Beim neuen Alzheimer-Medikament geht viel vergessen

Alzheimer
Bei Alzheimer lässt das Gehirn nach. (Bild: M. Hassan / pixabay)

Der US-Pharmakonzern Eli Lilly hat einen Durchbruch bei Alzheimer-Erkrankungen bekanntgegeben. Während die Pharmaindustrie jubelt, gehen kritische Stimmen fast unter.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, heisst es häufig. Bei der Krankheit Alzheimer ist Hoffnung aber schwierig zu haben.

Bisher schlug sämtliche Forschung für eine Therapie oder ein Medikament fehl, wenn im Gehirn immer mehr Nervenzellen absterben und Menschen zunehmend vergesslich, verwirrt und orientierungslos werden.

Kleine Fortschritte ganz gross

Daher schlagen Meldungen über einen möglichen Durchbruch in der Medizinforschung regelmässig hohe Wellen, wenn es irgendwo Erfolge gibt.

Gewiss, die Pharmakonzerne jubeln oftmals auch über kleine Fortschritte, aber da braucht es umso mehr eine kritische Öffentlichkeit, sich mit den Details auseinanderzusetzen.

So gab vor wenigen Tagen der US-Pharmahersteller Eli Lilly die vorläufigen Phase-III-Studienergebnisse seines Alzheimer-Antikörpers Donanemab veröffentlicht.

Positive Details vorab

Demnach verlangsamte die Therapie die klinische Verschlechterung der Erkrankung um 35 Prozent im Vergleich zur Placebogruppe.

Die Patientinnen und Patienten waren ausserdem 40 Prozent weniger beeinträchtigt, Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen.

Eine ausführliche Darstellung der Studiendaten in einem wissenschaftlichen Fachjournal mit Peer Review wird aber erst in einigen Monaten erwartet.

Vorsicht bei Lobhudelei

Wie Recherchen von muula.ch nun unter Fachexperten ergaben, ist auch der Erfolg von Eli Lilly mit gewisser Vorsicht zu geniessen.

Dennoch war der Jubel gross, denn bei Alzheimer hatte der Schweizer Pharmakonzern Roche unlängst einen Rückschlag erlitten, weil der Hoffnungsträger Gantenerumab den Nachweis einer Wirksamkeit verfehlt hatte.

«Die Ergebnisse der Pressemitteilung zu Donanemab schauen wirklich sehr gut aus. Donanemab ist nun der zweite anti-Aβ-Antikörper, der ganz klar den Gedächtnisverlust verlangsamt», hiess es etwa von Professor Christian Haass dem Sprecher des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen in München.

Er ist gleichzeitig Leiter der Abteilung für neurodegenerative Erkrankungen an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Kleingedrucktes lesen

«Es ist eine für die Betroffenen und auch für das Forschungsfeld sehr wichtige Nachricht, dass laut Pressemitteilung Donanemab als weiterer Anti-Amyloid-Antikörper nach Lecanemab Wirksamkeit in einer Phase-III-Studie gezeigt hat», hiess es auch von Professor Frank Jessen, dem Direktor Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln, sowie Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Alzheimerforschung des DZNE.

Zwei Dinge dürfen bei solchen Angaben gegenüber den Medien nicht vergessen gehen, und darauf weist etwa das Sciencemediacenter SMC in Deutschland, eine gemeinnützige Stiftung zur Unterstützung von Wissenschaftsjournalismus, auch extra hin.

Geld von Pharmakonzernen

Das eine ist der Umstand, dass die ganzen Professoren durchaus rege Kontakte zur Pharmaindustrie haben.

So gibt Prof. Haass an, dass er in der Alzheimer-Forschung von Hoffmann La Roche in Basel tätig sei.

Auch Professor Jessen erhielt Honorare für Beratung und Vorträge. Die Liste reicht von AC Immune, Biogen, Eisai, Janssen und Roche. Industrieberatung und Drittmittel kamen bei ihm sogar von Eli Lilly, Novartis, Roche, MSD und Nutricia.

Daher sollten bei solchen Erfolgsmeldungen auch immer kritische Stimmen mit zu Wort kommen und dies will muula.ch hiermit tun.

Transparenz für Investoren

Es steckt nämlich auch viel Marketing in solchen Bekanntmachungen zu einem neuen Alzheimer-Medikament. Aber selbst Investoren in der Pharmabranche dürften ein Interesse an einer Versachlichung der Meldungen haben und Transparenz wollen.

Die wissenschaftliche Leiterin der Alzheimer Forschung Initiative Linda Thienpont sagte zu Donanemab von Eli Lilly nämlich, dass dies kein «Game-Changer» für die Betroffenen sei, sondern vielmehr ein nächster Schritt in die richtige Richtung.

«Es kann die Alzheimer-Krankheit weder heilen noch stoppen», kritisierte die Expertin.

Gehirnblutungen und Todesfälle

Es verlangsamt genau auch wie das bekannte Medikament Lecanemab nur den kognitiven Abbau des Gehirns. Im Vergleich zu Lecanemab mit rund 27 Prozent konnte Donanemab mit rund 36 Prozent den Prozess sogar etwas stärker verlangsamen.

«Aber dieser Effekt wurde teuer erkauft: Die Nebenwirkungen, wie Hirnschwellungen und Hirnblutungen (ARIA), waren stärker als bei Lecanemab, und es sind sogar zwei Menschen daran gestorben, möglicherweise sogar ein dritter», sagte sie.

Damit relativierte die Expertin einige Jubeltöne der Pharmaindustrie doch vergleichsweise stark.

Solche Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, um das Vergessen bei Demenz zu verlangsamen, dürfen aber nicht in Vergessenheit geraten. Es braucht eine breite Diskussion zu deren Abwägung.

Aber die Hoffnung auf Besserungen stirbt bekanntermassen zuletzt.

08.05.2023/kut.

Beim neuen Alzheimer-Medikament geht viel vergessen

One thought on “Beim neuen Alzheimer-Medikament geht viel vergessen

  • Juni 9, 2023 at 1:41 pm
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