Energetischer Starrsinn kostet Schweizer viele Millionen

Der Bund hat mit einem starren Verfahren viel zu viel Geld seiner Bürger ausgegeben. Die Zeche kommt mit der Stromrechnung.

Es wäre gut, wenn in manchen Schweizer Behörden mehr ökonomischer Sachverstand herrschen würde.

Dies wird klar, wenn man auf die Beschaffung der Winterstromreserve schaut.

Viele Interessenten

Die dritte und letzte Runde der Ausschreibung für die Wasserkraftreserve für den Winter 2024/2025 wurde am heutigen Donnerstag abgeschlossen, teilte die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom mit.

Bei der von Swissgrid durchgeführten dritten Ausschreibung für die Wasserkraftreserve seien 115 Gebote mit total 373 GWh von unterschiedlichen Anbietern eingereicht worden, hiess es.

Die ElCom habe entschieden, Angeboten mit insgesamt 105 GWh den Zuschlag für die Vorhaltung der Wasserkraftreserve zu geben, erklärte die Behörde.

36 Prozent an Preiserhöhung

Die Kosten für die beschaffte dritte Teilmenge betrugen 7,6 Millionen Euro, was einen Anschaffungspreis von 72,28 Euro/MWh im Schnitt ergibt. 

Dies lässt aber aufhorchen, denn bei der ersten Tranche vor wenigen Tagen musste der Bund nur 53,17 Euro/MWh und bei der zweiten Tranche 68,20 Euro/MWh zahlen, wie muula.ch berichtete.

Diesmal sind es also rund 36 Prozent an Mehrkosten als noch vor kurzer Zeit.

Betonung liegt auf «noch»

Parallel zum Ausschreibungsprozess erstellte Analysen zeigten, dass sich die Kosten für die beschaffte dritte Teilmenge durch die Preiserwartungen am Strommarkt noch erklären liessen, rechtfertigte die Behörde die Preissteigerung.

Die Betonung liegt wohl auf dem Wörtchen «noch», denn der Preis ist horrend.

Faule Ausrede?

Die in den drei Ausschreibungsrunden beschaffte Menge beläuft sich auf 250 GWh – anvisiert wurde ein Gesamtvolumen von 300 GWh mit einer Toleranz von +/- 100 GWh.

Damit liegt die nun beschaffte Menge im unteren Bereich der vorab bestimmten Eckwerte für die Wasserkraftreserve.

Der Entscheid durch die ElCom erfolgte aufgrund einer Kosten-Nutzen-Abwägung:

Einerseits kann die angestrebte Resilienz bei der Versorgungsstabilität dank des beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien und unter Berücksichtigung der thermischen Reserve mit der nun beschafften Menge erzielt werden.

Andererseits hätte eine höhere Reservemenge hohe Zusatzkosten verursacht.

Die Rechtschreibfehler an der Stelle im Communiqué des Bundes zeigen, dass die Ausrede wohl noch rasch hinzugefügt wurde.

Stromkonzerne lernen dazu

Der Bund hat im Namen seiner Bürger 16,5 Millionen Euro ausgegeben, die nun auf die Stromrechnungen der Haushalte umgelegt werden. Swissgrid schlägt dies einfach auf den Netztarif drauf.

Doch vergleicht man das starre Verfahren im Vorjahr mit der Preisentwicklung in der aktuellen Kaufperiode, fällt ein grosser Unterschied auf.

Im Vorjahr konkurrierten sich die Firmen im Laufe der drei Tranchen nach unten. Diesmal ging es nur bergauf.

Das ist auch logisch, denn die Anbieter lernen dazu.

Wer bei der Beschaffung der dritten Tranche unbedingt Winterstrom braucht, wird den zu höheren Preisen zukaufen.

Stufenweise Mehrkosten

Am besten wäre es wohl gewesen, gleich bei der Anschaffung der ersten Teilmenge die gesamten 300 GWh zu beschaffen.

Es hätte die Schweizer sicher viele Millionen weniger gekostet, weil die Firmen das Verfahren nicht antizipiert hätten.

Wer vom ersten auf den zweiten Teileinkauf schon mal bereit ist, 28 Prozent mehr zu bezahlen, wird im letzten Bieterverfahren, wo die Beamten die Mindestmengen vom Bundesrat einkaufen müssen, sicher nochmal tiefer in die Taschen greifen. 

Dann ging es gleich nochmal um sechs Prozent beim Preis nach oben.

Irrationale Vorgehensweise

Im dritten Bieterverfahren waren die Angebotspreise dann aber selbst für die Behörde zu hoch und sie limitierte mit dem Argument die Anschaffungsmenge, die Schweiz hätte für den kommenden Winter eigentlich schon genug vorgesorgt.

Der Bund hätte viel irrationaler zukaufen müssen, damit die Firmen die Einkaufsstrategie nicht antizipieren können.

Die Schweizer Nationalbank SNB lässt sich bei ihren Marktinterventionen beispielsweise nicht in die Karten schauen, damit die Marktteilnehmer die Kauf- oder Verkaufsabsichten der Zentralbanker nicht antizipieren können.

Den Beamten beim Strom ist dies oft zu mühsam und sie setzen auf das starre Prozedere. Das kostet eben Geld – doch es müssen ohnehin nicht die Beamten voll zahlen, sondern das gemeine Volk.

Ausser Spesen nichts gewesen

Die Energiereserve kommt dann zum Einsatz, wenn der Markt die Nachfrage von Anfang Februar 2025 bis Mitte Mai 2025 nicht mehr decken kann.

Die Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid ruft dann die notwendige Reserve ab.

Vielleicht braucht es das Ganze gar nicht – dann ist Mitte Mai 2025 die Vorratshaltung vorbei und die Millionen waren alle umsonst ausgegeben.

29.08.2024/kut.

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