Die Schweiz ist im Fussballfieber und spielt noch erfolgreich dazu. Doch etwas läuft im Fussballland dennoch gar nicht so gut.
Die Schweiz hat am Samstagabend überraschend den amtierenden Fussball-Europameister Italien aus der EM2024 gekickt.
Beide Länder waren umgehend im Taumel – das eine wegen Freude und das andere wegen der Schmach.
Italien machte Anfang
Demütigung ist wohl auch das richtige Wort, wenn es um den europäischen Fussballverband Uefa geht, einem gemeinnützigen Verein nach Schweizer Recht mit Sitz in Nyon VD.
Er beendete nach Jahrzehnten eine etablierte Kooperation mit der italienischen Firma Panini, die eine Sammelleidenschaft um Fussball entwickelt hat.
Wer kennt sie nicht, die Sticker um Fussballstars, die Kinder und so mancher Erwachsene freudig in ihre Alben stecken?
Das erste Panini-Sammelalbum wurde 1961 herausgegeben und hatte italienische Fussballmannschaften sowie Kickerstars zum Inhalt.
Gigantischen Markt kreiert
Erstmals 1970 kam der Sammelspass auch auf internationaler Ebene bei der Fussballweltmeisterschaft in Mexiko zum Einsatz.
Laut dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» wurden zur WM 2006 in Deutschland allein im Inland rund 800 Millionen solcher Fussballaufkleber verkauft.
Es ist also ein gigantischer Markt aus dem Nichts entstanden. Tauschbörsen und Versteigerungen lassen dann auch noch grüssen.
Von Panini zur Firma Topps
Die Uefa vergab die exklusive Lizenz allerdings, nachdem sie im Jahr 2022 für Panini ausgelaufen ist, an die US-Firma Topps für die EM2024 und die EM2028. Der seit 1980 bestehende Exklusivvertrag mit Panini kam daher zu einem vorläufigen Ende.
Genau dieser Fehlentscheid könnte sogar das Aus für die ganze Sammelfreude bedeuten, warnen derzeit vielerorts die Fans.
Hintergrund ist, dass der New Yorker Süsswaren- und Merchandisingkonzern Topps viele Bilderrechte nicht besitzt und auch beim Druck des Sammelalbums so manche Merkwürdigkeit gemacht hat.
Streit um Markenrechte
So sind bei einigen Spielern nur die Köpfe abgebildet, statt der ganzen Oberkörper mit Trikot. Auch sind Mannschaften aufgeführt, welche die Qualifikation gar nicht geschafft haben.
1994 hatte Topps bereits Panini die Sammelbild-Rechte für die englische Premier-League abgeluchst und Panini vollkommen vom englischen Fussballmarkt verdrängt.
Immer wieder gab es dann lange Rechtsstreite um Lizenzen und Bilderrechte.
Im Jahr 2003 musste Panini sogar ein ganzes Album vom Markt nehmen.
Nur Köpfe abgebildet
Im Jahr 2022 verkündete die Firma Topps freudig, Panini auch bei der Uefa abgelöst zu haben. Der Frust bei Sammlern ist nun genau darüber aber gross, denn seltene Sticker treiben in amerikanischer Manier die Kosten der Sammelleidenschaft in die Höhe.
Zudem fehlen Fussballstars, wie Kylian Mbappé oder Manuel Neuer, aufgrund lizenzrechtlicher Schwierigkeiten.
Beim deutschen Team kommen aber plötzlich Urgesteine, wie Oliver Kahn und Lothar Matthäus, vor. Von manchen Spielern gibt es obendrein bloss die Köpfe zu sehen, weil die Amerikaner keine Lizenz des DFB-Logos haben und damit das Trikot nicht abbilden können.
Bei anderen Vereinen gibt es statt des Wappens nur eine Landesfahne. Die Firma sprach gegenüber Medien dennoch von attraktiven Sammelmotiven aus alten und neuen Fussballthemen.
Veraltete Situationen abgebildet
Im Sammelheft gibt es aber auch neun Teams, die sich, wie Luxemburg, Israel und Griechenland, letztlich gar nicht für die EM2024 qualifiziert haben. Der Produktionsprozess brauchte aber lange Vorlaufzeit, und da standen die Teilnehmer in den Play-offs noch nicht einmal fest.
Und letzte Transfers von Fussballspielern sind ebenfalls nicht berücksichtigt.
Künftig als NFT auf Blockchains
Da half es offenbar auch nicht, ein paar der Bildchen an den Bahnhöfen in Zürich, Basel oder Luzern kostenlos zu verteilen und damit die Sammelleidenschaft und das kostspielige Nachkaufen fehlender Aufkleber anzufüttern.
Künftig dürften die Bilder ohnehin in einer App oder auf den Blockchains verwaltet werden, weil das jüngere Publikum ihre Sammelleidenschaften eher um Non-Fungible-Token NFT in der digitalen Welt ausleben.
Die Uefa hat sich mit dem Wechsel von Panini auf Topps wohl nur wenig Freunde gemacht.
Dies lässt die Freude zum Sieg der Schweiz über Italien aber nicht kleiner werden.
30.06.2024/kut.