
Die Corona-Pandemie war ein unrühmliches Kapital der jüngsten Geschichte. Doch eine Aufarbeitung gerade im Finanziellen fehlt noch in der Schweiz.
Die Schweiz hat, wie praktisch die ganze Welt, relativ rasch das Coronavirus abgeschüttelt.
Über Milliardenhilfen federte der Schweizer Staat die negativen Folgen für so manchen Wirtschaftszweig ab.
Noch Milliarden ausstehen
Wie viel Geld hat das Land eigentlich ausgereicht und wann darf die Schweiz guten Gewissens einen Schlussstrich unter das traurige Kapital der jüngsten Wirtschaftsgeschichte ziehen?
Eine Antwort auf die Frage gibt eine aktuelle Analyse der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK, die Härtefallmassnahmen und Solidarbürgschaften unter die Lupe nahm.
Rund die Hälfte des ursprünglich genehmigten Betrags an Solidarbürgschaften von 16,7 Milliarden Franken sei mittlerweile zurückbezahlt, hiess es im Gesamtbericht per Semester 2024.
Nach Abzug der Bürgschaftshonorierungen, also Verlusten für den Staat, verblieben Bürgschaften von über 6,9 Milliarden Franken, erklärte die EFK weiter.
Neue Gelder zugesprochen
Die Kreditlimite beziehungsweise die Beträge, die von den Unternehmen in Anspruch genommen werden können, beliefen sich derzeit noch auf 4,4 Milliarden Franken, was rund 65 Prozent des ursprünglichen Bürgschaftsbetrags entspreche.
Die Restlaufzeit betrage noch vier beziehungsweise in Härtefällen sechs Jahre, führten die Finanzprüfer aus.
Seit Beginn des Kreditprogramms habe der Bund Bürgschaften rund 1,2 Milliarden Franken honoriert, hiess es konkret per 30. Juni 2024 allein zu dieser Hilfe.

«Dieser Betrag ist somit im Vergleich zum Vorsemester (981 Millionen Franken) um 186 Millionen Franken angestiegen», schrieben die Finanzkontrolleure.
Unter Umständen könnten im Rahmen der Forderungsbewirtschaftung durch die Bürgschaftsorganisationen nämlich Wiedereingänge generiert werden.
Auch Jahre nach der Coronavirus-Pandemie streicht der Schweizer Staat da noch Hilfsgelder in den Wind.
Schweigen im Walde
Betrug war bei den Hilfen auch massenhaft dabei. Wenn der Staat das Steuergeld mit der Giesskanne verteilt, halten eben viele die Hände auf.
Von den 16.829 Missbrauchs-Verdachtsfällen, die Stand 27. November 20241 vom Staatssekretariat für Wirtschaft Seco behandelt werden, seien 12.730 abgeklärt, wovon 80 Prozent zu Korrekturen oder Strafanzeigen geführt hätten.
Die 4361 zu Strafanzeigen gebrachten Fälle umfassten 461 Millionen Franken.

Wie hoch die finanziellen Korrekturen in Fällen ohne Strafanzeigen sind, weist das Seco trotz Zahlenfriedhof zu dem Thema aber nicht aus.
Tausende Verdachtsfälle sind laut der Behörde noch offen.
Neue Probleme berücksichtigen
Verstösse betreffen teilweise das Verbot von Dividendenausschüttungen oder Kapitalrückzahlungen.
Der Bundesrat will da unter Umständen gnädig sein.
Im ersten Semester 2024 haben zwei Schweiz Unternehmen mit einem zugesagten Bürgschaftsvolumen von 0,2 Millionen Franken den Behörden ihre Kapitalrückerstattungen von 4,1 Millionen Franken gemeldet.
Dies zeigt, dass eine Missachtung des Verbots nämlich lohnend sein kann.
Neuer Aufschub bis zu einem Jahr
Von den 6,9 Milliarden Franken an laufenden Solidarbürgschaftskrediten wurden per 30. Juni 2024 erst 35 Prozent amortisiert.
Bei kritischen Liquiditätsverhältnissen konnten Unternehmen bei der zuständigen Bank einen Aufschub des Rückzahlungsbeginns beantragen.
Die Schweizerische Bankiervereinigung SBVg riet den Geldhäusern um UBS, Postfinance, Raiffeisen, ZKB & Co., einen Aufschub von 6 bis 12 Monaten zu gewähren.
Verwaltungskosten noch obendrauf
Neben Solidarbürgschaften, Härtefallmassnahmen reichte die Schweiz auch noch Überbrückungskredite aus.
Der Bund kam der Wirtschaft an dieser Stelle vor wenigen Tagen entgegen und senkte die Zinsen auf Covid-Kredite.
Hinzu kamen dutzende Millionen von Verwaltungskosten, welche der Bund den Bürgschaftsorganisationen bezahlt.
Kaum jemand hat einen Anreiz, da den Stecker zu ziehen.
Unrentable Geschäfte durchfüttern
Wie lange soll das Spiel für Covid-Hilfen noch gehen? Die Pandemie ist ja schon seit Jahren besiegt.
Im Vergleich zum Bestand des Bürgschaftswesens für KMU186 per Ende 2019 wurden im Rahmen des Covid-19-Solidarbürgschaftssystems innerhalb von vier Monaten schliesslich ungefähr 74-mal so viele Covid-19-Kredite mit einem rund 59-mal so hohen Kreditvolumen gewährt.
Ein Schlussstrich wäre da wohl mittlerweile angebracht – denn Firmen, deren Liquidität auch Jahre nach der Coronavirus-Pandemie knapp ist, haben eventuell kein tragbares Geschäftsmodell.
20.04.2025/kut.