Die Finanzmarktaufsicht Finma zerfällt durch viele Personalwechsel vollkommen. Doch der Fisch stinkt bekanntlich immer vom Kopf her.
Bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma arbeiten praktisch nur zwei Typen von Menschen.
Die einen sind seit Jahrzehnten bei dem Amt tätig und haben sich an ihr schönes Beamtenleben mit all den Missständen in einer laschen Kontrolle des Schweizer Finanzplatzes abgefunden.
Zahnloser Tiger
Die andere Gruppe von Mitarbeitern und Führungskräften kommen mit Elan zu der Behörde und geben nach kürzester Zeit wieder auf.
Selbst in der Geschäftsleitung sowie im Verwaltungsrat der Finma herrscht ein Kommen und Gehen. Zahlreiche Kader wechselten sogar zur starren deutschen Finanzaufsicht Bafin, was beunruhigen müsste.
Doch niemand hinterfragt die ständigen Personalwechsel bei der Behörde. Wie man hört, haben sich die Neulinge die Aufsichtstätigkeit offenbar häufig anders, also «tougher», vorgestellt.
In Wirklichkeit will die Schweiz keine Behörde, welche den Finanzplatz an die Kandare nimmt und bremst.
Aufgabe war eigentlich klar
Nun verkündete die Finma am heutigen Mittwoch wieder einen brisanten Personalwechsel.
Direktor Urban Angehrn trete bereits zum Monatsende aus persönlichen Gründen zurück. Die hohe und dauerhafte Belastung habe gesundheitliche Folgen gehabt, hiess es zur Begründung.
Angehrn gehört damit zur zweiten Gruppe der eingangs beschriebenen Mitarbeiter der Finma – ein Kommen mit viel Elan und ein Hinschmeissen.
Doch bereits bei seinem Amtsantritt vor wenigen Monaten im November 2021 war eigentlich klar, dass die Schweiz mit der Krisenbank Credit Suisse (CS) bald auf ein Desaster zusteuert und die Aufgabe bei der Finma kein Zuckerschlecken werden wird.
Zahlreiche Enforcement-Verfahren zur CS und deren Missständen waren bereits voll im Gang, wie auch muula.ch berichtete.
Schuld auf den Ehemaligen schieben
Die Hauptverantwortung für den Untergang der CS wird ohnehin bei der Finma gesehen – insofern ist der Rücktritt von Angehrn auch ein Schuldeingeständnis für das Versagen der Behörde.
Zudem kann das Amt nun immer sagen, dass dieses oder jenes der damalige Finma-Direktor so entschieden habe. Viele Versäumnisse der Behörde sind unter Angehrns Leitung aufgetreten, wie auch muula.ch berichtete. Es ist eigentlich eine elegante Lösung für die Schweiz.
Vielleicht dürfte es Angehrn mit Jahrgang 1965 aber auch stark geärgert haben, dass er zwar die ganzen Details zur Notfusion der CS mit der UBS wusste, aber an der Medienkonferenz zum Untergang der CS nur unten bei den Zuschauern sitzen durfte und die Finma-Präsidentin Marlene Amstad auf der grossen Bühne sass.
Ohnehin gibt die Chefin der Aufsichtsbehörde in den Augen von zahlreichen Betrachtern keine gute Figur ab. Manchmal heisst es sogar, sie sei ziemlich inkompetent.
Fehlentscheide treten hervor
Mit der Notfusion wird auch immer mehr Kritik laut, dass die Finma bei der Entwertung der AT-1 Bonds den Finanzplatz Schweiz unnötigerweise in Verruf gebracht habe, weil solche Anleihen ihren Wert eigentlich nicht vor dem Aus der Bankaktien hätten verlieren sollen.
Zudem wird kritisiert, dass die Aktionäre der CS praktisch enteignet wurden und jene der UBS nichts zu dem Notmerger sagen durften.
Auf die Schweiz rollen bekanntlich wegen alldem enorme Rechtsklagen zu – verursacht hat diese Angehrn mit seinen Beamten.
Falsche Themen versprochen
Es dürften aber auch falsche Versprechen von Finma-Präsidentin Amstad gewesen sein, die den Direktor bewogen haben, das Handtuch zu werfen.
«Mit der Ernennung von Urban Angehrn konnte die Finma eine erfahrene Führungspersönlichkeit mit breiter, nationaler wie internationaler Finanzmarkterfahrung in Versicherung, Banking und Asset Management gewinnen. Zudem ist er bestens vertraut mit Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die den Finanzplatz prägen werden», hielt Amstad zur Ernennung des Nachfolgers von Mark Branson fest.
«Ich freue mich darauf, zusammen mit dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung die Finma auf dem erreichten hohen Niveau weiterzuführen und mitzuhelfen, den Finanzplatz auf Zukunftsthemen vorzubereiten», sagte Angehrn zu seiner Ernennung.
Vielleicht waren als Zukunftsthemen eher die Digitalisierung und Nachhaltigkeit gedacht als an die Rettung einer systemrelevanten Grossbank, obwohl sich das Problem schon klar abgezeichnet hatte.
Schönes Mandat bei Geldhaus?
Ob Angehrn die Finma verlässt, oder ob er seinen Burnout erst einmal intern auskuriert, ist nicht klar. Es würde die Welt nun aber nicht allzu sehr wundern, wenn der Finma-Direktor bald in einer neuen Funktion bei einer Schweizer Bank auftauchen würde.
All die schöne Erfahrung mit der Notsituation spricht doch sicher viel für einen Verwaltungsratspöstchen.
Da Angehrn ohnehin neben der Zurich Insurance schon bei der CS gearbeitet hatte, wäre wahrscheinlich sogar die Monsterbank UBS als ruhigeres Plätzchen zur Gesundung geeignet, als sich mit Gerichtsklagen, Bundesgerichtsurteilen und Kritik an seiner Person auseinanderzusetzen.
06.09.2023/ena.