Schweizer Finanzplatz feiert das Normalste der Welt

Schematische Darstellung von Überweisungen
Zahlungen auf andere Konten dauern manchmal Ewigkeiten. (Bild: M. Hassan / pixabay)

Die Schweiz jubelt über neue Überweisungen in Echtzeit. In Wahrheit ist das Land spät dran und für Finanzinstitute ist es eigentlich zum Heulen.

«Wo ist eigentlich mein Geld?», fragen nicht wenige Bankkunden bei Überweisungen.

Während der Betrag von dem einen Konto schon lange abgebucht wurde, ist beim anderen Konto noch nichts angekommen.

Finanzbranche jubelt

Herkömmliche Überweisungen benötigen mindestens einen Geschäftstag zur Ausführung und sind auch an fixe Verarbeitungszeiten gebunden.

So kann es über ein Wochenende oder an Feiertagen schon mal länger bis zum Eingang des Geldes dauern.

Am 20. August erfolgte die Markteinführung von Instant-Zahlungen in der Schweiz, teilte die Schweizerische Nationalbank SNB und zahlreiche Finanzinstitute am heutigen Mittwoch freudig mit.

Nahezu gleichzeitiger Empfang

Instant-Zahlungen ermöglichen Privatpersonen und Unternehmen, Transaktionen von Konto zu Konto zu tätigen, die innert Sekunden, rund um die Uhr und an sieben Tagen der Woche sofort ausgeführt und final abgewickelt werden.

Die Belastung des Kontos der zahlenden Partei erfolgt sofort und nahezu zeitgleich mit dem Empfang der Gutschrift auf dem Konto der begünstigten Partei.

Meist sind Beträge bis 20.000 Franken möglich.

Grundlage für Neues

Dank kürzerer Abwicklungsketten würden Risiken reduziert und eingegangene Gelder seien sofort verfügbar, jubelte die SNB weiter.

Für Unternehmen und Geschäftsbanken schaffen Instant-Zahlungen zusätzlichen Spielraum für Prozessautomatisierungen und die Verknüpfung mit weiteren Dienstleistungen.

SNB und SIX Interbank Clearing erwarten, dass sich Instant-Zahlungen in der Schweiz mittelfristig durchsetzen dürften und als Grundlage für weitere Innovationen im Zahlungsverkehr dienen werden.

SIX veranschaulicht Instant-Payments
SIX veranschaulicht Echtzeit-Zahlungen. (Bild: PD)

Die SNB hatte gemeinsam mit der Schweizer Börse SIX im November 2023 eine neue zentrale Zahlungsinfrastruktur eingeführt und damit den Grundstein für Echtzeit-Zahlungen in der Schweiz gelegt. 

Ab sofort können rund 60 Finanzinstitute Instant-Zahlungen empfangen und verarbeiten.

Damit seien mehr als 95 Prozent des Schweizer Kundenzahlungsverkehrs abgedeckt, hiess es weiter von der SNB.

Bis spätestens Ende 2026 werden alle Finanzinstitute, die im Kundenzahlungsverkehr aktiv sind, erreichbar sein.

Echtzeit-Senden kommt später

Bei alldem ist aber nur das Empfangen solcher Zahlungen gemeint.

Von Postfinance hiess es etwa zu den Neuerungen, dass das staatliche Finanzinstitut damit erst einmal Erfahrungen sammeln möchte, bevor das unverzügliche Senden von Geldbeträgen schrittweise installiert werden soll.

EU und Krypto als Vorbilder

In vielen Ländern sind Echtzeit-Zahlungen aber in unterschiedlichen Formen schon seit vielen Jahren pure Realität.

Tagelanges Warten auf Überweisungsbeträge kennt von den wichtigen Finanzmärkten praktisch nur die Schweiz noch.

Selbst in der EU ist das Echtzeit-System seit Jahren vielerorts im Einsatz und Sondergebühren dürfen die Banken für die Nutzung dort nicht einmal erheben.

Und wer mit Blockchain-Technologie arbeitet, der findet Übertragungszeiten von zehn Sekunden wahrscheinlich auch noch zu langsam, denn in der Krypto-Welt sind Übertragungsgeschwindigkeiten von Millisekunden häufig Standard.

Der neue Service sollte also nichts anderes als normal sein.

Kurzzeit-Anlegen verpufft

Die Geldhäuser jubeln am heutigen Mittwoch zwar über die Einführung von Echtzeit-Zahlungen in ihren Unternehmen.

Doch eigentlich müssten sie traurig sein, denn lukratives Geldanlegen im Hintergrund, während die Kunden auf den Überweisungsbetrag warten, dürfte als Geschäft erst einmal für Schweizer Banken vorbeisein.

Der sogenannte Overnight-Markt, bei dem Finanzinstitute den stets vorhandenen Sockelbetrag an Überweisungen gewinnbringend anlegen, trocknet langsam aber sicher aus.

21.08.2024/kut.

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