
Die Regierung macht der Post, den SBB, Swisscom und Skyguide klare Vorgaben. Doch bei der Prüfung der Ziele agiert der Bundesrat zu zaghaft.
Ein Ziel ist laut der betriebswirtschaftlichen Literatur die Beschreibung eines künftigen, erstrebenswerten Zustandes.
Der Bundesrat gibt den Staatsbetrieben, wie der Schweizerischen Post, den Schweizerischen Bundesbahnen SBB, dem Swisscom-Konzern und Skyguide, solche Ziele, also erstrebenswerte Zustände, vor.
Kleingedrucktes wichtig
«Post, SBB, Swisscom und Skyguide haben im Jahr 2024 ihren Auftrag zur Gewährleistung des Service public im ganzen Land zuverlässig und mit hoher Qualität erfüllt», teilte der Bundesrat am heutigen Freitagabend freudig mit.
Die Zielvorgaben der Landesregierung seien erreicht worden, hiess es nach Prüfung des erreichten Ist-Zustandes.
Wer dann jeweils in die Details schaut, sieht allerdings, dass die Einschätzungen der Landesregierung nicht stimmen.
Unternehmenswert vernichtet
So soll beispielsweise die Post in der Grundversorgung kostendeckend arbeiten. Doch das ist weit gefehlt.
Die Verluste stiegen um Millionen, wie muula.ch berichtete. Auch soll die Schweizerische Post als Ziel den Unternehmenswert sichern. Dies war wiederum nicht gegeben.
Das Management des Staatsbetriebes vernichtete Wert und verdiente erneut die Kapitalkosten nicht.
Der Bundesrat war dennoch milde.
Nachfrageschwund erkannt
«Die neuen Geschäftsbereiche vermochten bisher aber erst wenig zur Kompensation des Rückgangs im klassischen Postgeschäft beizutragen», hiess es.
Der Bundesrat sei sich bewusst, dass die eigenwirtschaftliche Finanzierung der Grundversorgung aufgrund des Nachfrageschwundes auf lange Sicht in Frage gestellt sei, erklärte die Regierung und winkte die Zielerfüllung dennoch als erfüllt durch.
Verschuldung explodiert
Bei den SBB stellte der Bundesrat fest, dass sich das Jahresergebnis von 267 auf 275 Millionen Franken zwar verbessert habe.
Gleichzeitig verschärften sich jedoch die Probleme der Güterverkehrssparte SBB Cargo und der Verlust stieg von 40 auf 76 Millionen Franken.
Zudem nahm die Nettoverschuldung der SBB um 809 Millionen auf über 12 Milliarden Franken zu und entfernte sich so wieder von der vom Bundesrat gesetzten Obergrenze von 6,5-mal den operativen Gewinn auf Stufe Ebitda.
Gleichzeitig steckte der Bund nochmal 850 Millionen Franken in den Staatsbetrieb hinein. Auf die Zustupfe für SBB Cargo ging der Bundesrat nicht einmal ein.
Die Ziele waren dennoch alle erfüllt.
Nur halb so gute Performance
Bei Swisscom hat der Bundesrat auch eine Chance verpasst, strategisch klare Worte zu sprechen.
Das finanzielle Ergebnis auf Konzernebene sei zwar solide, wenn auch schwächer als im Vorjahr, hiess es lapidar, obwohl Umsatz, operatives Ergebnis und Reingewinn zurückgingen, ebenso wie der Unternehmenswert gemessen am Aktienkurs.
«Die Performance der Swisscom-Aktie (Kursentwicklung und Rendite) blieb im Branchenvergleich unterdurchschnittlich», hiess es kleinlaut.
Im Bericht zu Swisscom steht dann aber, dass die Gesamtrendite der Swisscom-Aktie mit 4,0 Prozent doch deutlich unter den Vergleichswerten von SMI (7,5 Prozent) und von den 11 Telekommunikations-Unternehmen der Vergleichsgruppe (9,4 Prozent) lag.
Dennoch kam auch hierbei der Segen, die Ziele voll erfüllt zu haben. Die Vorgaben zur Verschuldung wurden mit dem Milliardenmerger in Italien temporär verfehlt.
Merger als Herkulesaufgabe
Auf kurze Sicht bestünde die dringlichste Herausforderung von Swisscom darin, die Grossfusion in Italien zum Erfolg zu führen.
