EU hängt Preisschild an ihren Binnenmarkt

Verhandlungsdelegation der Schweiz und der EU paraphieren ein neues Abkommen
Die Schweiz und die EU paraphieren ihr neues Verhandlungspaket. (Bild: PD)

Die Schweiz und die EU haben ihr Verhandlungspaket offengelegt. Dabei kommen Preise zum Vorschein, welche dem Volk ein Abwägen ermöglichen.

Bisher war das Verhandlungspaket Schweiz – EU eine Blackbox.

Doch seit Freitag können Normalsterbliche sich ein Bild von der Situation machen, weil sowohl der Bundesrat als auch die EU die ganzen Details publizierten.

Argumente mit Menge erschlagen

In über 1800 Seiten sind Regelungen und Vereinbarungen aufgeschrieben. Der Amtsschimmel nutzte dabei wieder den üblichen Bubentrickli, indem er alles in dutzende von separaten PDF-Files packte, bis die Komplexität so hoch wird, dass viele Menschen aufgeben.

Die Vorgehensweise ist immer gleich, wenn sich Behörden oder Firmen um einfache Antworten drücken.

Warum ist die Credit Suisse trotz Tausender Beamter, die täglich darauf aufpassen, untergegangen? Eine Antwort gibt die Parlamentarische Untersuchungskommission PUK mit 3 Kilo an Untersuchungsdokumenten. 

Fast 1000 Seiten an Erläuterungen

Zu welchem Preis kaufte die Schweiz während der Coronavirus-Pandemie die Impfstoffe um Pfizer, Moderna & Co. und warum gab es Indiskretionen aus dem Bundesrat? Kiloweise Unterlagen, doch Antworten finden die Menschen keine. 

Und genauso ist es nun beim Verhandlungspaket Schweiz – EU, dessen erläuternder Bericht zur Vernehmlassung allein auf fast 1000 Seiten kommt.

Viele Wenn und Aber

Das Paket sichere die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen der Schweiz zur EU, hiess es zum ganzen EU-Unterlagen-Material.

Bundesbern legte auch noch ein Dutzend Gutachten bei, damit es dem Volk bis zum Ende der Vernehmlassungsfrist nicht langweilig wird.

Die offenen Fragen in Bezug auf Lohnschutz, Zuwanderung, den Strom und die Art des Referendums konnten der Öffentlichkeit präsentiert werden, frohlockte die Landesregierung aber.

Einfache Fragen, was die Schweiz mit der EU verhandelt hat, lassen sich damit nicht beantworten, weil in vielen Details «Wenn und Aber» versteckt sind.

Seco spricht Klartext

Die EU ist mit einem Anteil von rund 53 Prozent am Waren- und Dienstleistungshandel die mit Abstand wichtigste Handelspartnerin der Schweiz. Der EU-Binnenmarkt ist einer der grössten Binnenmärkte der Welt.

Die bittere Wahrheit zum Schweiz-EU-Abkommen sprach aber die Staatssekretärin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), Helene Budliger Arieda, an der stundenlangen Medienkonferenz am Freitagabend doch noch aus.

US-Strafzölle sind ähnlich

Jeder, der einen grossen Markt anzubieten habe, will für dessen Nutzung etwas haben, sagte sie in ihrer gewohnt bodenständigen Art.

Die Inder wollen von den Efta-Staaten beim Freihandelsabkommen, dass die Schweiz zusammen mit Island, Norwegen und Liechtenstein 100 Milliarden Dollar investieren und 1 Million neue Jobs schaffen, erklärte sie.

Und auch die USA verlangten über die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump in gewisser Weise ihr Eintrittsgeld zum Binnenmarkt, hiess es weiter.

Von China sei der Betrag noch nicht bekannt, sagte die Seco-Staatssekretärin.

Einpendeln bei 1 Milliarde Franken

Die EU hat mit dem Vertragspaket quasi ihr Preisschild für die Schweiz auf den Tisch gelegt.

Im Vernehmlassungsbericht ist von jährlichen Kosten für die Schweiz von 1,4 Milliarden Franken die Rede.

Dabei sind nicht nur Kohäsionszahlungen von 350 Millionen Franken pro Jahr enthalten. Zieht die Schweiz von der EU etwa Fachkräfte an, soll sie ruhig auch für dessen Ausbildung indirekt etwas bezahlen.

Medienkonferenz der Schweiz zu den EU-Verhandlungen
Aussenminister Ignazio Cassis und Seco-Chefin Helene Budliger Arieda vor den Medien. (Bild: muula.ch)

Der Schweizer Betrag an die EU sinkt später auf rund 1 Milliarde Franken pro Jahr und damit darf die Schweiz die EU-Staaten im vereinfachten Export mit ihren Waren und Dienstleistungen beglücken.

Im Verhältnis zu Indien scheint es billig, zumal die EU kulturell und im Lebensstandard näher beieinander liegen.

Bern holt das Beste heraus

Dem Schweizer Volk wird es mit der Kennzahl zum Preis quasi einfach gemacht.

Glauben die Menschen hierzulande, dass es attraktiv ist, auf dem EU-Markt für dieses Geld dabeizusein, stimmen sie den Vorlagen zu. Die Schweizer Verhandlungsdelegation in Brüssel wird dabei schon das Beste für das Land bei Zuwanderung, Strom, Luftverkehr & Co. herausgeholt haben.

Andernfalls sagen die Menschen Nein zu Brüssel und werden sich in den Papierbergen viele Punkte finden lassen, bei denen sie die Nase rümpfen können.

Ein Unterwerfungsvertrag für die Schweiz, wie die rechte SVP immer wieder zu dem EU-Verhandlungspaket sagt, sei es auf keinen Fall, betonte der Bund gleich mehrfach.

16.06.2025/kut.

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