekannte ihn stets um seine Meinung um die Lederwaren baten.

Exorbitanter Verkaufspreis

Die Qualität des Leders von Hermès war zwar sehr gut. Aber das Design dieser einfachen, und lieblos zusammengefalteten Geldbörse mit nur einem Druckknopf war ein Kritikpunkt.

Der LV Pocket Organizer von Louis Vuitton gefiel zwar in der Verarbeitung, aber an jeder Stelle standen die Initialen LV und der exorbitante Preis störten den Lederexperten doch sehr an dem Luxusprodukt.

Schummeln beim Material

Bei der Geldbörse von Bottega Veneta gefiel dem Experten das exklusive Design. Die Verarbeitung und das Innere waren zwar hochwertig, wie das Auftrennen der Nähte im Video zeigte.

Doch das versprochene Leder entsprach nicht der Qualität, die in der Produktbeschreibung angegeben wurde. Der Experte fand eine Polyurethan-Beschichtung, die es eigentlich gar nicht geben sollte.

Jedes der drei Produkte fiel bei dem Social-Media-Star schliesslich durch. Doch damit sind die Videos nicht zu Ende, denn dann kommt seine Verkaufsidee ins Spiel.

Eigenes Design

Tanner, was Gerber bedeutet, wollte das beste Lederetui lieber selbst kreieren und fuhr eigens in die Toskana nach Italien, um die besten Materialien für ein solches Luxusprodukt zu finden.

Alle Geldbörsen fielen auch bei dem Fachmann durch, weil die Aussenkanten einfach nur bemalt wurden.

Tanner Leatherstein
Screenshot: muula.ch
Tanner Leatherstein
Screenshot: muula.ch
Tanner Leatherstein
Screenshot: muula.ch

Bei seinem eigenen Design griff er daher auf eine alte Technik zurück, den Englischen Saum, bei dem die Ecken und Kanten doppelt gefaltet und damit unverwüstlich werden.

Dies erfordert jedoch Zeit und viel Handwerksgeschick, erklärte er im zugehörigen Tiktok-Stream. Die Kundschaft würde diese Vorgehensweise aber rasch zu schätzen wissen, erklärte er.

Spanisches Dorf beauftragt

Die Prototypen seines eigenen Produkts waren dann zwar sehr gut. Doch als die Produktion startete, war der Experte mit der Qualität aus der Türkei doch nicht zufrieden.

Dann ging er nach Ubrique, einem spanischen Dorf, wo viele Luxusfirmen ihre Lederprodukte fertigen lassen und die Arbeiter viel Erfahrung mit Luxusqualität haben.

Dort war er dann zufrieden, wie ein Test mit seinem eigenen Produkt ergab. Dort schnitt er selbst die Nähte und Klebefalze wieder auf, um sich von der Handwerksarbeit zu überzeugen. Auch die verschiedenen Leder stellten ihn zufrieden.

Gesamtkosten von 60 Dollar

Am Ende des Videos gibt der Experte, der wegen seiner Messerattacken gerne als Aufschneider bezeichnet wird, die Kosten für die Handarbeit und die Materialien an.

Für seine eigene Geldbörse kostete das Leder um die 22 Dollar. Die Fertigung im spanischen Ubrique kam auf 38 Dollar, was zusammen 60 Dollar an Herstellungskosten ergab.

Sein Verkaufspreis ist dann aber nicht exorbitant hoch, wie bei den Luxusmarken, die er analysiert. Er verkauft die Geldbörse unter seiner eigenen Marke Pegai für 169 Dollar.

Tausende Likes

Immerhin haben die Entwicklung und die Produktion fast anderthalb Jahre in Anspruch genommen und mit den Verkäufen erhalte er seine Unabhängigkeit, erklärte Tanner weiter.

Das Publikum könne sich nun selbst eine Meinung von dem Produkt bilden, falls sie die Geldbörse über die Webseite des Tiktok-Stars bestellten.

Und Tausende liken das Video umgehend, was illustriert, dass das Geschäftsmodell floriert.

Wer also auf die Markennamen um Louis Vuitton, Gucci, Prada, Fendi, Dior, Hermès, Yves Saint Laurent YSL, Salvatore Ferragamo, Chloé, Chanel & Co. verzichten kann, bekommt offenbar ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.

01.06.2024/kut.

Clevere Verkaufsstrategien um Luxus in den Sozialen Medien

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