Mehr sagte der Bundesrat zum riskanten Merger von Fastweb und Vodafone Italia nicht.
Warum es die Fusion überhaupt braucht, erklärte der Mehrheitsbesitzer des Telekomkonzerns ebenfalls nicht.
Auf mittlere Sicht hänge das Wohlergehen des Unternehmens vom Ausbau der Ultrahochbreitbandnetze ab, was anhaltend hohe Investitionen erfordern werde, die in einem insgesamt stagnierenden Markt zu erwirtschaften seien, erklärte die Schweizer Landesregierung lediglich.
Bilanz für falsches Jahr gezogen
Bei Skyguide sah der Bundesrat plötzlich die Ziele nur als teilweise erfüllt an, obwohl im ganzen Communiqué nie von Einschränkungen bei der Zielerfüllung der Staatsfirmen die Rede war.
Merkwürdigerweise spricht der Bundesrat das Jahr 2023 an, obwohl es um die Zielerfüllung 2024 geht.
Die Kapazität (Pünktlichkeit), die wirtschaftliche Effizienz (Kosten und Gebühren) und die Reduktion der CO2-Emissionen (Optimierung der Flugrouten durch Vermeidung von Umwegen) seien hinter den Anforderungen der EU-Kommission zurückgeblieben, lautete das Fazit plötzlich wenig schmeichelhaft.
Sparziele vollkommen verfehlt
Die finanzielle Situation von Skyguide präsentierte sich zudem erneut problematisch.
«Die Kosten stiegen stärker als die Einnahmen, obwohl der Verkehr kräftiger wuchs als angenommen und erstmals über dem Niveau lag, wie es vor der Corona-Pandemie bestand», erklärte der Bundesrat.
Unter dem Strich resultierte ein statutarischer Verlust von 12,4 Millionen Franken. Unter Einbezug der Beteiligungen betrug das Minus beim konsolidierten Verlust sogar 18,9 Millionen Franken, wie das Volk bei der Gesamtevaluation versteckt erfährt.
Als Teil des Massnahmenpakets, um die Folgen der Coronavirus-Pandemie zu bewältigen, verpflichtete sich Skyguide, bis 2024 die Kosten um kumuliert 124 Millionen Franken gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung zu senken.
Bis Ende 2024 beliefen sich die Einsparungen kumuliert bloss auf 58 Millionen Franken, was mit 45 Prozent nicht einmal der Hälfte des Sparziels entspricht.
Darlehen nicht zurückgezahlt
Vom Darlehen über 250 Millionen Franken, das der Bund während der Coronavirus-Pandemie gewährt hatte, konnte die Flugsicherung Skyguide 2024 statt der geplanten 35 lediglich 15 Millionen Franken zurückzahlen.
Im Prinzip wurden somit alle Ziele verfehlt, ausser man schaut gänzlich aus der Vogelperspektive auf Skyguide und stellt fest:
«Die Sicherheit des zivilen Flugverkehrs und die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe waren stets gewährleistet». Na, bitte. Es geht doch auch positiv.
Unsinnige Vorgehensweise
Letztlich zeigt sich, dass es Ziele für die Staatsbetriebe gar nicht braucht. Die Manager von Post, SBB, Swisscom und Skyguide machen sowieso, was sie wollen.
Und am Ende sagt der Bundesrat selbst in grössten Schieflagen, die erstrebenswerten Zustände seien alle erreicht worden.
14.03.2025/kut.
Das Problem des Ganzen ist eigentlich folgendes: Der Bundesrat sowie auch der Autor des Artikels eifern dem Mythos der «gewinnbringenden Grundversorgung» nach.
Der Zweck einer Grundversorgung bzw. des service public sollte nicht in erster Linie eine wirtschaftliche Rendite, sondern die Sicherstellung der Daseinsvorsorge sein.
Man stelle sich doch einmal vor, nur noch jene Gemeinden und Regionen bekämen einen Wasser- oder Stromanschluss, wo sich die Versorgung wirtschaftlich rechnet.
Eine vollständige Gewinnorientierung bei den SBB, der Swisscom oder der Post würde so oder so weiter zu Serviceabbau führen, worunter v. a. die strukturschwachen Regionen leiden würden.