Bildung ist ein Menschenrecht, jedoch das am stärksten unterfinanzierte Nachhaltigkeitsziel der Uno. In Genf gab es nun Geld der Schweiz und innovative Lösungen zu Finanzierung der Lücke.
Die Covid-Pandemie hat aufgezeigt, wie verwundbar Bildungssysteme rund um den Globus sind.
Doch selbst ohne Schulschliessungen durch weitere Pandemien haben derzeit schon 222 Millionen Kinder weltweit keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu Bildung.
Hohe Multiplikatoren
Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Sie reichen von bewaffneten Konflikten über Vertreibungen bis hin zu Naturkatastrophen.
Am Geld sollte es allerdings nicht scheitern – schliesslich generiert jeder, in die Ausbildung von Kindern investierte Dollar laut der Uno wiederum 2.80 Dollar.
Und der Abschluss der Sekundarschule aller Mädchen könne sogar das Bruttoinlandprodukt BIP von Entwicklungsländern innerhalb von zehn Jahren im Schnitt um rund 10 Prozent steigern, hiess es dieser Tage am Uno-Sitz in Genf zur Wichtigkeit von Bildung.
Mit Bildung gegen Armut
Genau dort widmeten sich seit Mittwoch rund 1300 Personen aus 120 Ländern dem Geldproblem von Bildung.
«Wir müssen in Bildung investieren, denn es gibt keine nachhaltige Entwicklung ohne Bildung», mahnte denn auch Deza-Direktorin Patricia Danzi am zweiten International Cooperation (IC) Forum in Genf.
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) organisierte den Anlass im Vorfeld der hochrangigen Geberkonferenz für «Education Cannot Wait (ECW)», dem Uno-Fonds für Bildung in humanitären Krisensituationen, den es zu füllen galt.
Faktor für Wohlstand
Die Schweiz war am Donnerstag die Gastgeberin in Partnerschaft mit Deutschland, Kolumbien, Niger, Norwegen und Südsudan nämlich der ersten Finanzierungskonferenz dieses Uno-Fonds.
Der Schweizer Aussenminister und FDP-Bundesrat Ignazio Cassis bezeichnete Bildung in seiner Ansprache an der Konferenz, an der auch muula.ch teilnahm, als wichtigsten Faktor für Frieden und Wohlstand.
Hoffnung auf mehr Geld
Staaten und private Geldgeber sagten dem Uno-Fonds sodann am Donnerstag rund 826 Millionen Dollar zu. Die Schweiz unterstützt den Fonds bis 2026 mit 35 Millionen Franken, wie Cassis bekanntgab.
Der Fonds benötigt bis zum Jahr 2026 zwar insgesamt 1,5 Milliarden Dollar. Doch es ist noch nicht alle Hoffnung verloren.
Findige Lösungen
Seit einigen Jahren entstehen nämlich Konzepte für innovative Finanzierungen von Bildung und auch immer mehr Unternehmen engagieren sich in diesem Bereich.
So plant die Zürcher Kantonalbank (ZKB) etwa in Zusammenarbeit mit bildungsnahen Stiftungen und der Deza einen nachhaltig gemanagten Anlagefonds, dessen Erträge an «Education Cannot Wait» ausgeschüttet werden sollen.
«Unser Vorschlag soll die Basis der Geber verbreitern», sagte Anja Hochberg, Leiterin Multi Asset Solutions bei der ZKB, am IC Forum in Genf. Die jährliche Spende an «Education Cannot Wait» solle etwa 3 Prozent des Fonds-Kapitals betragen, führte sie weiter aus.
Bildung und Nachhaltigkeit
Private und institutionelle Investoren könnten damit eine doppelte Wirkung erzielen. Denn der Fonds investiere bereits in Unternehmen, die einen Beitrag zur Lösung von Nachhaltigkeitsproblemen leisteten. Damit werde also nicht nur Bildung finanziert, sondern auch in die Nachhaltigkeit investiert.
Ab wann die 3 Prozent an den Uno-Fonds bezahlt werden, sei zurzeit zwar noch offen, sagte sie gegenüber dem Wirtschaftsnews-Portal muula.ch.
Die Bank sei diesbezüglich aber bereits mit mehreren Investoren im Gespräch, betonte sie.
Wilde Börsen ausschalten
ZKB-CEO Urs Baumann wies an der Konferenz daraufhin, dass es im traditionellen Sinne eigentlich kein Investitionsmodell gebe, das es ermögliche, Geld mit Investitionen in Bildung zu verdienen. Die ZKB könne jedoch dafür Spenden und Geld von Philanthropen einsammeln.
Die Idee des Fonds sei es, stabile Auszahlungsrhythmen bei 3 Prozent zu haben, egal wie wild die Bedingungen am Kapitalmarkt seien. Die Marktfluktuation werde vom Fonds abgefedert, hiess es vom Bankenchef.
Freudiger Cassis
Die ZKB will sich – vorbehaltlich zusätzlicher Ankerinvestoren – mit einem Betrag von 10 Millionen Franken an dem geplanten Fonds beteiligen.
Falls dieser mit 50 Millionen Franken an Startkapital lanciert würde und jedes Jahr 25 Millionen Franken hinzukämen, würde dies mit den jährlich vorgesehenen Fondsausschüttungen von 3 Prozent und den simulierten Kapitalrenditen bis 2026 rund 10 Millionen Franken an Spenden für «Education Cannot Wait» generieren, erklärte das Zürcher Geldhaus weiter.
Dann käme aus der Schweiz schon ein Beitrag von 46 Millionen Dollar, freute sich Cassis an der Konferenz.
Lancierung von PPP
Einen anderen Ansatz präsentierte dagegen die in Zürich ansässige Jacobs Foundation. Die philanthropische Organisation arbeitet an der Verbesserung von Bildungssystemen auf globaler Ebene. Sie setzt bis 2030 weltweit rund 500 Millionen Franken für verstärkt evidenzbasierte Bildungspolitiken und -angebote ein.
In der Elfenbeinküste arbeitet die Stiftung schon mit weiteren Organisationen in einer Public-Private Partnership (PPP), mit der Lokalregierung sowie mehreren Kakao-Unternehmen, zusammen.
Das Ziel des PPP-Projektes ist es, dass die Kinder zur Schule gehen, statt auf den Kakaofeldern ihrer Eltern zu arbeiten.
Aktueller Bezug
Auf der Finanzierungskonferenz war aber auch eine aktuelle Katastrophe um die verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ein grosses Thema. Der Uno-Fonds sagte umgehend als erste Nothilfe für Syrien 7 Millionen Dollar zu.
Die Türkei ging allerdings leer aus, weil dort der Fonds nicht zuständig sei, da sie kein Entwicklungsland ist.
Vielleicht lassen sich dafür ja andere innovative Finanzierungslösungen finden. Die ZKB und die Jacobs Foundation zeigen jedenfalls, dass es geht.
15./16./17.02.2023/mat./kut.