Orell Füssli verspekuliert sich kolossal

Orell Füssli in Zürich
Orell Füssli verliert mit Finanzderivaten markant Geld. (Bild: PD)

Die Zürcher Traditionsfirma Orell Füssli hat einen Gewinneinbruch erlitten. Schuld daran ist nicht nur die schwächere Entwicklung der Geschäfte.

Die Orell-Füssli-Gruppe, die für den Buchhandel und den Druck der Schweizer Banknoten bekannt ist, hat im ersten Halbjahr einen Gewinneinbruch um über 60 Prozent auf noch 1,8 Millionen Franken erlitten.

Höhere Kosten belasten

Wie das Unternehmen in ihrem Aktionärsbrief zu den Gründen hervorhob, falle das erste Semester typischerweise schwächer als das zweite aus.

Der starke Gewinnrückgang stünde unter dem Einfluss der saisonalen Umsatzentwicklung im Buchhandel und in den Verlagen, höheren Kosten und des aktuellen Produktmix der Druckerei, führte Orell Füssli am Freitag weiter aus.

Finanzergebnis bricht weg

Doch wer genauer in die Halbjahresrechnung schaut, der entdeckt auch noch eine andere Ursache für den Rückgang der Profitabilität.

Laut Semesterbericht brach nämlich das Finanzergebnis deutlich ein, was «im Wesentlichen auf die Bewertung von Absicherungsgeschäften zurückzuführen (ist), die in Zusammenhang mit überjährigen Aufträgen mit Geldflüssen in Fremdwährungen getätigt wurden».

Von Tausenden zu Millionen

Der Division Sicherheitsdruck gelang es nämlich, weitere und teilweise mehrjährige Grossaufträge im Bereich des Banknotendrucks zu gewinnen.

Erste Lieferungen würden im Herbst erfolgen und da dies die Einnahmen betrifft, muss sich ein Unternehmen überlegen, solche Beträge gegenüber der Konzernwährung, dem Schweizerfranken, abzusichern.

Halbjahresbericht 2024 von Orell Füssli
Semesterbericht von Orell Füssli (Screenshot: muula.ch)

Per Bilanzstichtag bestehen bei Orell Füssli bilanzierte Derivate von –1,6 Millionen Franken. Per Ende 2023 lag der Vergleichswert allerdings nur bei 16.000 Franken.

Die Firma sicherte nunmehr aber Fremdwährungen im Gegenwert von 46,8 Millionen Franken ab. Per Vorjahresende lag der Betrag aber nur bei 513.000 Franken.

Dies zeigt die Ausweitung dieses «Sicherns».

Prognosen sehr schwierig

Da die Schweizerische Nationalbank SNB in ihrem Handeln mit dem Schweizerfranken selbst für den Banknoten-Drucker Orell Füssli jedoch unberechenbar ist und auch die Devisenmärkte kaum prognostizierbar sind, wirken solche Geschäfte mit Währungen mal positiv und mal negativ.

Bei Orell Füssli ging die Absicherung von fast 50 Millionen Franken an Fremdwährungen diesmal etwas daneben. Vielleicht war das Management um CEO Daniel Link mit dem Hedge auch einfach etwas früh.

Doch je nach Ausgestaltung des Finanzderivats könnte sich dies in Zukunft noch ändern. Ohne diese Fehlspekulation wäre der Gewinneinbruch aber nicht einmal halb so gross gewesen.

Geschäfte mit Nahestehenden

Wie bescheiden es bei Unternehmen manchmal läuft, können Externe auch nur indirekt in den Geschäftsberichten ablesen.

Die Orell Füssli Gruppe tätigte im ersten Halbjahr 2024 beispielsweise Verkäufe und Abgrenzungen von Waren sowie Dienstleistungen an nahestehende Unternehmen und Personen von fast 20 Millionen Franken, hiess es im Halbjahresrapport.

Was das genau ist, sagte die Firma zwar nicht.

Kredit wird Eigenkapital

Aber eine langfristige Darlehensverbindlichkeit mit den nahestehenden Unternehmen und Personen von 1,6 Millionen Franken wurde im ersten Halbjahr 2024 in Eigenkapital gewandelt.

Aus einer langfristigen Kreditforderung wurde also urplötzlich eine Beteiligung, was normalerweise kein gutes Zeichen ist.

So schnell kann sich aber manchmal der Wind drehen – genauso wie am Devisenmarkt.

27.07.2024/kut.

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