Der Swisscom-Konzern will nicht nur mit einer Milliardenakquisition in Italien wachsen. Neue Aktivitäten umfassen Mode und Versicherungen.
Beobachter des Swisscom-Konzerns schütteln vielerorts ihre Köpfe.
Der in Staatshand befindliche Telekomkonzern will nicht nur für Milliarden eine riskante Expansion um Vodafone in Italien vorantreiben, sondern das Wachstum auch aus ganz anderen Bereichen stemmen.
CEO im Ex-Pornokino
Um jüngere Leute anzusprechen, lancierte Swisscom das Modelabel «079», wie «Das Magazin» unlängst berichtete.
Statt mit Hinweisen auf ein Glasfasernetz will der Staatsbetrieb eben cooler herüberkommen.
Der Auftakt wurde im ehemaligen Zürcher Pornokino Roland gefeiert, bei dem sogar Swisscom-CEO Christoph Aeschlimann auf der Tanzfläche gesichtet worden sei.
Abseits der Kernaktivitäten
Swisscom will nicht nur in Zürich, Basel oder Bern die jungen Menschen mit der Marke «079» erreichen. Auch in Berlin und Paris weibelt der Telekomkonzern für sein neues Modelabel.
Selbst die Haute Couture solle darauf anspringen, hiess es.
Was dies abseits aller Kernaktivitäten des Telekommunikationsunternehmens soll, bleibt aber völlig unklar.
Einstreichen von Provisionen
Doch das ist noch nicht genug. Am heutigen Mittwoch gab der Konzern bekannt, in den Versicherungsbereich stärker zu expandieren.
So will sich Swisscom – wie man es vielleicht noch verstehen würde – nicht mehr nur Versicherungen für elektronische Geräte oder Cybersicherheit anbieten, sondern auch die breite Palette um Haftpflicht- und Haushaltspolicen offerieren.
Kautionsversicherungen beim Mieten will der Swisscom-Konzern auch noch vertreiben.
Der Telekomkonzern wird dabei zwar nicht direkt zur Versicherung, wie dies etwa Techkonzernen um Google, Apple & Co. vorschwebt.
Swisscom will nur Provisionen von der Assekuranz für deren Vertrieb kassieren. Die Partner seien Zurich Insurance, Axa und die Europäische Reiseversicherung ERV.
Ausweitung für Nicht-Kunden
Die Logik hinter dem Versicherungsvertrieb ist laut einer Medieninformation vom heutigen Mittwoch, dass Swisscom-Kunden bei ihrem My-Swisscom-Account gleich Versicherungsverträge mit abschliessen können.
Später will der Telekomkonzern sein Angebot aber auch auf Nicht-Swisscom-Kunden und weitere Sparten, wie Rechtsschutzpolicen und Motorfahrzeugversicherungen, ausdehnen.
Statt also für eine Auslandsreise bloss ein Roming-Paket bei Swisscom zuzukaufen, soll die Kundschaft gleich eine Reiseversicherung mit abschliessen.
Auch beim Ummelden der Anschrift könnten Swisscom-Kunden ihr neues Heim absichern.
Volk muss haften
Das Kopfschütteln über die neuen Aktivitäten geht allerdings in die Richtung, dass mit dem 8-Milliarden-Zukauf in Italien, über den muula.ch ausführlich berichtete, viel Aufmerksamkeit des Managements auf die Integration gesetzt werden muss, statt in ehemaligen Pornokinos ein neues Modelabel zu feiern.
Auch das Milliardengrab um die Akquisition von Fastweb in Italien haben noch viele Menschen im Hinterkopf. Die Risiken trägt letztlich das Schweizer Volk.
Netzausfälle als Kritik
Gleichzeitig sind die technischen Schwierigkeiten unübersehbar. Swisscom publizierte einen Teil der Geschäftszahlen aus Versehen vorab.
Auch die Netzausfälle in der Schweiz – mit vollständigem Ausfall der Notrufe – sind immer noch ein grosses Problem bei Swisscom, sodass es eher da technische Aufrüstung braucht, als den Versicherungsvertrieb von etablierten Versicherungskonzernen anzubinden.
Im Raum steht ebenfalls, was Swisscom macht, falls ein Versicherungskonzern mal einen grösseren Schaden ablehnt und die Kundschaft sich bei Swisscom darüber medienwirksam beschwert.
24.04.2024/kut.