Vom Meeresgrund auf den Laufsteg der Haute Couture

Rochen im Meer
Fische, wie Rochen, werden auch wegen des Leders sehr geschätzt. (Bild: F. Jorge / unsplash)

Das edle Material Galuchat erfreute Japaner, die französische Aristokratie und Schweizer. Nun erlebt es eine Renaissance.

Viele Menschen dürften von dem Material noch nie gehört haben – es heisst Galuchat. In den Tiefen der Ozeane verbirgt sich nämlich ein exotisches Juwel, das einst das Handwerk der Lederherstellung prägte. Es ist die Rochenhaut.

Glätte und Rauheit

Ursprünglich für die einzigartige Textur und Haltbarkeit geschätzt, ist dieses Material aber fast in Vergessenheit geraten. Es wurde von kühnen Designern wiederentdeckt und auf die Laufstege der Haute Couture gebracht.

Rochenhaut ist ein Fischleder, das aus der Haut verschiedener Rochenarten gewonnen wird. Dieses aussergewöhnliche Material zeichnet sich durch eine faszinierende Mischung aus Glätte und Rauheit aus, begleitet von einer charakteristischen Oberfläche, die an Glasperlen erinnert.

Durch sorgfältige Präparation und geschickte Bearbeitung entfaltet die Rochenhaut ihre einzigartige Textur, die sie zu einem begehrten Luxusgut macht.

Schmuck im Kunsthandwerk

Die Gewinnung von Rochenhaut ist ein traditionelles Handwerk, das fast verloren ging. Mittlerweile fertigen aber wieder einige Manufakturen edle Accessoires um Uhrenarmbänder, Geldbörsen, Armreifen, Gürtel oder Taschen und selbst Lampenschirme mit Galuchat.

Bei Schuhen kommen die wasserabweisende Eigenschaft sowie die weiche Elastizität voll zum Tragen.

Zur Verzierung von Schmuck im Kunsthandwerk oder als Design wird es gerade vielerorts wiederentdeckt. Eine einfache Suche im Internet bringt selbst zahlreiche Shops mit Galuchat in der Schweiz beziehungsweise den Verkauf von Galuchat-Produkten auf Ricardo.ch hervor. Ein Fischgeruch haftet dem Leder ja nicht an.

Perlmuttartige Kuppen

Laut dem Schweizer Materialarchiv handelt es sich dabei um ein sehr teures Fischleder, das ausgehend von Frankreich im 18. Jahrhundert eine Modewelle auslöste. Es stammt von Stachel- oder Perlrochen, wobei nur das grobkörnige Leder als echtes Galuchat angesehen wird.

Die obere Hautschicht des Rochens besteht aus perlmuttartigen Kuppen von Horn, die an Glasperlen erinnern und stark glänzen.

Rochenleder im Bereich des Stachels
Rochenleder hat eine typische helle Stelle. (Bild: Lederzentrum)

In der Mitte des Leders gibt es meist eine charakteristische helle Stelle, die durch das Wegschleifen der grössten Perlenkuppen beziehungsweise des Stachels entsteht, wie das Lederzentrum in Deutschland zu dem Fischleder erklärt.

Das Rochenleder lässt sich sehr schwer schneiden. Dazu braucht es Spezialwerkzeuge und viel Geschick.

Zunächst wird die Haut des Fisches abgezogen, gewaschen und entwässert. Je nach Verwendungsart folgen weitere Verarbeitungsschritte nach dem Abstrahlen der Aussenhaut und dem Abschaben der Innenseite, bevor es gegerbt wird. 

Von Japan zur Art déco

Die ersten Zeugen der Verwendung von Galuchat geht eigentlich schon auf das 8. Jahrhundert in Japan zurück, wo es wegen der elastischen Beschaffenheit geschätzt wurde. Hüllen und Handgriffe von Samurai-Schwertern fertigten die Japaner aus dem edlen Material.

Im 18. Jahrhundert gelangte es nach Frankreich und wurde vom Hofmeister von König Ludwig XV., Jean-Claude Galluchat, vielfach verwendet. Daher stammt auch der Name.

In Frankreich wurde das Rochenleder zu einer Lebensart der Aristokratie. Der Künstler und Illustrator Paul Iribe stellte 1912 die erste Kommode aus Galuchat her.

Im Art déco erlangte das Material seinen Aufschwung und es wurden Schatullen sowie Miniaturen mit getöntem oder naturbelassenen Galuchat verziert.

Einfuhr erlaubt

Die Wiederauferstehung der Rochenhaut in der Modewelt wirft jedoch auch Fragen auf. Wie können Menschen dieses einzigartige Material weiterhin einsetzen, ohne gefährdete Tierarten zu bedrohen?

In der Schweiz ist die Einfuhr von Rochenleder laut dem WWF nicht beschränkt, weil es praktisch nicht aus bedrohten Tieren gefertigt wird, sondern von Abfällen der asiatischen Fischindustrie stammt.

Zeitlose Eleganz

In einer Welt, in der Nachhaltigkeit und Luxus mittlerweile Hand in Hand gehen, könnte die Rochenhaut eine Schlüsselrolle in der Modebranche spielen.

Ihr fast vergessenes Handwerk wird derzeit nicht nur wiederbelebt, sondern könnte auch einen Weg in eine Zukunft weisen, in der die Schönheit der Natur und die Kreativität des Menschen harmonisch mit zeitloser Eleganz verschmelzen.

17.12.2023/kut.

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