Umgeht die Schweiz bei Panzern ihr Kriegsmaterialgesetz?

Ein Panzer der Schweizer Armee
Die Schweiz wird ihr Panzer-Problem nicht los. (Bild: VBS PD)

Die Schweiz will sich rasch ihres lästigen Problems um 96 Leopard-1-Panzer entledigen. Nun tauchen neue Ungereimtheiten bei dem dubiosen Deal auf.

Die Schweiz macht Verrenkungen um ihr eigenes Kriegsmaterialgesetz.

Dieser Eindruck entstand am Mittwoch, als der Bundesrat über einen neuen Verkaufsdeal mit Deutschland zu 96 Leopard-1-Panzern und Ersatzteilen informierte.

Strittige Eigentumsverhältnisse

Die RUAG MRO sei im Besitz von 96 Kampfpanzern des Typs Leopard 1 A5 und diversem Zubehör, die sie im Jahre 2016 vom italienischen Verteidigungsministerium gekauft habe, teilte die Berner Administration zu den Hintergründen mit.

Die Kampfpanzer sowie das Zubehör befänden sich in Italien und somit nicht auf Schweizer Territorium.

Bei 25 dieser Panzer seien die Eigentumsverhältnisse allerdings noch strittig, hiess es weiter. Damit wird der feine Unterschied zwischen Besitz und Eigentum klar.

Neues Gesuch beim Seco

Der Bundesrat hatte den Verkauf genau dieser Kampfpanzer nach Deutschland am 28. Juni 2023 abgelehnt, weil die Deutschen die Panzer an die im Krieg stehende Ukraine weiterverkaufen wollten.

Dies stünde im Widerspruch zum Kriegsmaterialgesetz und würde eine Anpassung der Neutralitätspolitik nach sich ziehen, hatte die Schweizer Regierung damals argumentiert.

Nun habe die RUAG MRO aber beim Staatssekretariat für Wirtschaft SECO ein Gesuch für den Handel mit diesen Kampfpanzern eingereicht, hiess es überraschend im Communiqué.

Kaufoption zusätzlich vereinbart

Der geplante Verkauf erfolge an ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland – eine Weitergabe an die Ukraine sei aber vertraglich ausgeschlossen worden.

Für 25 dieser Panzer bestünde sogar eine Kaufoption, die greife, sobald die Eigentumsverhältnisse geklärt seien, erklärte der Bund.

Damit würde sich die Schweiz quasi vollständig ihres Panzer-Problems entledigen, das schon viele rote Köpfe vorgebracht hat.

Ein Kadermitarbeiter der Ruag hatte einen privaten Handel um dieses Kriegsgerät aufgebaut und den Ruag-Oberen war dies und zahlreiche Delikte nicht einmal aufgefallen.

Die Folge waren Rücktritte über Rücktritte, wie muula.ch berichtete.

Unklare Bewilligungspflicht

Doch nun muss man das Communiqué genau lesen, um den feinen Unterschied der neuen Situation zu merken.

Das Wirtschaftsdepartement unter SVP-Bundesrat Guy Parmelin habe den Bundesrat informiert, dass die RUAG MRO für den geplanten Verkauf ihrer in Italien stationierten Panzer an ein deutsches Unternehmen gar keiner Bewilligungspflicht unterstünde, hiess es.

Deutschland sei in der Kriegsmaterialverordnung (KMV) aufgeführt und das eigentliche Geschäft, also die Vermittlung von Kriegsmaterial, sei gar nicht bewilligungspflichtig.

Das wäre aber auch beim ersten Verkaufsversuch so gewesen.

Anderer Rechtsträger involviert

Mit der Zusicherung der Vertragsparteien, dass weder die Panzer noch deren Bestandteile oder Zubehör an die Ukraine weitergegeben werden dürfen, stünde der geplante Verkauf auch nicht im Widerspruch zum Rüstungsembargo der Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine, hiess es lediglich.

Das SECO werde das Gesuch der RUAG MRO daher durchwinken.

Der Kniff dabei ist, dass der Bundesrat im Jahr 2023 ein Gesuch der Ruag AG für den Handel mit den 96 Panzern abgelehnt hatte.

Nun steht im Communiqué, dass die Ruag MRO, also ein anderer Rechtsträger, das Gesuch stellte.

Gigantischer Verlust erwartet

Wie die Panzer und Ersatzteile plötzlich das Eigentum einer anderen Firma geworden sind, muss dabei allerdings auch noch geklärt werden.

Falls sie intern verkauft wurden, wäre der Preis interessant, denn die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK erwartet bei diesem Geschäft für die Schweiz schon einen Verlust für die Schweiz in zweistelliger Millionenhöhe.

Das Beste für die Schweiz wäre wohl, die Panzer zu verschrotten. Doch dies würde nochmals Geld kosten. So ehrbar ist die Schweiz dann doch nicht.

Kniff zur Umgehung?

Bei dem neuen Verkaufsversuch der Schweiz an Deutschland umging der Bund aber womöglich sein eigenes Kriegsmaterialgesetz, wie Experten gegenüber muula.ch bestätigten.

Die Erteilung von Bewilligungen sei ausgeschlossen, wenn Zwangsmassnahmen nach dem Embargogesetz vom 22. März 2002 erlassen worden sind, heisst es wörtlich im Gesetz.

Der Bundesrat hatte aber genau für dieselben Panzer das Embargogesetz angewendet. Mit einem neuen Antrag eines anderen Rechtsträgers soll dieser Passus offenbar umgangen werden.

Schweizer Eigentümer gewechselt

Laut dem Schweizer Handelsregister sind beide Firmen, also sowohl die Ruag AG, die den ersten Verkaufsantrag gestellt hatte, als auch die Ruag MRO Holding AG, die nun den Panzer-Verkauf bewilligt haben will, am selben Tag im Oktober 2019 mit gleichen Geschäftszwecken gegründet worden.

Doch wer ist nun genau der Eigentümer der 96 italienischen Panzer und könnte damit eine Bewilligung zum Verkauf beantragen? Es ist unklar.

Selbst die Erklärung des Bundesrats, die Ruag MRO habe das Kriegsgerät im Jahr 2016 gekauft, stimmt nicht, denn da existierte die Firma noch gar nicht.

Der unendliche Panzer-Verkaufs-Thriller der Schweiz ist damit um eine Episode reicher. Und das Schlimmste ist, dass die Schweizer Behörden dabei sogar die Hauptrolle spielen.

29.05.2025/kut.

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