Bund will weiter bei Threema schnüffeln

Ikons von Messenger-Diensten wie WhatsApp und Threema
Der Staat will sämtliche Kommunikation der Menschen kontrollieren. (Bild: pixabay)

Das Bundesgericht hatte die Schweiz bezüglich des Messenger-Dienstes Threema zurückgepfiffen. Nun findet der Bund einen Weg, doch zu lauschen.

Wer definiert, regiert.

Dies kann die Schweiz eindrücklich an einer neuen Vernehmlassung zum Fernmelde- und Überwachungsgesetz sehen.

Verschlüsselungen aufheben

Dort will der Bund nämlich die Hoheit über den Überwachungsstaat zurückerobern.

Das Bundesgericht hatte die Schweiz in einem vielbeachteten Urteil bezüglich Threema, einem Messaging-Dienst und Anbieter von Internettelefonie, in die Schranken verwiesen.

Die höchsten Richter der Schweiz sahen in Threema keinen Anbieter von Fernmeldediensten, abgekürzt FDA.

Damit hatte die kleine Firma aber auch keine Mitwirkungspflichten bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs ihrer Nutzer.

Beim Schnüffeln von End-to-End verschlüsselten Instant-Messaging-Diensten braucht es aber die Hilfe der Anbieter, weil sie beispielsweise die Transportverschlüsselung aufheben müssen.

Kooperation à la Swisscom erzwingen

Threema ist eine Schweizer Konkurrenzlösung zu WhatsApp und soll nun doch bei Echtzeitüberwachungen & Co. unter die Fittiche des Staates gebracht werden.

Vor Bundesgericht war nämlich strittig, dass Threema vom Schweizer Dienst zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs als einen Anbieter von Fernmeldediensten eingestuft war, wie etwa die berühmte Anwaltskanzlei Vischer in einer Analyse schrieb.

Durch diese Einstufung von Threema hätte die kleine Firma aber genauso wie Swisscom, Sunrise, Salt & Co. mit den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden kooperieren müssen.

Anonyme Nutzung möglich

Die Bundesrichter sahen dies nicht so und liessen die Schweiz abblitzen.

Der Anbieter Threema, der sich besonders hohen Datenschutzanforderungen verpflichtet sieht und etwa auch die anonyme Nutzung ihres Dienstes ohne Verwendung einer Mobiltelefonnummer erlaubt, wurde als Anbieter von abgeleiteten Kommunikationsdiensten (AAKD) eingestuft, die viel geringere Mitwirkungspflichten hatten.

Dies hatte vor dem Bundesgericht schon das Bundesverwaltungsgericht so gesehen.

Doch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wollte dies nicht akzeptieren und beschwerte sich beim Bundesgericht.

Schlupflöcher felsenfest schliessen

Da dieser Weg nun versperrt ist, kommt für den Rechtsstaat nur eine Änderung des Rechts infrage. Daher gab das EJPD eine kompliziert klingende Vernehmlassung in die Runde, die aber nur ein Ziel verfolgt.

Threema soll damit gefügig gemacht werden. Im Klartext geht es darum, die Definition der FDA im Überwachungsrecht nicht mehr an den Begriff Fernmeldedienst des Fernmelderechts zu binden, hiess es im Vernehmlassungsbericht.

Damit nicht wieder etwas schiefgeht und eine kleine Firma, die in der Schweiz besonderen Schutz geniessen, durchschlüpfen kann, greift das EJPD zu einer List.

Neue Kategorien definieren

Es sollen für die Anbieter von abgeleiteten Kommunikationsdiensten (AAKD) neu drei Unterkategorien unterteilt werden, damit der Schnüffelstaat den Firmengrössen und somit den Kosten für die jeweiligen Anbieter gerecht wird.

Das klingt positiv, ist aber nur, weil es ein Postulat von Albert Vitali diesbezüglich gab, welcher der Bundesrat auf diese Weise dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit gerecht werden will.

Nicht selten kosten die Anbieter die Überwachungsmassnahmen des Staates zwischen 40.000 und 100.000 Franken, hiess es dort nämlich.

Die Schweiz als Überwachungsstaat
Mitwirkungspflichten von FDA und AAKD bei der Fernmeldeüberwachung. (Screenshot: muula.ch)

Da die Anpassung bei den Anbietern noch nicht reicht, wird im Rahmen dieser Revision «auf Wunsch der Strafverfolgungsbehörden drei Auskunfts- und zwei Überwachungstypen neu geschaffen», hiess es weiter verschärfend.

So wird beispielsweise eine rückwirkende Überwachung zum Zweck der Teilnehmeridentifikation bei Internetverbindungen explizit ermöglicht.

Spionagekonzept mehrfach getestet

Der Bund hat auch Experten beigezogen, die das Vorgehen technisch geprüft haben. 

«Die Begleitgruppe hat mehrmals die vorliegende Vorlage geprüft, auch unter dem Gesichtspunkt der Vollzugstauglichkeit», erklärt, dass die Überwachung so funktionieren würde.

Letztlich zeigt sich, dass bei der Definition von FDA ursprüngliche Anbieter, wie Threema, nicht berücksichtigt waren.

Um dieses Schlupfloch zu schliessen, will der Staat eine neue Definition.

Wer definiert, regiert, heisst es zu Recht doch immer so schön.

10.02.2025/kut.

Bund will weiter bei Threema schnüffeln

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