
Die Schweiz regt sich über die US-Strafzölle von 39 Prozent auf. Doch in Wirklichkeit zahlen Schweizer Exporteure bisher kaum etwas davon.
Die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump auf US-Importe sind viel Politik.
Will ein Land einen Ex-Präsidenten verurteilen oder möchte sich ein Land den Palästinensern nähern, gibt es gleich mal 10 oder 15 Prozent obendrauf.
Bloss 5 Prozent gezahlt
Von Ökonomie spricht da nicht viel, weil Trump aussenpolitische Ziele von den USA mit den US-Strafzöllen kombiniert.
Wie hart die Länder tatsächlich getroffen werden, zeigt die Schweiz eindrücklich.
Von den 39 Prozent an Strafzöllen, die seit August gelten, spüren Schweizer Exporteure noch nicht viel.
Doch selbst im Juli lag die durchschnittliche Zollbelastung für Schweizer Exporte auch nur bei rund 5,1 Prozent, wie die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich in ihrer neuesten Analyse am heutigen Mittwoch vorrechnete.
Produktkomposition entscheidet
Seit Frühjahr 2025 hatte Trump in mehreren Wellen die Strafzölle angehoben. So galten ab April 2025 ein Satz von 25 Prozent auf Autos und 10 Prozent Basistarife.
Ab Mai 2025 fielen auch 25 Prozent an Strafzöllen auf Autoteile an. Ab Juni 2025 erhöhten die USA ihre Importtarife für Stahl und Aluminium auf 50 Prozent.
Wer also viel Stahl, Aluminium oder Fahrzeuge liefert, wird stärker belastet.
Ein hoher Pharmaanteil dämpft dagegen die Sätze, denn Arzneimittel sind bisher von den US-Einfuhrstrafen ausgenommen.
Langsames Aufschaukeln
Entsprechend lagen die Raten ohne Gold, Energie und Wertsachen für Japan und Deutschland bei 14 und 11 Prozent, erklärte die KOF weiter.
Bei Taiwan beliefen sich die Tarifbelastungen auf 3 Prozent und Irland kam auf 2 Prozent und waren somit analog zur Schweiz kaum spürbar.
Im Durchschnitt lag der effektive Zoll für Warenimporte in die USA im Juli bei 10,9 Prozent. Im Januar 2025 seien es noch 2,6 Prozent gewesen, hiess es weiter.
Die effektive Schweizer Zollbelastung lag im Januar 2025 bei 0,6 Prozent.
Mit Einführung des 10-Prozent-Basistarifs ab April stieg der Wert laut der KOF zunächst auf 4,8 Prozent und erreichte im Juli mit der Ausweitung der Stahl- und Aluminiumzölle die genannte Rate von 5,1 Prozent.
Uhrenbranche stark getroffen
Die Gütergruppen, für die die höchsten Zollzahlungen anfielen, seien Kaffee wie Nespresso und Tee, Maschinen, Elektrotechnik, Medizintechnik und Präzisionsinstrumente sowie Uhren gewesen.
Der höchste Betrag im Juli fiel für die Uhrenexporte an, insofern ist das Jammern von Rolex, Swatch, Audemars Piguet & Co. verständlich.
Auf Schweizer Uhren entfielen im Juli 40 Prozent der gezahlten Zölle, gefolgt von Maschinen mit 16,0 Prozent sowie Medizintechnik und Präzisionsinstrumenten mit 12,5 Prozent.

Der effektive Zoll auf alle Schweizer Uhrenexporte in die USA lag im Juli bei 14 Prozent.
Armbanduhren ohne Edelmetallgehäuse wiesen im Juni eine effektive Zollrate von 17 Prozent auf. Diese war im April zunächst auf 10 Prozent gestiegen und legte aufgrund der Stahlzölle weiter zu.
Armbanduhren aus Edelmetall lagen im Juli mit einem effektiven Zollsatz von 10 Prozent deutlich tiefer.
Der Unterschied erklärt sich durch den Anteil an Edelmetallen wie Gold, die nicht im gleichen Mass vom Zoll erfasst wurden wie Stahl.
Keller-Sutter handelt kopflos
Bei Industriegütern verläuft der Rückgang der Exporte langsamer. Güter mit hohem Stahlanteil verteuerten sich logischerweise durch die Erhöhung der Stahlzölle auf 50 Prozent deutlich.
Es zeigt sich, dass ein hastiges Nachbessern eines Verhandlungsangebots durch Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter absolut unnötig war.
Eile mit bedachter Weile wäre die viel bessere Strategie für die Schweiz gewesen.
Not macht erfinderisch
Doch die Schweizer Wirtschaft hat schon ganz andere Krisen erlebt, wie die Entwicklung und die Prognose des Bruttoinlandprodukt BIP zeigen.
Gewiss, mit der Zeit fallen immer mehr Güter unter das neue Zollregime. Doch Not macht bekanntermassen auch erfinderisch.

Die KOF gibt an, dass die Firmen nunmehr ihre Herstellungsprozesse anders ausgestalten könnten, sodass keine hohen US-Strafzölle für Schweizer Importe gezahlt werden müssten.
Für die Uhrenbranche ist das allerdings aufgrund der Swissness-Gesetzgebung nur eingeschränkt möglich.
Neue Märkte erschliessen
Doch Stahl beziehungsweise Aluminium könnten die Schweizer Unternehmen in ihren Produkten auch durch andere Materialien ersetzen, die keine 50 Prozent Zusatzzölle haben.
Und selbst zu den USA gibt es noch andere Märkte auf dieser Welt – nach Asien werden in Afrika bald rund 30 bis 40 Prozent der Weltbevölkerung leben, in Nordamerika sind es derzeit nicht einmal 5 Prozent.
Und wenn sich der politische Wind dreht oder der fast 80-jährige Trump einen Schwächeanfall erleidet, ist der Zoll-Spuk möglicherweise schnell wieder vorbei.
24.09.2025/kut.