Der Datenschutzbeauftragte Adrian Lobsiger ruft die Auktionsplattform Ricardo und das Medienhaus TX Group zur Räson. Doch die reagieren pikiert.
Der Streit ist bizarr.
Im Rahmen seiner am 4. September 2017 eröffneten und unter dem alten Datenschutzgesetz durchgeführten Sachverhaltsabklärung analysierte der Eidgenössische Datenschutzbeauftrage (EDÖB) Adrian Lobsiger die Abläufe und Prozesse von Datenbearbeitungen auf der Ricardo-Plattform.
Fehlende Informationen
Dabei nahm er von der Erfassung bis hin zur Ausspielung personalisierter Werbung, inklusive der Datenweitergabe an das Medienhaus TX Group auch die nachfolgende Datenaufbereitung und -verknüpfung mit weiteren Datenquellen unter die Lupe.
Lobsiger stellte laut einer Information für die Öffentlichkeit vom heutigen Mittwoch fest, dass das plattformübergreifende Tracking zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen führte und die Ricardo-Mitglieder nicht hinreichend über dieses Tracking und die nachfolgende Datenverwendung zwecks zielgerichteter Werbung informiert worden seien.
Einwilligung vergessen
Die daraus resultierenden Persönlichkeitsverletzungen vermochten die von Ricardo und TX Group geltend gemachten privaten Interessen nicht zu rechtfertigen, hiess es weiter.
Auch wurde keine rechtsgültige Einwilligung eingeholt, zumal die Nutzerinnen und Nutzer der Ricardo-Plattform über diese Datenbearbeitungen nicht hinreichend informiert waren.
Der Beauftragte empfahl deshalb, die festgestellten Mängel durch entsprechende Anpassungen der Auktionsplattform zu beheben.
Inkonsistente Haltung
Auf Ersuchen von Ricardo und der TX Group publizierte der Datenschutzbeauftragte am heutigen Mittwoch eine geschwärzte Version seines Schlussberichts.
Beide bestreiten die dort enthaltenen Schlussfolgerungen und bezeichneten die Empfehlungen des Datenbeauftragten des Bundes als rechtlich haltlos.
Das Schwärzen von Stellen bemängeln regelmässig die TX-Medien um «Tages-Anzeiger», «Bund» & Co. Nun verlangt es das Medienhaus aber offenbar selber.
Unterschiedliche Rechtsauffassung
Insbesondere vertreten sie den Standpunkt, dass die an die TX Group übermittelten Daten keine Personendaten darstellen würden und demzufolge das Datenschutzgesetz gar nicht anwendbar sei.
Weiter erachten Ricardo und die TX Group die Empfehlungen des EDÖB als gegenstandslos, da sie sich auf einen nicht mehr existierenden Sachverhalt und ein nicht mehr geltendes Gesetz beziehen würden.
Dies liess sich der Datenschutzbeauftragte wiederum nicht gefallen und drohte mit Vergeltung.
Expertenmeinung zählt
«Sollte der EDÖB feststellen, dass die gestützt auf den Sachverhalt vom 12. Mai 2023 konstatierten Mängel fortbestehen, behält er sich vor, nötige Anpassungen der Ricardo-Plattform durch geeignete Massnahmen zu veranlassen», warnte Lobsiger.
Daten sind das «Gold» des 21. Jahrhunderts. Kein Wunder also, dass so hart um diesen Schatz gekämpft wird.
Allerdings sollten Firmen durchaus auch anerkennen, dass die Kundschaft ein Recht auf die ordnungsgemässe Handhabung ihrer Angaben hat – und dafür gibt es nun einmal in der Schweiz den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten.
23.10.2024/kut.