Bundesrat muss F-35-Kaufentscheid neuaufrollen

Französischer Kampfjet Rafale in der Abendsonne
Die Schweiz kann noch auf den französischen Kampfjet Rafale von Dassault wechseln. (Bild: PD)

Die Schweiz hat für den Kauf der neuen Kampfjets einen formellen Prozess durchgeführt. Laut einem Gutachten hat der Rafale nun doch noch Chancen.

Der Kauf von 36 Kampfjets des Typs F-35 ist für die Schweiz zum Debakel geworden.

Erst war unklar, wie der Entscheid auf die Flieger des US-Herstellers Lockheed Martin gefallen ist, und es brauchte gleich mehrere Untersuchungen.

Gutachten vom Bundesamt für Justiz

Mittlerweile ist auch noch klar, dass der Kaufpreis kein Festpreis ist, wie die ehemalige Verteidigungsministerin Viola Amherd der Öffentlichkeit felsenfest beteuert hatte.

Und wie Recherchen von muula.ch nun ergaben, muss wohl der ganze Entscheidungsprozess nochmals neu aufgerollt werden.

Dies wird klar, wen man in das Gutachten vom Bundesamt für Justiz (BJ) schaut, das den rechtsstaatlichen Rahmen für die Beschaffung von Kampfflugzeugen untersuchte.

Kosten und Nutzen abgewogen

Der Bundesrat sei die für den Vergabeentscheid zuständige Behörde und die Landesregierung sei rechtlich verpflichtet, den Zuschlag dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen. 

Doch was heisst wirtschaftlich günstiges Angebot? Die vier Kandidaten werden im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse miteinander verglichen.

Dabei werden kostenseitig die Beschaffungskosten der Systeme (Systemkosten) sowie die Betriebskosten während einer dreissigjährigen Nutzung berücksichtigt.

Für den Nutzen sind die Kriterien Wirksamkeit (Gewichtung 55 Prozent), Produktsupport (25 Prozent), Kooperation mit Ruag & Co. (10 Prozent) sowie die direkte Industriebeteiligung (10 Prozent) ausschlaggebend.

Aussenpolitik kommt zum Zuge

Sind dann aber zwei Angebote gleichwertig, darf der Bundesrat aussenpolitische Aspekte berücksichtigen, so das BJ im Rechtsgutachten.

Was gleichwertig bedeutet, liefern die Juristen gleich noch mit: Eine Differenz von 10 Prozent werde vom Bundesgericht als «klarer Vorsprung» qualifiziert, der eine weitgehende Gleichwertigkeit ausschliesst.

Dagegen werde bei einem Unterschied von 3 Prozent noch von weitgehender Gleichwertigkeit ausgegangen.

Eine Alternative dominierte

Der Bundesrat hat sich aber laut seinem Communiqué gar nicht erst in so eine schwierige Situation bei der Auswahl der vier Alternativen um den Eurofighter von Airbus, den F/A-18 Super Hornet von Boeing, den F-35A von Lockheed Martin oder den Rafale von Dassault gebracht.

Der Entscheid fiel eindeutig auf den F-35, weil er den höchsten Nutzen und gleichzeitig die tiefsten Kosten ergab.

Die F-35-Beschaffung weise mit 336 Punkten den höchsten Gesamtnutzen auf, dies mit einem deutlichen Abstand von 95 und mehr Punkten zu den anderen Kandidaten, hiess es 2021.

Bei drei der vier Hauptkriterien habe das Flugzeug am besten abgeschnitten.

Nur 2 Milliarden Franken an Unterschied

Die Beschaffungskosten belaufen sich zum Zeitpunkt der Angebote im Februar 2021 auf 5,068 Milliarden Franken, hiess es weiter. Der F-35A sei zudem bei den Betriebskosten das günstigste Flugzeug aller Anbieter.

Die Gesamtkosten, welche aus den Beschaffungs- und den Betriebskosten bestünden, betrügen beim F-35A über 30 Jahre gerechnet rund 15,5 Milliarden Franken.

Der Unterschied zum zweitgünstigsten Kandidaten liege damit im Bereich von 2 Milliarden Franken, so die Landesregierung.

Dassault hüllt sich in Schweigen

Zwar sagt der Bund nicht, was die zweite Alternative ist. Klar ist jedoch, dass der französische Rafale ein heisser Kandidat gewesen ist.

Liegen nun die Beschaffungskosten beim F-35 um bis zu 1,3 Milliarden Dollar deutlich höher, muss die Schweiz über ihre Bücher gehen. Hinzu kommen noch höhere Betriebskosten während der Nutzungsdauer.

Der Bundesrat hat schliesslich laut Gesetz aber das günstigste Angebot zu wählen und Entscheide auf falscher Zahlenbasis gilt es zu korrigieren. Zudem kommen die Kosten nun nah an die 3-Prozent-Regel des Bundesgerichts heran.

Ob der Hersteller Dassault bereits mit Bundesbern im Gespräch ist, wollte die Medienstelle des französischen Rüstungskonzerns gegenüber muula.ch allerdings nicht beantworten.

Bundesrat muss Recht einhalten

Ordentliche Rechtsmittel gegen den Entscheid des Bundesrates stehen laut dem BJ allerdings nicht offen.

In Frage käme höchstens eine Aufsichtsbeschwerde an die Bundesversammlung als Rechtsbehelf, hiess es.

Die Bundesversammlung kann aber nicht an die Stelle des Bundesrats treten und seinen Entscheid aufheben. Rechtlich korrekt müsse das Verfahren dennoch sein, mahnten die Bundesjuristen.

Neue Evaluation zwingend

Das heisst, der Bundesrat sei bei seinem Entscheid ans Recht gebunden und müsse die anwendbaren Bestimmungen einhalten, selbst wenn keine Beschwerdemöglichkeit besteht. Das Beschaffungsrecht sieht das günstigste Angebot vor.

Damit ist klar, dass es eine neue Evaluation des F-35-Kaufentscheids braucht.

Vielleicht kommt die Schweiz trotz einer geleisteten Anzahlung an die Amerikaner von 1 Milliarde Franken doch noch zum französischen Rafale.

25.08.2025/kut.

Bundesrat muss F-35-Kaufentscheid neuaufrollen

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