Die Buchhaltung sorgt immer wieder für Überraschungen. Selbst die USA sind nicht vor Milliardenfehlern im Accounting gefeit.
Die Schweizer Börse SIX will mit ihrer Exchange Regulation SER quasi jeden noch so kleinen Fehler in der Buchhaltung kotierter Firmen auslöschen.
In jüngster Zeit häufen sich die Fälle, dass es Fehler bei Jahresrechnungen gibt.
Milliarden statt Millionen
So thematisierte das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch unlängst das Problem der kleinen Schweizer Industriefirma Tornos.
Diese hatte beim Wechsel des Rechnungslegungsstandards von IFRS zu Swiss-GAAP-FER die Rückstellungen für die Altersvorsorge nicht im Sinne der SIX aufgelöst und sich damit eine Busse eingehandelt.
Doch nun macht unter Buchhaltern ein völlig anderes Beispiel die Runde, bei dem es nicht um ein paar Milliönchen wie bei Tornos, sondern gleich um Milliarden und niemandem Geringeren als das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten von Amerika geht.
Falsche Kosten angesetzt
Das Pentagon hatte nämlich bereits einen Buchhaltungsfehler von 3 Milliarden Dollar zugegeben.
Doch diese Woche stuften die Verteidigungsbeamten das Missgeschick auf 6,2 Milliarden Dollar hoch, wie die Nachrichtenagenturen dieser Tage übereinstimmend berichteten.
Dabei geht es um die Hilfe für die Ukraine und die USA hatten Waffensysteme zur Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes zur Verfügung gestellt.
Doch statt den Buchwert der Geräte anzusetzen, gingen die Pentagon-Buchhalter hin, und nahmen die Wiederbeschaffungskosten als Wertansatz.
Zwei Jahre betroffen
Mit den aktuellen Preisen waren aber deutlich höhere Beträge für die Hilfsgelder berechnet worden.
Bei einer Prüfung stellten die Experten nun aber fest, dass die Jahresrechnungen nicht stimmten und der Ukraine-Hilfe eigentlich noch Milliarden mehr zur Verfügung stehen müssten.
Schliesslich wurden mit den «replacement cost» viel zu hohe Werte aus den Warenlagern abgezogen, so die neue Argumentation.
Es geht um 3,6 Milliarden Dollar in der diesjährigen Finanzrechnung. Auf das Jahr 2022 gingen laut einer Pentagon-Sprecherin rund 2,6 Milliarden Dollar bezüglich des Fehlers zurück.
Unklarer Sinneswandel
Auf wundersame Weise fanden die Beamten also neues Geld, um die Ukraine zu unterstützen. Ohnehin ist der gesamte Staatshaushalt, analog zur Schweiz, wie muula.ch berichtete, sehr angespannt.
Fehler in der Buchhaltung sind zwar nicht schön, doch sie passieren. Wenn sie dann noch solch positive Wirkungen wie beim Pentagon haben, dürften sie wahrscheinlich sogar willkommen sein.
Doch warum plötzlich Buchwerte und nicht die Wiederbeschaffungskosten korrekt sein sollen, sagen die Verantwortlichen nicht.
Genauso gut hätte man argumentieren können, die USA müsse die gelieferten Hilfsgüter in ihren Beständen wieder beschaffen und daher würden eben aktuelle Kaufpreise gelten.
Kontrolleure gefragt
Die US-Aufsichtsbehörde über Wirtschaftsprüfer und ordnungsgemässer Buchhaltung PCAOB, die auch in der Schweiz regelmässig Inspektionen durchführt, wird sich den Pentagon-Fall hoffentlich genauer ansehen.
Dann finden sich vielleicht genauso wie bei der Schweizer Börse SIX auch kleinste Qualitätsmängel in der Wundertüte Buchhaltung.
25.06.2023/kut.