Die Einführung einer neuen Software-Version kann sich beim Bund zu einem riskanten Projekt entwickeln. Dies zeigt sich gut bei Microsoft 365.
Erst 130, dann 1800, dann 4000, dann 40.000 Nutzer.
So geht der Bund nach einer länger dauernden Testphase vor, um Microsoft 365 als neue Office-Version einzuführen.
Start im Jahr 2019
Die bereits im Jahr 2021 lancierte Software des US-Konzerns soll überall in der Bundesverwaltung zum Einsatz kommen, weil wichtige Office-Anwendungen ans Ende ihres Lebenszyklus gelangen.
Der amerikanische Hersteller unterstützt Vieles ab dem Jahr 2026 nicht mehr.
Das Projekt zur Ablösung der bestehenden Office-Lösung wurde daher bereits 2019 initialisiert.
Sonderweg der Schweiz
Der Ersatz sei aussergewöhnlich, weil die Nachfolgeprodukte nur noch mit Public-Cloud-Anbindung angeboten werden, hiess es im Februar 2023 zu dem Grossprojekt.
Staatsdiener dürfen daher keine besonders schützenswerten Daten oder vertrauliche Dokumente speichern.
E-Mails und Kalender der Bundesverwaltung verarbeitet und speichert der Bund daher selbst.
Der Bundesrat sprach für das Vorhaben einen Verpflichtungskredit von 14,9 Millionen Franken.
Reguläre Einführung startet
Nach Abschluss der Pilotphase mit zwei Ämtern folge die schrittweise Einführung von Microsoft 365 bei der gesamten Bundesverwaltung, teilte die Bundeskanzlei nun am Montag mit.
Seit Juni dieses Jahres laufe beim Bund ein Pilotbetrieb von Microsoft 365 mit den Mitarbeitenden des Bundesamtes für Informatik und Telekommunikation und des Bereichs DTI der Bundeskanzlei, hiess es.
Mittlerweile würden rund 4000 Nutzer mit der neuen Office-Version arbeiten, erklärte der Bund.
Da der Pilotbetrieb stabil laufe, starte nunmehr die reguläre Einführung. Diese werde bis voraussichtlich Ende 2025 bei den 40.000 Nutzern dauern, so Bundesbern.
Computerprogramme wandeln sich
In den letzten Monaten hätten die Projektverantwortlichen weitere Erfahrungen sammeln, Schnittstellen zu Fachanwendungen testen und Fehler beheben können.
Zudem sei die Schulung verbessert worden, hiess es zum Prozess.
Doch damit zeigt sich, dass es seit 2019 immerhin rund 5 Jahre dauert, bis beim Bund nur eine neue Software-Version als Projekt eingeführt werden kann.
Da sich die Software in so vielen Jahren sicher hunderte Male ändert, hinkt die Schweiz den Entwicklungen quasi ständig hinterher.
Computerprogramme, das merkt die Menschen an den ständigen Updates bei Smartphones, brauchen regelmässige Erneuerung, weil Hacker nicht schlafen, sondern sich die Cyberkriminalität dynamisch verhält.
Bern hat geschlafen
Doch das ist bei Microsoft nicht das einzige Risiko für die Schweiz. Faktisch ist die Bundesverwaltung nämlich vom US-Konzern voll abhängig, schätzte der Bund bereits selbstkritisch ein.
Ein Anbieter- und Produktwechsel wurde aber als zu risikoreich und zu aufwändig beurteilt, hiess es einst.
Offenbar hat da im Vorfeld bereits Bundesbern nicht aufgepasst und ist in eine Abhängigkeit eines US-Konzerns geschlittert. Soweit hätte es nie kommen dürfen.
Crypto-Affäre und explodierende Pager
Da die Amis aber ohnehin alles abhören und sämtliche Daten sammeln, könnte sich die Schweiz wahrscheinlich den ganzen Anpassungs- sowie Testaufwand sparen.
Wer amerikanische Produkte einsetzt und denen vollständig ausgeliefert ist, hat kaum Chancen, sich zu schützen.
Die Crypto-Affäre um manipulierte Chiffriergeräte und die Entwicklungen in Nahost mit explodierenden Pagern lassen da grüssen.
Eine Studie der Universität Bern kam da bereits zum Schluss, dass sich die Schweiz rasch Open-Source-Alternativen zuwenden sollte.
Es sei ratsam, Open-Source-Lösungen als eine Art «stille, souveräne Reserve» für Notfallsituationen zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen in der von unvorhersehbaren weltpolitischen Veränderungen geprägten Welt, hiess es aus der Bundeshauptstadt.
15.10.2024/kut.