Die SBB haben eine Medienmitteilung und einen Geschäftsbericht zu RailAway publiziert. Informiert wird das Volk damit aber nicht wirklich.
Manchmal fragt man sich, wo das mit all den Schweizer Staatskonzernen noch hinführen soll.
Sie wollen immer in schönem Licht erscheinen und informieren dabei die Öffentlichkeit doch unzureichend.
Ein ziemlich krasser Fall sind die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die etwa zu ihrer Tochtergesellschaft RailAway den «Geschäftsbericht 2022» publizierten.
Sinnloses Durcheinander
Dass eigens eine Webseite eingerichtet wird, um den Report fast bis zur Unkenntlichkeit und Unverständlichkeit zu zerstückeln, ist da noch gar nicht mal so wild.
Das machen mittlerweile viele Firmen.
Doch bei den SBB werden dabei völlig unstrukturiert irgendwelche Kennzahlen hervorgehoben und mit viel Text sowie unzähligen Bildern versehen, die überhaupt kein vollständiges Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft abgeben.
Von dem Download einer gesamten pdf-Version, bei dem Leser unwichtige Angaben überspringen können, fehlt jede Spur.
Nationale Werbeplattform
Doch das ist nicht das einzige Problem.
RailAway will die Menschen mit Freizeitideen inspirieren und dadurch die Nutzung des öffentlichen Verkehrs fördern. Da gibt es etwa Angebote mit dem Zug ins Verkehrshaus in Luzern oder ins Museum Paul Klee nach Bern. RailAway habe ein Netz von nationalen Vertriebs- und Werbeplattformen, wie es im Porträt über die Firma selbst heisst.
«2022 war ein erfolgreiches Jahr für den Freizeitmarkt», schrieben die SBB zu RailAway im abgelaufenen Geschäftsjahr fröhlich.
Die SBB-Tochtergesellschaft habe den Mehrumsatz für den öffentlichen Verkehr von 11 Millionen Franken im Jahr 2021 auf 18,3 Millionen Franken im Jahr 2022, hiess es in einer zusätzlich versandten Medienmitteilung.
Vergleiche fehlen
Trotz dieser positiven Entwicklung lägen die Zahlen aber noch immer deutlich unter denen von 2019, dem letzten «Normaljahr» vor der Pandemie, führten die SBB zwar weiter aus.
Was der Staatsbetrieb dann aber nicht angibt, ist, dass im Jahr 2019 der erzielte ÖV-Umsatz bei 121 Millionen Franken lag.
Selbst im Jahr 2015 betrug der Wert noch bei 88 Millionen Franken.
2022 war also kein erfolgreiches Jahr, sondern grottenschlecht gewesen, denn die Menschen wollen nach der Coronavirus-Pandemie eigentlich wieder reisen, aber RailAway ist eben nicht dabei.
Fast von selbst versteht sich, dass die Zahl der Mitarbeiter über die Zeit bei knapp über 60 konstant geblieben ist.
Wichtige Kennzahl fehlt
Weitere Details zu RailAway könne man für das vergangene Jahr aber im «Geschäftsbericht 2022» lesen, hiess es.
Doch der Link führte auf bereits beschrieben Zerstückel-Webseite mit vielen bunten Bildern.
Wer etwa das Jahresergebnis sucht, also eine essenzielle Kennzahl eines Geschäftsberichtes, wird dabei nicht fündig.
Vielmehr geben die SBB bloss das Betriebsergebnis von zirka 100.000 Franken als einziges Gewinnresultat an, was Leser aber ratlos zurücklassen dürfte.
Kein pdf-File zur Orientierung
Die Medienstelle war dann auch fast einen halben Tag lang damit beschäftigt, auf Anfrage von muula.ch das Nettoergebnis zu suchen, der dann fast genau beim Betriebsgewinn von rund 100.000 Franken lag.
Warum es da offenbar keinen Finanzaufwand und Steuerzahlungen gab, erfahren Interessierte nicht.
Den ebenfalls gewünschten Geschäftsbericht als pdf-File gab es aber auch auf mehrfache Nachfrage nicht.
Staatsunternehmen ohne jegliche Publikationsvorschriften können offenbar machen, was sie wollen.
Stumme Hotline
In der Vergangenheit, so muss man die sinkende Transparenz bei den SBB allerdings bemängeln, publizierten die SBB sogar die gesamte Erfolgsrechnung für RailAway und auch die Bilanz war direkt angegeben.
Wer ein bisschen im Internet sucht, wird erstaunt sein, wie transparent das früher war.
Warum das nun nicht mehr so ist, konnte die SBB-Medienhotline allerdings nicht erklären.
2019 hatte das Betriebsergebnis auf Stufe Ebit noch bei über 408.000 Franken gelegen und der Gewinn bei 372.300 Franken.
Es war alles also viermal besser als 2022. Doch so etwas müssen sich Interessierte alles selbst zusammensuchen.
Mehrjahresvergleiche, wie etwa noch im RailAway-Geschäftsbericht 2015, gibt es ebenfalls keine mehr.
Viele schöne Pöstchen
Doch was ist RailAway für eine Firma eigentlich? Genau, sie vermarktet Tickets von den SBB zusammen mit Freizeitaktivitäten.
Die Gesellschaft gehört ohnehin zu 86 Prozent den SBB und wird somit im Konzernabschluss vollkonsolidiert. Das heisst, bis auf 14 Prozent landet letztlich sowieso alles im Jahresabschluss der Staatsbahn.
Warum braucht es so einen Mega-Aufwand für einen separaten Abschluss?
Klar, ein Verwaltungsrat gibt schöne Pöstchen. In dem 7-köpfigen Aufsichtsgremium sitzen schliesslich auch fünf SBB-Funktionäre.
Vielleicht ist das ja der Hauptgrund.
Viele Mini-Anteile
Neben dem ganzen Aufwand mit der separaten Webseite und dem zusätzlichen Jahresabschluss muss zudem noch das Testat eines Wirtschaftsprüfers her.
Das ist alles schon enorm, weil eigentlich könnte die Vermarktung solcher Kombi-Angebote auch direkt bei sich selbst vornehmen, ohne eine separate Rechtseinheit zu haben.
Mit den Minderheitsaktionären der Rhätischen Bahn (4,5 Prozent), BLS (3,0 Prozent), der Matterhorn Gotthard Bahn (3,0 Prozent), der Montreux Berner Oberland Bahn (1,5 Prozent), der Jungfraubahn Holding (0,5 Prozent), der Schweizerische Südostbahn (0,5 Prozent), der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (0,5 Prozent) und der Società per le Ferrovie Autolinee Regionali Ticines (0,5 Prozent) könnte man sicher einigen.
Denn diese Kleinaktionäre haben in ihren Jahresrechnungen auch viel Aufwand – ein 0,5 Prozent-Anteil gibt nicht mal 5000 Franken an anteiligem Gewinn.
Aber vielleicht wären die SBB für sie dann noch viel intransparenter.
04.07.2023/kut.