Schweiz findet Spekulation mit Nahrungsmitteln gut

Verschiedene Agrarprodukte auf Tellern
Spekulation mit Agrarprodukten hilft eigentlich. (Bild: D. Gold / unsplash)

Der Bundesrat hat der Spekulation auf Agrarmärkten seinen Segen erteilt. Statt Preise zu treiben, bewirkt eine Risikoübernahme oft das Gegenteil.

Spekulanten werden immer in ein schlechtes Licht gestellt.

Dabei haben sie manchmal sogar etwas Gutes, wie der Bundesrat herausgefunden hat.

Überraschender Befund

Starke Anstiege der Nahrungsmittelpreise können weltweit ein grosses Problem für ärmere Bevölkerungsgruppen sein, hiess es im aktuellen Bericht zum Postulat «Spekulation mit Nahrungsmitteln».

Eine Auswertung der wissenschaftlichen Literatur zeige jedoch, dass Spekulationsgeschäfte auf den Rohstoffterminmärkten keine massgebliche Rolle für die Preissteigerungen spielten, so das Fazit.

Die bewusste Übernahme von Risiken mit dem Ziel, damit einen Gewinn zu erzielen, der für die eingegangenen Risiken entschädigt, führt also nicht zu preistreibenden Effekten.

Geopolitik treibt Preise

Die starken Preisschwankungen seien vielmehr auf grundlegende Faktoren, wie Wetterextreme um Hitzewellen, Dürren, Stürme oder Überschwemmungen, niedrige Lagerbestände, Exportbeschränkungen und geopolitische Ereignisse, wie der Krieg in der Ukraine, zurückzuführen, hiess es weiter.

Reale Preisentwicklung auf Agrarmärkten
Dürren und Krisen treiben Preise von Agrarrohstoffen. (Screenshot: muula.ch)

Zahlreiche Studien kämen sogar zum Schluss, dass Spekulation einen dämpfenden Effekt auf Preisschwankungen habe, erklärte der Bundesrat weiter.

Spekulation trage nämlich unter anderem zur Liquidität auf diesen Märkten bei, lautete die Begründung.

Zwei unterschiedliche Märkte

Wenn ein Bauer im Januar also seine Sommerernte schon verkauft und dafür das Geld schon in der Tasche hat, kann ihm das schlechte Wetter im Juli und August praktisch egal sein. Wird es dagegen eine Rekordernte, hat er einfach die Differenz zum Durchschnitt «verspielt», aber das Risiko haben andere dafür getragen.

Es kann dabei zwischen zwei Hauptarten von Rohstoffmärkten unterschieden werden, den Spotmärkten und den Terminmärkten.

Auf Spotmärkten findet der physische Austausch der Rohstoffe zwischen Käufer und Verkäufer mehr oder weniger unmittelbar statt.

Auf Terminmärkten werden hingegen Rohstoffe zu einem heute vereinbarten Preis zu einem späteren Zeitpunkt getauscht.

Nestlé, Lindt & Co. profitieren

Ein Bauer kann mit Terminmärkten also seine Tätigkeit besser planen und steuern, wenn er bereits im Voraus weiss, zu welchem Preis er seine nächste Ernte wird verkaufen können.

Dasselbe gilt umgekehrt für einen Verarbeiter von Lebensmitteln, wie Nestlé oder Lindt & Sprüngli, der die benötigten Rohstoffe zu einem im Voraus bestimmten Preis einkaufen kann.

Deshalb kommt den Finanzakteuren um Banken, Hedge-Fonds, Indexanbietern & Co. auf den Terminmärkten eine wichtige Rolle zu, denn diese spekulieren mit den Derivaten und übernehmen bewusst Risiken, um damit einen Gewinn zu erzielen.

«Mit Spekulation wird somit die Absicherung von Risiken erleichtert, da die Liquidität auf diesen Märkten erhöht wird», lautete die Einschätzung des Bundesrates im Gesamtbericht.

Lieber Zuschauer bleiben

Die Schweiz begrüsste in diesem Zusammenhang zudem, dass mit einer höheren Transparenz auf den Agrarmärkten zu deren besserer Funktionsfähigkeit beigetragen wird.

Seit 2011 gibt es beispielsweise für Agrarrohstoffe das Agricultural Market Information System (Amis), welches für Weizen, Mais, Reis und Soja zeitnahe Daten über die weltweite Produktion, den Verbrauch, die Lagerbestände und den Handel veröffentlicht.

Der Bundesrat könnte nun zwei Wege einschlagen, diesen Weg zu unterstützen. Die Schweiz hätte grundsätzlich zwei Optionen, mit denen sie die Transparenz potenziell weiter erhöhen könnte, hiess es im Gesamtbericht.

Einerseits könnte das Land eine direkte Teilnahme an Amis erwägen. Andererseits könnte die Schweiz eine Verpflichtung von ansässigen privaten Akteuren einführen, ihre weltweite Lagerhaltung offenzulegen.

Die Landesregierung schmetterte dies jedoch alles ab.

25.11.2024/kut.

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