
Kinder und Jugendliche sollen unbedingt Taschengeld erhalten. Selbst der erste Finanzcrash des Lebens ist ein entscheidender Schritt zum Erwachsenwerden.
Mit Taschengeld beziehungsweise Sackgeld, wie man in der Schweiz sagt, schaffen Eltern einen ökonomischen Mikrokosmos, der es in sich hat.
Konsum, Budget und Verantwortung
Ein Rivella auf dem Schulausflug, eine spontane Glace im Freibad, etwas Schoggi nach dem Mittagessen oder ein Spielzeug im Laden – doch plötzlich ist die Geldbörse leer.
Genau solche Erfahrungen müssen Kinder machen, damit sie einen haushälterischen Umgang mit Geld erlernen.
Was nach einem harmlosen Familienbrauch der Eltern oder Grosseltern aussieht, ist in Wirklichkeit der Schritt zum Konsum, zur Budgetrestriktion und zu Verantwortung.
Wichtiges Warten auf neues Geld
Es versteht sich dabei von selbst, dass das Sackgeld nicht für notwendige Ausgaben, wie Lebensmittel, gedacht ist. Die Erwachsenen sollten dem Nachwuchs dabei das Geld stets unaufgefordert und regelmässig geben, empfehlen Fachexperten.
Die Stiftung Pro Juventute erklärt in einem Ratgeber beispielsweise, dass Kinder auch kein Geld zusätzlich erhalten sollten, wenn der Betrag einmal nicht ausreicht.
Eigene Fehler beim Geldausgeben wirkten nämlich nachhaltiger als elterliche Predigten und wer einmal zwei Wochen auf den nächsten Geldbetrag warten müsse, weil alles auf einmal ausgegeben wurde, versteht plötzlich, was «nicht genug» bedeutet.
Viel Freiheit gewähren
Die Eltern oder Grosseltern sollten mit den Kindern über die Nutzung des Geldes sprechen. Dabei sei es sinnvoll, dem Kind möglichst viel Freiheit bei der Verwendung der Beträge zu geben, raten Fachexperten.
Auch Fehlentscheide gehörten zum Lernprozess als Lektion hinzu.
Erwachsene sollten Fragen der Kinder nicht ausweichen, warum etwa grosse Schiffe aus Lego-Steinen oder Markenschuhe gleich mehrere hundert Franken kosteten. Die Ausgaben sollten in einem Haushaltsbuch als Sackgeldplaner notiert werden.
Nicht mit Angst verknüpfen
Kinderpsychologen warnen zudem, den Kindern etwa Kredit zu gewähren oder das Sackgeld als erzieherische Massnahme zu kürzen. Geld einteilen sei dabei Teil des Lernprozesses.
Als Bestrafungsprozess funktioniere Taschengeld ohnehin nicht, weil es dem Kind entweder egal ist, oder der Nachwuchs sein Verhalten nur aus Angst, aber nicht aus Einsicht ändert.
Bis zu 70 Franken im Monat
Die Schweizer Fachstellen empfehlen, ab 6 Jahren jede Woche ein Taschengeld um die 3 Franken zu geben. Bis 8 Jahre steige der Betrag auf 5 Franken pro Woche.
Ab 9 Jahren sollte der Nachwuchs alle zwei Wochen so um die 15 Franken erhalten.
Jugendliche von zwölf bis 14 Jahren sollten dann schon 50 bis 70 Franken pro Monat bekommen.
Dabei spielen aber immer das Alter und die finanzielle Situation der Familie die entscheidenden Rollen.
Schuldenfrei als Erwachsene
Wichtig sei, dass die Kinder regelmässig Bargeld mit Geldscheinen sowie Münzen bekämen und der Betrag über einen gewissen Zeitraum konstant bleibe, hiess es.
Je früher Kinder den Umgang mit Geld lernen, desto besser ist es.
Studien zeigen nämlich, dass ein früher Kontakt mit Geld das Risiko senkt, als Erwachsene hohe Schulden anzuhäufen, wie etwa die deutsche Wochenzeitung «Die Zeit» in ihrer jüngsten Ausgabe zu dem Thema berichtete.
Kostenloses Grundeinkommen?
Taschengeld ist also keine Kleinigkeit, sondern ein elementarer Baustein auf dem Lebensweg zur finanziellen Kompetenz.
Im übertragenen Sinne ist es ein kostenloses Grundeinkommen für Kinder, was die erwachsenen Schweizer aber in einer Volksabstimmung für sich selbst abgelehnt haben.
Auch das gehört offenbar als Lernprozess dazu. Im Leben bekommt man eben nichts geschenkt.
15.06.2025/kut.