Über die verschwiegenen Kunstsammler gibt es nur wenige Informationen. Eine Analyse offenbart nun aber Branchengeheimnisse.
Das Kaufverhalten von hochkarätigen Kunstsammlern beeinflusst die ganze Szene. Doch über den erlauchten Personenkreis ist kaum etwas bekannt.
Daher versuchen die Art Basel und die Grossbank UBS, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und nutzen dabei den auf Kunstthemen spezialisierten Wissenschafter Clare McAndrew.
Risikoaversion steigt
Er wertete eine aktuelle Umfrage unter mehreren Tausend namhaften Kunstsammlern aus und in dieser aussergewöhnlichen Untersuchung kamen zahlreiche verborgene Verhaltensweisen für 11 Nationen ans Tageslicht, wie die UBS und die Art Basel gemeinsam mitteilten.
So zeigte sich, dass die Kunstsammler im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich mit dem Vorjahr etwas risikoaverser geworden sind.
Die Vorlieben verschoben sich zudem von digitaler Kunst und Non-Fungiblen-Token (NFT) hin zu mehr Gemälden. Die meisten kaufen bei Kunsthändlern und Auktionen.
Versteigerungen rückläufig
Die Verkäufe bei einschlägigen Auktionshäusern um Sotheby’s, Christie’s, Phillips & Co. liegen im ersten Halbjahr 2023 mit 6,3 Milliarden Dollar wieder leicht über dem Vor-Pandemie-Niveau im ersten Semester 2019 von 6 Milliarden Dollar.
Allerdings gingen die Kunstverkäufe fast eine Milliarde Dollar beziehungsweise 16 Prozent gegenüber dem Betrachtungszeitraum von 2022 zurück, was die Risikoaversion eindrücklich verdeutlicht.
Die globale Verlangsamung des Wirtschaftswachstums trifft also auch den Kunstmarkt.
Chinesen schlagen zu
Die Durchschnittsausgaben der Gutbetuchten für Kunst, Antiquitäten & Co. blieben aber weiterhin ziemlich konstant bei rund 65.000 Dollar je Sammler, was zeigt, dass die Millionenkäufe und Verkäufe doch eher die Ausnahme sind.
Ein Viertel der Transaktionen liegt laut der Untersuchung zwischen 10.000 und 50.000 Dollar.
Besonders eindrücklich sind die Ausgaben je Kunstmäzen aufgesplittet nach Ländern.
Dabei legten die Festlandchinesen nach der Aufhebung der Coronavirus-Pandemie nämlich stark zu. Die Median-Ausgaben für Fine Art, Antiquitäten und dekorative Kunst erhöhten sich um fast 20 Prozent auf 241.000 Dollar je Sammler.
Japaner mit halbem Budget
In Italien, Frankreich und Grossbritannien kauften die Artexperten im ersten Quartal 2023 «lediglich» im Schnitt für rund 60.000 Dollar pro Collector ein. In den USA liegt der Wert wie in Deutschland und Singapur bei zirka 40.000 Dollar und zeigt die deutliche Abstufung.
Taiwanesen, Japaner und Brasilianer gaben gleichbleibend nur rund 30.000 Dollar je Person aus.
Ohne die hohe Nachfrage der Festlandchinesen wären die Kunstmärkte also abgestürzt. Nicht selten gibt eben China den Takt für die Weltwirtschaft an.
Horizont überschritten
Rund 58 Prozent der Ausgaben waren für Gemälde. Rund 13 Prozent gingen für Arbeiten auf Papier zurück. Die Objekte der Begierden waren zu jeweils 8 Prozent aber auch Skulpturen und Installationen.
Digitale Kunst kam nur auf 3 Prozent und Fotografien auf 2 Prozent der Verkäufe.
Der Erwerb von NFTs ging fast auf Null von seinem Höchstwert im August 2021 zurück, als noch 200.000 digitale Token abgesetzt worden waren. Der Boom ist also klar vorbei.
Insgesamt kommen die Sammler auf einen Kunstanteil von rund 19 Prozent an ihrem Gesamtvermögen.
Rendite im Fokus
Besonders spannend waren noch die Motivationen für den Kunsterwerb. Rund 37 Prozent gaben an, dass sie sich mit den Kunstwerken selbst verwirklichen könnten.
Nur 28 Prozent gingen auf eine Finanzinvestition zurück. Und 14 Prozent der Sammler gaben eine Leidenschaft oder die Beziehung zu anderen als Gründe für die Käufe von Kunst an.
Der Erhalt von Traditionen und philanthropische Motive spielten kaum eine Rolle.
Rosige Aussichten
Über alle Regionen, so die Art Basel und die UBS, wollen die Sammler auf jeden Fall weiter zukaufen. Im Schnitt liegt der Gedanke für 2024 bei 54 Prozent auf Zukauf. Abstossen wollen nur 26 Prozent in den nächsten zwölf Monaten.
Letzteres ist vom Jahr 2022, als 39 Prozent noch an Verkäufe gedacht hatten, deutlich gefallen. Als Grund gab die Mehrheit an, dass die Preise in Zukunft zulegen dürften.
06.11.2023/kut.