Das Bundesamt für Statistik BFS soll eigentlich Dokumentieren und Erklären. Nun hilft die Behörde aber auch bei der Teuerung nach.
Der einstige britische Premierminister Winston Churchill soll einmal den Satz gesagt haben, dass er keiner Statistik traue, die er nicht selbst gefälscht habe.
Was Misstrauen über Daten ausdrücken soll, gilt nicht nur für Grossbritannien, sondern auch für die Schweiz.
Messung tausender Preise
So gab das Bundesamt für Statistik BFS am Dienstag heimlich, still und leise neben den aktuellen Inflationsdaten, über die auch muula.ch berichtete, noch ein Dokument zur Zusammensetzung des Warenkorbes bei der Inflationsberechnung bekannt. Und dieses Dokument auf der Webseite des BFS hat es in sich.
Daraus geht nämlich konkret hervor, dass zur Messung der Preisentwicklung ein sogenannter «Warenkorb» definiert wird und jeden Monat durch ein vom BFS beauftragtes Marktforschungsinstitut oder direkt vom BFS rund 100.000 Preise erhoben werden.
Stichprobe entscheidet
Der Warenkorb ist in die zwölf in der Grafik abgebildeten Ausgabenbereiche («Hauptgruppen») unterteilt. Jede Hauptgruppe ist entsprechend ihrem Anteil an den Haushaltausgaben gewichtet.
Und nun kommt der entscheidende Punkt: Damit diese Gewichtung möglichst nahe an den reellen Haushaltausgaben ist, wird sie nämlich jährlich angepasst.
Wie viel der durchschnittliche Haushalt für die verschiedenen Ausgabenbereiche aufwendet, erfasst die Haushalts- und Budgeterhebung (HABE) per Stichprobe direkt bei den Privathaushalten.
Und die haben offenbar gesagt, dass sie für Wohnen viel weniger ausgeben würden. Da kann man sich angesichts der flächendeckenden Mietpreiserhöhungen – selbst für bestehende Mietverhältnisse – aber bloss die Augen reiben.
Wunder über Wunder
Gemäss der aktuellen Gewichtung beträgt die Kategorie Wohnen und Energie 25,25 Prozent eines Haushaltsbudgets. Im Vorjahr war die Gewichtung noch 25,35 Prozent gewesen. Schaut man ins Jahr 2021 lag der Wert sogar noch bei 27,2 Prozent.
Angesichts der Energiepreisexplosion und der Mieterhöhungen im Schnitt um 200 bis 300 Franken ist die Herabstufung des Anteils merkwürdig. Welchen Personenkreis das BFS da genau ausgewählt hat, bleibt wohl ein Rätsel.
Vielleicht fiel die Auswahl ja gerade auf Familien, die enorme Lohnerhöhungen erhalten und deren Vermieter keine Erhöhungen beim bestehenden Mietverhältnis vorgenommen haben. Auch ihre staatlichen Energieversorger müssten grosses Mitleid mit ihren Kunden gehabt haben.
Genauso gut hätte man nämlich Argumente finden können, dass der Anteil von Wohnen und Energie am repräsentativen Warenkorb hätte erhöht werden müssen.
Enormer Einfluss
Der positive Nebeneffekt für die Schweiz ist mit der Anpassung nach unten allerdings, dass sich die Mieterhöhungen und die Steigerungen der Energiekosten bei der Messung der Teuerung nicht so stark niederschlagen.
Gegenüber 2021 ist dies also fast zwei Prozentpunkte, deren Erhöhungen sich in der Inflationsrate bei Wohnen und Energie nicht auswirken.
Allein der Einfluss der Mieten ist dabei gigantisch. Wohnungsmiete floss 2023 zu 18,63 Prozent in die Teuerungsrate ein. Im Jahr 2024 nur noch zu 18,4 Prozent.
Im Jahr 2021 lag der Wert aber sogar noch bei 20,1 Prozent. Die Auswirkungen dürften enorm sein.
Das BFS hilft damit aber in jedem Fall der Schweizerischen Nationalbank SNB bei der Bekämpfung der Inflation.
Verdeckte Hilfe
Glaube nur Statistiken, die Du selbst gefälscht hast, soll Churchill einmal gesagt haben. Die Bedeutung von dem Spruch ist wohl eher, schaue genau in die Datengrundlage.
Es dürfte aber wohl für die meisten neu sein, dass die Schweizer Statistiker einen ganz speziellen Beitrag zur Inflationsbekämpfung leisten.
14.02.2024/kut.