Schweiz geht Vermittlern von Versicherungen an den Kragen

Personen in einem Call-Center
Die Schweiz reguliert staatlich die Anrufe zur Versicherungsvermittlung. (Bild: P. Linforth / pixabay)

Die Assekuranz hatte auf Selbstregulierung bei der Vermittlung von Versicherungen gesetzt. Doch nun greift der Bundesrat hart durch.

Die nächste Erhöhung der Krankenkassenprämien steht schon vor der Tür.

Und viele Schweizer dürften an einen Wechsel der Grundversicherung denken.

Kaltakquise störte

Da kommen dann zur heissen Phase im Herbst lästige Anrufe von Versicherungsvermittlern zur Kaltakquise ins Spiel, die seit Jahren für viele Menschen ein Ärgernis sind.

Die Assekuranz setzte auf Selbstregulierung – doch das funktionierte wohl nicht.

Mit einer Branchenvereinbarung sollten «Schwarze Schafe» der Versicherer herausgefiltert und schrittweise aus dem Markt gedrängt werden.

Nicht für alle verbindlich

Bisher war die Branchenvereinbarung, welche die Versicherungspraktiken um Kaltakquise und Provisionen regelt, nur für die Versicherer verbindlich, die ihr beigetreten sind.

Die Aufsichtsbehörden hatten da keine Befugnis einzugreifen, falls die Vereinbarung nicht eingehalten und etwa kein Beratungsprotokoll unterzeichnet wurde.

Protokoll unterzeichnen

Dem Bundesrat wurde dies nun zu viel.

An seiner Sitzung vom Mittwoch verabschiedete die Landesregierung eine neue Verordnung zu dem Thema, teilte das Bundesamt für Gesundheit BAG als Aufsichtsbehörde für die Grundversicherung mit.

Neu sei die telefonische Kaltakquise untersagt, also die Kontaktaufnahme mit einer Person, die noch nie beim Versicherer versichert war oder dies seit mehr als 36 Monaten nicht mehr ist.

Ausserdem sei der Vermittler oder die Vermittlerin bei einem Beratungsgespräch mit einem Kunden oder einer Kundin verpflichtet, ein Protokoll zu erstellen und es sogar von der Kundschaft unterzeichnen zu lassen, hiess es weiter.

Bei Online-Abschlüssen steigt also die Bürokratie.

Eingriff in den Markt

Die Entschädigung der Vermittler ist neu auch noch auf 70 Franken pro versicherte Person in der sozialen Krankenversicherung und auf 16 Monatsprämien pro abgeschlossenes Produkt in der Zusatzversicherung beschränkt.

Die maximale Entschädigung ist in der Zusatzversicherung, für welche die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma zuständig ist, deutlich höher als in der sozialen Krankenversicherung.

Dies erklärt sich damit, dass die Vermittlertätigkeit in der Zusatzversicherung komplexer und damit kostenintensiver ist, was vor allem auf die grosse Produktevielfalt zurückzuführen ist.

Beratung hat einen Wert

Bei einer Monatsprämie von 100 Franken fallen somit maximal 1600 Franken an Provision an.

Ältere Personen haben locker 500 Franken an Monatsprämien, was zu Tausenden an Provisionen für die Versicherungsvermittlung führt.

Die Beratung hat also einen hohen Wert.

Strafe angedroht

Versicherer, die gegen die Regeln verstossen, müssen mit einer Busse von bis zu 100.000 Franken rechnen, mahnte das BAG zur neuen Verordnung.

Das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit und seine Ausführungsverordnung treten am 1. September 2024 in Kraft.

Sie gelten schon für die Prämien 2025 und damit für die nächste Periode des Krankenkassenwechsels.

Im zweiten Anlauf erfolgreich

Die Selbstregulierung erleidet damit aber auch Schiffbruch. Noch im Jahr 2012 wollte der Bundesrat über ein Aufsichtsgesetz die Versicherungsvermittlung an die kurze Leine nehmen.

Das Parlament hatte das Ansinnen damals allerdings mit Verweis auf die Selbstregulierung abgelehnt. Nun ist die Landesregierung also einen Schritt weiter.

Und die nun anstehenden Prämienerhöhungen dürften viele Menschen ohnehin zu einem neuen Versicherer bewegen.

15.08.2024/kut.

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