Schweizer Parlament will Volksnähe reduzieren

Das Bundeshaus in Bern
Politiker wollen Besucher aus dem Parlament verbannen. (Bild: pixabay)

Die Schweiz steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Doch geht es um mehr Distanz der Parlamentarier zum Volk, ist plötzlich Geld da.

Erst waren es die Journalisten, die im Parlament störten.

Nun ist es das Volk selbst, das den Politikern weniger auf die Finger schauen können soll.

Beobachtung reduzieren

Die Schweiz richtete nämlich eigens ausserhalb des Parlaments ein Medienzentrum ein und bot die Nutzung den Verlagen kostenlos an.

Der angenehme Nebeneffekt dieser Subvention der Presse ist aber, dass Journalisten nicht mehr im Parlament «herumlungern» und so zufällig Gespräche zwischen Politikern oder Lobbyisten beobachten können.

Auch spontane Fragen an die Volksvertreter wurden auf diese einfache Weise mit dem externen Medienzentrum deutlich reduziert.

Immer der gleiche Kniff

Nun will das Parlament noch weiter gehen und die Zahl der Besucher in dem Gebäude verringern.

Der «Trick» ist wieder der gleiche, wie bei der Auslagerung der Medien aus dem Parlament.

Man sucht eine Alternative ausserhalb des Parlamentsgebäudes, wie die Parlamentsdienste am Freitag selbst mitteilten.

Zu wenig Platz?

Das Parlamentsgebäude ziehe jährlich rund 100.000 Besucher an, die Parlamentsdebatten verfolgen, Ratsmitglieder treffen, an Rundgängen teilnehmen oder Veranstaltungen besuchen würden, hiess es.

Gegenwärtig könne diesem Bedürfnis jedoch aufgrund der beengten Raumverhältnisse beim Besuchereingang, den hohen Sicherheitsanforderungen und der vielfältigen Nutzung des Parlamentsgebäudes nur beschränkt Folge geleistet werden.

Geld trotz leerer Kassen

Deshalb soll eine Alternative her und im Budget wurden schon mal 150.000 Franken für die Ausarbeitung der Idee reserviert.

Die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung habe in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) bereits geprüft, ob Teile des ehemaligen Credit-Suisse-Gebäudes am Bundesplatz 2 in Bern als externes Informations- und Besucherzentrum des Parlaments genutzt werden könnten, erklärte die Administration weiter.

Logo der Credit Suisse an der Filiale am Bundesplatz in Bern
Die Schweiz will das Credit-Suisse-Gebäude am Bundesplatz nutzen. (Bild: muula.ch)

Entschieden wurde auch schon, der Immobilieneigentümerin Igimo und der Grossbank UBS als neuer Mieterin des Gebäudes eine Absichtserklärung für eine Miete von geeigneten Gebäudeflächen im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss zukommen zu lassen.

In den Kosten von 150.000 Franken sind die laufende Miete an diesem teuren Standort, die Einrichtung des Besucherzentrums sowie das Betreiben aber noch nicht einmal enthalten.

In Zeiten leerer Kassen erstaunt all dies schon sehr.

Scheinheilige Begründung

Nun fehlt nur noch, dem Volk die Idee zu verkaufen.

Dabei verschleiern die Politiker oft ihre wahren Absichten. Auch diesmal ist es so, wie muula.ch aus sicherer Quelle weiss.

Nationalratspräsident Eric Nussbaumer wurde für das Projekt als Delegierter der Verwaltungsdelegation eingesetzt und äusserte sich dazu. «Unsere direkte Demokratie lebt von der aktiven Beteiligung der Bevölkerung», sagte er.

Mit dem Informations- und Besucherzentrum solle ein Raum geschaffen werden, in dem die Menschen die Demokratie sowie die politischen Prozesse der Schweiz erleben und nachvollziehen können, betonte er.

Warum es dazu einen anderen Ort als das Parlament selbst braucht, erklärte der SP-Politiker allerdings nicht.

Lobbyisten verbannen

Doch warum verbannen Nussbaumer und seine Kollegen nicht mal ein paar der persönlichen Mitarbeiter oder die Hälfte der Lobbyisten aus dem Parlament?

Mit dem Entzug von Zugangsberechtigungen hätte es sicher sofort Platz für Bataillone an Besuchern.

Doch das wollen die Politiker offenbar nicht.

Unangenehmen Fragen ausweichen

Sind 100.000 Besucher im Jahr überhaupt viel für das Schweizer Parlament?

Nein, könnte man meinen, denn dies wären keine 300 Personen je Tag in dem grossen Gebäude.

Doch dabei besteht für die Politiker die Gefahr, dass Besucher den Volksvertretern bei der Arbeit zuschauen oder sogar Politiker aus ihrem Heimatkanton mit unangenehmen Fragen überraschen.

Störungen vorbeugen

Lieber nehmen die Politiker da Geld in die Hand, was sie eigentlich nicht haben, und entziehen dem Volk stückweise den Zugang.

Nussbaumer & Co. können dann jederzeit auf das Besucherzentrum verweisen und das gemeine Volk vielleicht nur noch am 1. August mal ins Parlament hineinlassen.

Das ist dann genau wie beim Medienzentrum für Journalisten.

So läuft die direkte Demokratie – das Volk und unabhängige Medien stören dabei bloss.

16.11.2024/kut.

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