Die Schweizer Gewerkschaften haben erneut ihre Nutzlosigkeit unter Beweis gestellt. Nun rennen sie sogar ihrem wichtigsten Thema hinterher.
Es kommt nicht oft vor, dass rechte und linke Kräfte in der Schweiz an einem Strang ziehen. Derzeit, so könnte man fast meinen, sei so ein Moment.
Kein Familiennachzug
Die rechtsgerichtete Partei SVP will nämlich nur noch «gute» Migration zulassen, was heisst, Ärzte oder Firmenchefs dürften noch in die Schweiz kommen.
Um Flüchtlinge aus Afghanistan, Eritrea & Co. sollen sich aber andere Länder kümmern. Besondere Abneigungen legt die SVP auch bei der Personenfreizügigkeit, dem Familiennachzug und der EU als Ganzes an den Tag.
Lautstarker Protest
Bei den Gewerkschaften ist es derzeit ganz ähnlich, allerdings aus anderen Motiven. Sie wollen nicht, dass die Schweizer Arbeitnehmer weitere Einbussen hinnehmen müssen.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB und die Dachorganisation Travail.Suisse seien über den Verlauf der Gespräche mit der EU-Kommission sehr besorgt, teilten die Organisationen am heutigen Montag mit und machten gleichzeitig an einer Grosskundgebung in Bern ihrem Unmut lautstark Luft.
Aus dem Projekt eines «institutionellen Abkommens» mit der EU sei mittlerweile ein Liberalisierungsprogramm geworden, hiess es weiter.
Die mit den Sondierungen beauftragte Bundesverwaltung habe in den Gesprächen mit der EU einem Abbau des Lohnschutzes und des Service public zugestimmt, kritisierten die Gewerkschaftsvertreter.
Letzte Chance
Dabei ist es kein Zufall, dass die lautstarken Auftritte am heutigen Montag passieren.
Die Landesregierung wird diese oder spätestens nächste Woche darüber befinden, welchen Kurs die Schweiz mit Brüssel weiterfährt.
Dies sind für den Bundesrat die letztmöglichen Zeitpunkte, um mit der EU überhaupt noch ein Verhandlungsergebnis erzielen zu können, bevor sich alles auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt.
Bisher traten die Verhandlungspartner auf der Stelle, wie auch muula.ch berichtete.
Strommarkt und SBB
Die Gewerkschaften stören sich unter anderem daran, dass es eine vollständige Liberalisierung des Strommarktes für Kleinkunden sowie den Marktzugang von Flixtrain und anderen Anbietern im grenzüberschreitenden Personenverkehr geben soll.
Doch was soll daran so schlimm sein? Etwas Wettbewerb würde den Schweizerischen Bundesbahnen SBB guttun, da können die Arbeitnehmervertreter jeden Pendler und jede Pendlerin fragen.
Und beim Strommarkt wären viele Schweizer Kunden auch froh, ihren staatlichen Monopolanbietern in den Kantonen entrinnen zu können.
Konkurrenz belebt doch normalerweise das Geschäft.
Protektionismus pur
«Der Lohnschutz in der Schweiz ist seit längerem unter Druck», schrieben die Gewerkschaften selbst in ihrem Communiqué.
Es scheint fast lustig, dass es die Arbeitnehmervertreter auch endlich merken. Mit der Knappheit an Arbeitskräften hätten sie viel mehr bei den Arbeitgebern herausholen können. Zudem sind ihre bürokratischen und protektionistischen Massnahmen meist ohnehin nicht von dieser Welt.
Und beim wichtigsten Thema, dem Rahmenabkommen mit der EU, haben die Gewerkschaften den Zug auch verpasst und rennen nun dem Bund hinterher.
Die Administration in Bern mache, was sie wolle, lautete ein Kritikpunkt. Doch da müssen die Gewerkschaften wohl früher aufstehen oder was machen die Genossen den ganzen Tag?
Spesen sind ohnehin adäquat
«Temporärarbeit wird gefördert und Dumping zu wenig geahndet», mahnten der Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse pauschal weiter. Dies riecht aber einfach nur nach noch mehr Kontrollen, bei denen diese Organisationen gleichzeitig mehr Geld in ihre Kassen gespült bekommen.
Die Spesenregelung der Entsendeländer wollen die Gewerkschafter auch nicht für die Schweiz akzeptieren, dabei beziehen sich diese Regularien auf Schweizer Preise, wenn Arbeitnehmer hierzulande zum Arbeiten kämen.
Alles scheint also wieder einmal nur Show, ein Aufblasen, eine Inszenierung, um der EU zu zeigen, «wir» lassen uns nicht so leicht vereinnahmen. Nützen dürfte es am Ende nichts. In der Schweiz haben Arbeitnehmervertreter ohnehin kaum etwas zu sagen.
SVP wird lachen
Wenn die Rechten und die Gewerkschaften aber am gleichen Strang ziehen, kann im Land etwas nicht stimmen.
Wenn es weniger Migration gibt, steigen die Löhne in der Schweiz aufgrund der Knappheit an Arbeitskräften nämlich automatisch.
Und wenn die Firmen dann ihre Büros und Produktionsstätten hin zu den Fachkräften verlagern, hat nur die SVP ihre Ziele erreicht.
06.11.2023/kut.