Beim Spezialchemie-Konzern Clariant kommt es zu einem Personalwechsel. Die Hintergründe tangieren Shell und den Energietechnik-Konzern ABB.
Der Spezialchemie-Konzern Clariant ist ohnehin schon in einer jämmerlichen Verfassung.
Genau in dieser Situation platzen auch noch die News von einer wichtigen Personalie.
Gründliches Auswahlverfahren?
Der Verwaltungsrat habe Ben van Beurden als Kandidaten für die Mitgliedschaft und den Vorsitz des Verwaltungsrats nominiert, teilte die Basellandschaftliche Firma am Freitagabend mit.
Die Nominierung folge einem gründlichen Auswahlverfahren durch den Nominierungsausschuss des Verwaltungsrats, hiess es formell.
CEO von Shell gewesen
Aktionäre würden auf der ordentlichen Generalversammlung am 1. April 2025 über diese Nominierung abstimmen, so Clariant weiter.
Im Falle seiner Wahl werde der Niederländer van Beurden die Nachfolge von Günter von Au antreten, als Verwaltungsratspräsident zurücktrete, führte der Konzern aus.
Van Beurden war zuletzt von 2014 bis 2023 der CEO von Shell.
Im Jahr 2024 trat der Topmanager dann als Senior Advisor für deren Klimafonds beim Private-Equity-Haus KKR ein.
Er verfügt über einen Master-Abschluss in Chemieingenieurwesen von der Technischen Universität Delft.
Shell verklagt Clariant
Doch wer Shell und von Beurden hört, weiss natürlich sofort, wie der Hase läuft.
Erstens war der Manager der Nachfolger als Konzernchef von Peter Voser bei Shell, der danach Verwaltungsratspräsident des Schweizer Energietechnik-Konzerns ABB wurde und noch ist.
Sicher kennen sich Voser und van Beurden.
Zudem hat Shell, zweitens, unlängst Clariant in den Niederlanden verklagt, wie muula.ch berichtete.
Mittarbeiter schauen auf sich
Im Zusammenhang mit einem Verstoss gegen das Wettbewerbsrecht im Jahr 2020 will Shell bis zu einer Milliarde Euro an Schadenersatz von dem Schweizer Unternehmen erhalten. Clariant wehrt sich aber gegen die Vorwürfe.
Bei Clariant liegt zudem ohnehin Vieles im Argen. Nach einer Whistleblower-Affäre musste der Konzern beispielsweise unlänst Bussen zahlen.
Die Mitarbeiter hatten Geschäftsvorfälle so verbucht, dass ihre Boni möglichst gross wurden.
Die Vorwürfe der Milliarden-Klage fallen zudem just in den Zeitraum der CEO-Tätigkeit von von Beurden.
Clariant hatte sogar zugegeben, hohe ethische Standards der Firma gebrochen zu haben.
Freundliche Absage
muula.ch wollte dem Konzern da etwas mehr auf die Finger schauen und am Investorentag im November teilnehmen, weil Schweizer Medien kaum noch auf Industriefirmen schauen.
Allerdings lud die Medienstelle von Clariant unser Wirtschaftsnews-Portal freundlich aus. Der Anlass habe Investoren und Analysten als Zielpublikum, hiess es zur Begründung.
Dass Clariant der Transparenz verpflichtet sei, wie es der Konzern stets betont, ist also mehr als ein Lippenbekenntnis.
Das Unternehmen wird von Shell mit einer Milliardenklage in die Mangel genommen und nun soll der damals Verantwortliche in den Verwaltungsrat der Basellandschaftlichen Firma einziehen.
Wer denkt dabei Böses? Wohl niemand.
25.10.2024/kut.