Späte Genugtuung für einstige Topmanagerin von Zurich

Claudia Dill
Die langjährige Zurich-Topmanagerin Claudia Dill arbeitet nun beim Rückversicherer Scor. (Bild: PD)

Topmanagerin Claudia Dill hat einst die Geschicke von Zurich Insurance in Lateinamerika geführt. Trotz «amerikanischer» Trennung stehen ihr Lorbeeren zu.

Versicherungsmärkte bewegen sich, aber alles geschieht sehr langsam. Bevor ein Geschäft so richtig zum Laufen kommt, vergehen meist Jahre.

Beim Versicherungskonzern Zurich Insurance kann man dies derzeit sehr gut beobachten.

Hohes Wachstum

In der Schaden- und Unfallversicherung legten die Bruttoprämien in den ersten drei Quartalen um 8 Prozent auf 34,6 Milliarden Dollar zu, wie der Konzern am heutigen Donnerstag bekanntgab.

In der Lebensversicherung stieg der Barwert aus Prämien beim Neugeschäft um 21 Prozent auf 12,2 Milliarden Dollar.

Boom in Südamerika

Einen grossen Anteil an der Wachstumsdynamik hat Lateinamerika.

Die Bruttoprämien legten in dieser Region um 18 Prozent auf 2,4 Milliarden Dollar zu. Auf vergleichbarer Basis ging es sogar um 32 Prozent nach oben.

Der Barwert aus Prämien beim Lebensneugeschäft stieg in den ersten neun Monaten in Südamerika um 32 Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar. 

Und an dieser Stelle kommt die ehemalige Zurich-Topmanagerin Claudia Dill ins Spiel, die sich von unten nach oben gearbeitet hatte, aber bei Zurich-Konzernchef Mario Greco plötzlich in Ungnade gefallen und abrupt ausgeschieden war.

Schwierige Märkte

Die 1965 geborene Schweizerin hielt sich danach mit Verwaltungsratsmandaten bei der Schweizer Einheit der Credit Suisse (CS) sowie bei der Basler Versicherungsgruppe Baloise über Wasser und agiert nunmehr als Chief Operation Officer (COO) beim französischen Rückversicherer Scor, wie auch muula.ch berichtete.

Dill, eigentlich ein echtes Zurich-Urgestein, wirkte seit ihrem Eintritt im Jahr 1999 in Ländergesellschaften sowie auf Konzernebene in Führungspositionen und war als CEO für das Sachversicherungsgeschäft in Lateinamerika im Mai 2015 ernannt worden.

Nur rund ein Jahr später wurde sie CEO für Ganz-Lateinamerika bei Zurich Insurance und trat mit lobenden Worten in die Konzernleitung ein. Dabei baute sie systematisch auch in schwierigen Zeiten für die Länder um Argentinien, Brasilien und etwa Kolumbien aus.

Attraktive Marktpositionen

So kaufte Dill im Jahr 2018 dem australischen Versicherer QBE sein ganzes Südamerika-Business für günstige 400 Millionen Dollar und einem Prämienvolumen von rund 800 Millionen Dollar ab, wodurch die Schweizer auf die vierte Position im Versicherungsmarkt in ganz Lateinamerika vorrückten – noch vor Axa, Allianz und etwa Generali.

In Argentinien führten sie seither den Versicherungsmarkt an; beim Blick nur auf das Sachgeschäft landete Zurich damals an dritter Stelle, wie aus einer Investorenpräsentation zu dem Deal hervorging.

Bemerkenswert war dabei stets, dass die kleinwüchsige Managerin sich in der von Macho-Männern dominierten Versicherungswelt stets durchkämpfe und viele Märkte um Chile, Uruguay, Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, aber auch Mexiko sowie Brasilien auf- und ausbaute.

Wortkarge Konzernleitung

Auf die Frage von muula.ch an der Medienorientierung der Zurich Insurance am heutigen Donnerstag, ob nicht eigentlich Dill, die im September 2020 nach 21 Jahren die Zurich-Gruppe per sofort verlassen hatte, für das gigantische Wachstum in Lateinamerika noch Dank gebühre, wich das Konzernmanagement um CEO Mario Greco und Finanzchef George Quinn aus.

Mario Greco
Zurich-CEO Mario Greco (Bild: PD)
Zurich-CFO George Quinn
Zurich-CFO George Quinn (Bild: PD)

Vor allem die Kooperation mit Banco Santander habe in Lateinamerika ein Wachstum bei den fondsgebundenen Produkten und kurzfristigen Vorsorgeschutzprodukten erzielt, hob Quinn hervor.

Lateinamerika hätte aber auch hohe Inflationsraten verzeichnet, führte der CFO weiter einschränkend aus.

Und bei der Frage, ob Zurich den Abgang von Dill bedauere, würgte CEO Greco das Gespräch ab.

Schweizer Kultur

Als stark amerikanisch geprägter Versicherungskonzern ist all dies bei Zurich sicher nicht verwunderlich. Pöstchen-Schacher sind auch in der Schweiz normal, aber Schweizerische Managementkultur sieht dabei etwas anders aus.

Und genau dies verdeutlicht auch die langjährige Zurich-Managerin Dill eigentlich recht schön. Sie wechselte zum französischen Rückversicherer Scor, der seit Mai 2023 von Thierry Léger geführt wird, der bei der Swiss Re rund 26 Jahre lang gearbeitet hatte.

Man kennt sich, man hilft sich, man sieht sich immer zweimal.

CS-Swisslife-Connection

Davon kann die Scor ebenfalls ein Lied singen, denn im Aufsichtsrat in Paris sitzt der einstige CS-Manager Bruno Pfister, der langjährige CEO des Lebensversicherers Swiss Life, dem trotz Milliarden-Akquisition des Strukturvertriebs AWP nie eine Wachstumsstrategie in Zürich gelungen war.

Versicherungsmärkte bewegen sich eben langsam. Gerade deshalb muss man die Früchte der Arbeit aber auch immer den richtigen Verantwortlichen zuordnen.

09.11.2023/kut.

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