Auf diesem Auge sind Nationalbank und Finma blind

Ein blaues Auge mit den Adern
Nationalbank und Finanzmarktaufsicht schauen bei einem Risiko weg. (Bild: agnes / pixabay)

Die Schweizerische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht sollen alle Risiken für den Finanzplatz im Blick haben. Doch es gibt einen blinden Fleck.

Mit der Notfusion der Credit Suisse (CS) mit der UBS entstand in der Schweiz nicht nur eine Monsterbank in bisher ungekannter Höhe.

Es bildete sich auch ein Klumpenrisiko, das bisher niemand auf dem Radar hat.

PwC flog hochkant raus

Die Rede ist von den Wirtschaftsprüfern am Finanzplatz Schweiz.

Die UBS schmiss nach der Fusion den Auditor der CS raus. PwC wurde bei den CS-Geschäften durch Ernst & Young ersetzt, denn diese Wirtschaftsprüfung hatte UBS bereits im Einsatz.

Von ZKB bis Nestlé

Was dabei nicht auffiel, war der Umstand, dass alle systemrelevanten Banken der Schweiz und noch viele weitere Finanzinstitute und Grosskonzerne auf die Prüfungsdienste von Ernst & Young setzen.

Es ergibt sich ein Klumpenrisiko am Finanzplatz Schweiz, wie muula.ch aufdeckte.

Die systemrelevante Raiffeisen-Gruppe, die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und Postfinance, aber auch weitere Kantonalbanken, die Schweizer Börse SIX, Zurich Insurance, Baloise-Gruppe, sowie Nestlé, Migros, Holcim oder Kühne & Nagel setzen auf denselben Prüfer.

Institute bestimmen selbst

Dann wollte das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch von der Schweizerischen Nationalbank SNB wissen, wie sie dieses Risiko einschätzt. Doch die verwies – obwohl für Finanzmarktstabilität zuständig – barsch an die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma.

Dort erfuhr muula.ch nunmehr Spannendes.

«Die Institute bestimmen selber, mit welcher Prüfgesellschaft sie zusammenarbeiten wollen», erklärte ein Finma-Sprecher auf die Anfrage zum Klumpenrisiko Ernst & Young.

Schwerwiegende Mängel nötig

Solange die Wirtschaftsprüfer ihre Tätigkeiten trotz grossem Volumen operationell bewältigen können, ist eine Mandatskumulation also offenbar kein ausreichender Grund für eine Intervention von Aufsichtsbehörden.

Eine solche wäre für die Finma wahrscheinlich nur möglich, wenn einer Prüfgesellschaft schwerwiegende Mängel nachgewiesen werden können.

Milliarden fehlen in Bilanz

Doch genau dann ist es zu spät für den Finanzplatz Schweiz, wie der Fall Wirecard in Deutschland oder die Milliardenklage gegen Ernst & Young Schweiz im Fall Zeromax eindrücklich zeigt.

Gibt es Probleme mit einer Prüfgesellschaft, könnte der Finanzmarkt Schweiz auf einen Schlag die Glaubwürdigkeit seiner Jahresabschlüsse verlieren.

Beim insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard bestätigte Ernst & Young bekanntermassen, dass es Milliarden an Geld in der Firmenbilanz gab, das gar nicht existierte.

Firmen, die noch auf diese Prüfgesellschaft setzen, müssen sich ständig die Frage gefallen lassen, ob die Bilanz wohl stimmt.

Bankrotte Prüfer?

Und wäre eine Milliardenklage gegen Ernst & Young in der Schweiz erfolgreich, stünde der Finanzplatz auch plötzlich ohne glaubwürdige Testate für seine Jahresrechnungen da.

Die Haftung von Wirtschaftsprüfern ist in der Schweiz nämlich nicht beschränkt. Der Platzhirsch Ernst & Young wäre aber auf einen Schlag weg vom Markt.

Weisser Fleck auf Risikolandkarte

Ein Konzern liess muula.ch unter Zusicherung der Vertraulichkeit in seine Risikolandkarte schauen.

Und siehe da, die Gefahr, dass alle Konkurrenten auf denselben Abschlussprüfer setzen, ist nicht einmal als Risiko aufgeführt.

Sowohl die Nationalbank als auch die Finma schauen bei diesem Thema als Regulatoren aber weg.

Die Schweiz setzt sich da ohne Not einer hohen Gefahr aus.

19.08.2024/kut.

Auf diesem Auge sind Nationalbank und Finma blind

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert