Illegale Preisabsprachen kosten Konsumenten viel Geld. Allerdings ist die Behinderung des Wettbewerbs oft nur schwer aufzuspüren – doch damit dürfte jetzt Schluss sein.
Die Deutsche Bahn DB ist so etwas wie der Inbegriff des Bösen. Praktisch jeden Tag kommen Negativschlagzeilen von dem deutschen Transportunternehmen.
Auch in der Schweiz können Reisende ein Lied davon singen, wenn sich wiedermal ein «Ereignis im Ausland», wie es die Schweizerischen Bundesbahnen SBB nett umschreiben, hierzulande auswirkt.
Lieferanten checken
Doch nun kommen ganz andere Schlagzeilen von der deutschen Staatsbahn. Die DB hat nämlich ein Tool im Einsatz, dass Kartelle aufdecken soll. Das Staatsunternehmen kauft jedes Jahr so viel ein und schreibt die Aufträge aus, dass es durchaus – analog zum Bündner Baukartell – etwa zu Preisabsprachen kommen könnte, um dem Bahnunternehmen mehr Geld abzunehmen.
Die DB prüft allerdings ihre ganzen Lieferanten mit einem Screening-Programm und Big Data auf den Verdacht von Marktmanipulation, wie etwa die Wirtschaftszeitung «FAZ» in ihrer neuesten Ausgabe berichtete.
Einsparung von Millonen
Bei 20.000 Lieferanten und einem Volumen von rund 40 Milliarden Euro pro Jahr dürfte kaum ein Mensch noch den Durchblick haben. Das Risiko für Preisabsprachen oder generell Kartellbildung ist da extrem hoch.
In den vergangenen Jahren holte das Staatsunternehmen immer wieder Millionen zurück, die aber bloss auf Schadenersatz im Rahmen aussergerichtlicher Vergleiche beruhten.
Damit der Konzern von Lieferanten nicht mehr übers Ohr gehauen werden kann, kommt nun dieser «Schutzschirm» zum Einsatz. Dabei werden alle Angebote von Kaffeebohnen über Stahl für Schienen bis hin zu Treibstoffen auf Auffälligkeiten zu Kartellen untersucht.
Teufel im Detail
Früher habe das zwar auch eine Abteilung gemacht, allerdings habe dies eher einer Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen geglichen, hiess es von der DB. Nun setze die Firma Big Data ein und die Ergebnisse kämen per Knopfdruck.
Aus Auffälligkeiten lerne die Staatsbahn auch für künftige Auftragsvergaben, etwa dann, wenn Ausschreibungsgebiete besser zugeschnitten werden könnten, um den Wettbewerb noch weiter zu fördern.
Auf Grafiken veranschaulicht das Tool, ob es ein fairer Preiskampf ist oder sich merkwürdigerweise alle in eine Richtung bewegen und etwas nicht stimmen kann.
Kartellamt involviert
Seit Jahresbeginn wurden laut dem deutschen Blatt rund 2500 laufende und neue Vergaben geprüft. Dies seien in rund 50 bis 70 Ausschreibungen zu Lieferanten pro Woche und tatsächlich habe das Tool schon 120-mal Alarm geschlagen.
Dies sind zwar noch keine Beweise für illegales Handeln von Anbietern. Allerdings kann die DB damit Indikationen für Kartelle viel gezielter untersuchen. Ein Fall sei wohl schon dem Wachhund für Wettbewerb in Deutschland, dem Bundeskartellamt, gemeldet worden.
Nutzen für die Schweiz
Wie schwierig es ist, generell gegen Preis- oder Mengenabsprachen vorzugehen, zeigt eindrücklich das Erdölkartell Opec, gegen welches sich ein Wirtschaftsprofessor zur Wehr setzt, wie auch muula.ch unlängst berichtete.
Da ist es natürlich besser, die Aufträge gar nicht erst an Firmen zu geben, welche unter Kartellverdacht stehen.
Automatisierte Hinweise auf rechtswidrige Absprachen von Lieferanten könnten somit auch in der Schweiz notwendig sein, wie der Skandal in Graubünden eindrücklich gezeigt hatte und das Tiefbauamt von Baufirmen jahrelang an der Nase herumgeführt worden war.
Präventive Massnahme
Die beteiligten Unternehmen sprachen nicht nur den Preis ab, sondern legten sogar fest, wer den Auftrag bekommen sollte.
Letztlich hatten die Beamten in Graubünden nicht einmal dem Whistleblower geglaubt. Mit dem Einsatz eines Kartell-Screening-Tools wäre dies in der Schweiz wahrscheinlich nicht passiert.
Nun sollte die Deutsche Bahn nicht als Inbegriff des Bösen aufgefasst und die positive Nachricht zu dem «Ereignis im Ausland» auch in der Schweiz gehört werden.
Das Tool zum Aufdecken von Kartellen und Marktmanipulationen braucht es auch hierzulande an möglichst vielen Stellen. Damit hätte es gegen Preisabsprachen zumindest auch einen Abschreckungseffekt.
25.11.2022/kut.