Die SVP hat ein gutes Papier zur Finanzlage des Staates präsentiert. Die Schlussfolgerungen wollen der Partei aber nicht so recht gelingen.
Die grösste Schweizer Partei, die SVP, hat zur Versachlichung der Diskussion um die Staatsfinanzen ein eindrückliches Papier vorgelegt.
Das verdient Respekt, denn oftmals verlaufen Diskussionen in der Politik ohne die richtige Datengrundlage.
Verdreifachung der Ausgaben
In den vergangenen 34 Jahren haben sich die Bundesausgaben von 31,6 Milliarden Franken im Jahre 1990 auf 85,7 Milliarden Franken im Voranschlag 2024 fast verdreifacht, hiess es dort gleich zu Beginn.
In den kommenden Jahren sehe die Finanzplanung ein weiteres Ausgabenwachstum auf über 95,7 Milliarden Franken im Jahre 2028 vor, womit die Verdreifachung des Budgets von 1990 erreicht sein werde.
Staat wächst schneller
Ein Vergleich mit dem Wachstum des Bruttoinlandprodukts BIP, also der gesamten wirtschaftlichen Wertschöpfung der Schweiz, veranschaulicht im Finanzpapier die Problematik der stark steigenden Bundesausgaben.
Das BIP betrug 1990 rund 369 Milliarden Franken und lag Ende 2023 bei 796 Milliarden Franken, was einem Plus von 116 Prozent entspreche.
Während sich die Bundesausgaben seit 1990 beinahe verdreifacht haben, habe sich die Wirtschaftsleistung der Schweiz «nur» verdoppelt.
Der Staat wachse also schneller als die Wirtschaft, wobei Kantone und Gemeinden noch gar nicht berücksichtigt seien, kritisierte die SVP.
Vieles ist gebunden
Der Bund sucht daher dringend nach Mehreinnahmen. Hinzu kommt aber noch ein Problem.
Die Bundesausgaben steigen nicht nur kontinuierlich, sondern würden zusätzlich laufend unflexibler, hiess es weiter.
Rund 65 Prozent seien mittlerweile «gebundene Ausgaben», was heisst, dass sie entweder durch die Bundesverfassung, Bundesgesetze, internationales Recht oder weitere Faktoren, wie Zinszahlungen, festgeschrieben sind.
Kurzfristig besteht da also keine Möglichkeit für Einsparungen.
Steuern von morgen ausgeben
Teile des Parlaments seien bereits daran, von Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Schuldenbremse zu umgehen und somit schneller an Geld zu kommen, warnte die SVP.
Doch dies sei Geld, das vom Steuerzahler zuerst durch Zinszahlungen und später zur Abbezahlung der Schuld aufgewendet werden müsste, so die Mechanik.
Ausgaben für Bauern stagnierten
Nun kritisiert die rechte Partei der Schweiz, dass das grösste Ausgabenwachstum für die soziale Wohlfahrt verzeichnet wurde.
Auch das Gesundheitswesen sowie die Bildung und Forschung kamen dem Bund immer teurer.
Die Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung, und somit für die Versorgungssicherheit, stagnierten seit 2000, hiess es allerdings mahnend.
Diese Stagnation bedeute im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung und zu den gewachsenen Einnahmen des Bundes zudem eine Abnahme.
Noch stärker sei in den vergangenen 30 Jahren bei der Sicherheit und der Schweizer Armee gespart worden, erklärte die SVP.
BAG zurückstutzen
Die Partei präsentierte 18 Vorschläge für Einsparungen, was angesichts der dramatischen Finanzsituation durchaus zu begrüssen ist.
Vieles, was die SVP um Migration, Entwicklungshilfe & Co. vorschlägt, beruht zwar auf der Expertenkommission, welche der Bundesrat in diesem Frühjahr eingesetzt hat, und damit ohnehin zur Diskussion steht.
Die SVP will aber auch das Bundesamt für Gesundheit BAG wieder auf den Personalbestand von 2019 von vor der Coronavirus-Pandemie (von 107 auf 86 Millionen Franken) zurückführen und damit 21 Millionen Franken einsparen.
AHV-Renten kaufkraftbereinigen
Auch das Gleichstellungsbüro und das Institut für Rechtsvergleichung könnten weg, was wiederum Millionen sparen würde.
Eine Plafonierung der Personalkosten des Bundes bei 6 Milliarden Franken solle ebenfalls her.
Die AHV-Renten sollten zudem nur kaufkraftbereinigt ins Ausland gezahlt werden.
Und auch das Büro für Konsumentenfragen könnte ersatzlos verschwinden, so die SVP in ihren Anträgen.
Pauschales Sparen bringt wenig
Fast schade ist an dem guten Papier, dass viele Forderungen so pauschal kaum Sinn ergeben, und es auch nicht auf die Sparmöglichkeiten in der Landwirtschaft oder bei der Verteidigung eingeht.
Wenn der Staat im Zeitalter von Cyberkriminalität etwa IT-Spezialisten braucht, nützt es nichts, die Ausgaben für das Bundespersonal einfach zu deckeln.
Viele Einrichtungen, welche die SVP auflösen will, sind aber auch im Konsens mit anderen Parteien entstanden. So müssten sie auch gemeinsam wieder abgeschafft werden.
Personalaufbau beim Zoll
Das Personal wird beispielsweise auch beim Zoll aufgebaut, weil dort mit der Absenkung der Zollfreigrenze ab Januar 2025 gigantischer Arbeitsaufwand zum Schutze der Schweizer Detailhändler anfällt. Dies hat die SVP auch mitgetragen.
Und nur, weil die Schweiz bei den Bauern und der Armee in der Vergangenheit nicht so viel ausgegeben hat, wie für den Wohlfahrtsstaat, heisst dies noch lange nicht, dass das Land in diesen Bereichen nicht auch sparen könnte.
Ein Tweet entlarvt Nutzloses
Wie nutzlos so manche Anschaffung bei der Armee ist, zeigte unlängst ein einziger Tweet. Die Schweiz bestellte nämlich für viele Milliarden die Kampfflugzeuge des Typs F-35A.
Doch Elon Musk bezeichnete die Flieger als völlig veraltet und klassifizierte die Anschaffung als Blödsinn, weil künftig Drohnen solche Verteidigungsaufgaben ohne Personal übernehmen würden.
Insofern könnte die SVP doch noch einmal über die Bücher gehen und auch bei ihrer Klientel neue Möglichkeiten für Einsparungen finden.
11.12.2024/kut.