AHV-/IV-Fonds schieben Milliardenmärkte beiseite

Viele Schweizerfrankennoten
Die AHV verwaltet viele Milliarden Schweizerfranken. (Bild: SNB PD)

Die Sozialwerke der Schweiz um AHV, IV und EO haben ihre Anlagestrategie geändert. Das Volk darf dabei aber nicht mitreden.

Compenswiss, der Ausgleichsfonds für die Sozialwerke AHV, IV und EO, hat im vergangenen Jahr ein positives Anlageergebnis von rund 5 Prozent erzielt.

Vergessen sind die Zeiten, als die Resultate im Jahr davor fast 13 Prozent im Minus waren und Milliarden an Verlust verzeichnet wurden.

Änderung der Philosophie

Die Nettorenditen der verschiedenen Sozialversicherungen lagen 2023 bei 4,81 Prozent für die AHV, bei 4,76 Prozent für die Invalidenversicherung und bei 4,90 Prozent für die Erwerbsersatzordnung EO.

Doch wer den Jahresbericht 2023 liest, den Compenswiss dieser Tage publizierte, sieht nicht nur, dass die IV bei der AHV mit 10,3 Milliarden Franken verschuldet ist, sondern auch eine Änderung der Kapitalanlagephilosophie.

Unabhängige Anstalt

«Compenswiss ist überzeugt, dass die Berücksichtigung des Faktors Nachhaltigkeit für die Erzielung einer marktgerechten und risikobewussten Rendite wichtig ist», steht dort geschrieben.

Als unabhängige öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes habe sie den gesetzlichen Auftrag, jederzeit über ausreichende Liquidität zu verfügen und ihre Vermögenswerte so anzulegen, dass das bestmögliche Verhältnis zwischen Sicherheit und Erzielung eines marktkonformen Ertrags gewährleistet sei, führte Compenswiss weiter aus.

Dekarbonisierung angestrebt

Wie gross die Unabhängigkeit dann tatsächlich ist, zeigt der nächste Abschnitt.

«Im Rahmen der Weiterentwicklung einer verantwortungsvollen Anlagestrategie schlug die Geschäftsleitung dem Verwaltungsrat weitere Wege zur Dekarbonisierung des Portfolios vor», hiess es dort.

«Im Mai akzeptierte dieser den Ausschluss von Unternehmen, deren Umsatz aus Kohle über einem Schwellenwert von 15 Prozent liegt und die keinen ausreichend ambitionierten Ansatz zur Dekarbonisierung verfolgen», werden einfach politische Ziele in die Kapitalanlage aufgenommen.

Ausschluss ganzer Industrien

Gleichzeitig stimmte der Verwaltungsrat auch einer aktualisierten Liste von Unternehmen zu, die normativen Ausschlussfaktoren unterliegen, führte Compenswiss weiter aus.

Ganze Industrien ignorieren die Kapitalanleger der Sozialwerke also, ohne ausschliesslich auf das bestmögliche Verhältnis zwischen Sicherheit und Erzielung eines marktkonformen Ertrages zu achten.

Warum, sagt Compenswiss nicht. Allerdings schieben die Schweizer Sozialwerke damit Milliarden von Anfang an zur Seite, in die nicht mehr investiert werden können.

Fehlallokation möglich

Die Berücksichtigung von Umweltzielen bei der Kapitalanlage ist nicht per sé gut oder schlecht, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen.

Meist kommt es auf den ausgewählten Zeitraum und die ausgewählten Investitionsobjekte an, was besser oder schlechter ist.

Der Einfluss von politischen Zielen auf Investitionsentscheide, wie etwa in den USA der Umstand, jedem Einwohner zu einem Eigenheim zu verhelfen, kann allerdings zu Blasenbildung an Börsen führen und zum Kollabieren ganzer Wirtschaftszweige, wie der jüngste Immobiliencrash verdeutlicht hat.

Grosser Gewerkschaftseinfluss

Compenswiss zählte Ende 2023 bloss rund 63 Mitarbeiter, die letztlich über rund 40 Milliarden Franken an Kapital des ganzen Schweizer Volkes entscheiden.

Im 11-köpfigen Verwaltungsrat von Compenswiss sitzen dann zwei Vertreter des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, je ein Repräsentant von Travail.Suisse und Gewerbeverband, nur drei Unabhängige, drei Experten der Finanzindustrie und ein Vertreter des Arbeitgeberverbands.

Das Volk hat bei dem Anlageentscheid nichts zu sagen. Vielleicht präferieren aber manche Bevölkerungsschichten mehr Rendite, statt ESG & Co.

Der Bundesrat hat den Verwaltungsrat aber jedenfalls entlastet und scheint damit zufrieden zu sein.

Viel Geld im Ausland

Compensuisse stellt in der Vermögensallokation mit rund 38 Prozent auf Fremdwährungen lautende Anleihen ab.

Aktien machen 26 Prozent der Investitionen aus. Der Anteil von Anleihen und anderen festverzinslichen Instrumenten in Schweizerfranken beläuft sich auf 18 Prozent. Immobilien kommen auf 15 Prozent und Edelmetalle, also Gold, auf 3 Prozent.

Die Vermögensallokation von Compenswiss zeigt, dass das endlos laufende Portfolio klar mit den Märkten schwankt. Brechen die Börsen ein, rauscht auch der Ausgleichsfonds, wie im Jahr 2022, in den Keller.

Gehen die Märkte nach oben, gibt es nur eine vergleichsweise mässige Rendite, die nun auch noch politischen Zielen gerecht werden muss.

24.06.2024/kut.

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