Schweiz will Ordnung in ihr China-Chaos bringen

Chinesische Laternen an einem Gerüst
Die Beziehungen der Schweiz zu China sind vielfältig. (Bild: B. Abbas / unsplash)

Bund, Kantone, Städte, Hochschulen, Firmen und Verbände unterhalten Beziehungen zu China. Die Schweiz strukturiert dieses Chaos nun.

Wer einmal eine Reise tut, der kann viel erzählen, heisst es.

Genauso verhält es sich mit den vielen Schweizern, die nach China fahren.

Dutzende Schnittstellen

Doch wenn alle sieben Departemente des Bundes im Rahmen ihrer Zuständigkeiten mit China in Kontakt stehen und auch noch die Kantone, Städte, Hochschulen, Unternehmen, Verbände und Thinktanks teils intensive Beziehungen zu Partnern in China unterhalten, gibt es eine Kakophonie.

Die Schweizer Botschaft in China zählte laut einem neuen Papier des Bundesrates bei ihrer jüngsten Erhebung rund zwanzig Dialoge zwischen der Schweiz und China.

Diese deckten praktisch alle Fragen in den Bereichen Politik und Diplomatie, Wirtschaft und Finanzen, Recht, wissenschaftliche Zusammenarbeit und Austausch in unterschiedlichen Sektoren ab, hiess es als Antwort auf eine Motion der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates weiter.

Von Pro Helvetia bis Schweiz Tourismus

Dazu kommen aber noch die Aktivitäten der Schweizer Vertretungen in China, also der Botschaft in Peking selbst und der Generalkonsulate in Schanghai, Guangzhou und Hongkong.

Doch auch die Niederlassungen von Swissnex oder Pro Helvetia und von Schweiz Tourismus sowie der Swiss Business Hubs in Peking, Schanghai sowie in Hongkong pflegen Kontakte mit chinesischen Akteuren.

Neben Wirtschaftskontakten ergeben auch vielfältige Kooperationen von Schweizer Kantonen und Städten mit chinesischen Provinzen sowie Städten vielfältige Stimmen, die nicht immer zusammenpassen.

Frage um Taiwan schwierig

Dies ist für die Schweiz gerade bei China ein grosses Problem – die eine Schweizer Behörde sagt da eventuell etwas zu, was die andere auf gar keinen Fall haben will.

Hinzu kommt die Sondersituation um Taiwan, die immer wieder für Herausforderungen mit dem Reich der Mitte sorgt.

Die Schweiz erklärte unlängst das Spagat ihrer bilateralen Beziehungen zum liberalen Chinesisch Taipei, wie muula.ch berichtete.

Arbeitskreis installiert

Die Bundesverwaltung hat daher Konsultationsmechanismen und -plattformen geschaffen, um die verschiedenen Akteure zumindest über laufende offizielle Kontakte zu informieren und Daten über bestehende Kontakte sowie Initiativen einzuholen.

Mit der China-Strategie wurde aber auch ein Koordinationsausschuss geschaffen, der interdepartementale Arbeitsgruppe (IDAG) zu China heisst und sich mindestens dreimal pro Jahr trifft.

Dies dient also dem Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen allen mit China befassten Bundesstellen und der Suche nach koordinierten Positionen.

Kniff mit Untergruppe

Die IDAG China hat seit ihrer Gründung drei Sitzungen pro Jahr abgehalten und ist bisher neunmal zusammengekommen; das jüngste Mal am 17. Februar 2024, wie der Bundesrat etwas versteckt über einen «Publikationshinweis» nunmehr mitteilte.

Die Landesregierung zeigte sich mit alldem sehr zufrieden.

Als der Bundesrat wiederholt Informationen über die sicherheitspolitischen Entwicklungen im Zusammenhang mit Taiwan wünschte, wurde sogar eine Untergruppe der IDAG China geschaffen, um diesen spezifischen Aspekt besser koordinieren zu können.

So bekam sie den Auftrag, die sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen einer möglichen Eskalation in der Region Taiwan auf die Schweiz zu antizipieren und die Bedürfnisse der Bundesverwaltung zu ermitteln.

Die Schweiz kann damit sagen, dass sie keinen Sonderweg bezüglich Taiwan fährt. Es ist ja bloss eine Untergruppe, liebe Festlandchinesen.

Treffen über Treffen

Ein weiteres wichtiges Instrument des Aussendepartements EDA ist die Zusammenarbeit mit den Kantonsbehörden. Einmal pro Jahr findet auch hierbei ein formelles Treffen statt.

Zu den Konsultationsmechanismen des EDA gehört des Weiteren der regelmässige Austausch mit der Zivilgesellschaft und den Nichtregierungsorganisationen.

Es ist quasi eine Endlosschlaufe an Treffen.

Von Seco bis Uno

Im Bereich Bildung, Forschung und Innovation (BFI) tauscht sich das Wirtschaftsdepartement WBF allerdings auch regelmässig mit verschiedenen Akteuren aus, wie etwa dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF), Swissuniversities, Innosuisse oder mit der Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung (EHB).

Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco führt im Rahmen der gemischten Wirtschaftskommission Schweiz–China (GWK) seit mehr als vierzig Jahren allerdings auch noch einen institutionalisierten Dialog über Wirtschafts- und Handelsfragen mit dem chinesischen Handelsministerium (MOFCOM).

Darüber hinaus tauschen sich die Schweiz und China auch auf multilateraler Ebene und im Rahmen der Uno aus.

Chaos wird wohl bleiben

Wer also einmal eine Reise tut, hat viel zu erzählen.

Und all diese Erfahrungen gilt es bei der Vielfalt an Kontakten der Schweiz zu China besser zu koordinieren.

Doch das Chaos wird dabei wohl erhalten bleiben, auch wenn es die offizielle Schweiz nicht so sieht.

16.08.2024/kut.

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