Das Bundesgericht musste einen kniffligen Fall lösen. Dabei ging es um eine Patek Philippe von John Lennon und einen Uhrennarren aus Hongkong.
Juristen sind oftmals Detektive.
Das zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichts zu einem spektakulären Raub einer Luxusuhr.
Geschenk kurz vor Ermordung
Die japanische Künstlerin und einstige Ehefrau von John Lennon kaufte im Jahr 1980 bei Tiffany in New York eine Schweizer Luxusuhr der Marke Patek Philippe.
Diese schenkte sie dem Beatle am 9. Oktober 1980 zu seinem 40. Geburtstag.
Am 8. Dezember 1980, also zwei Monate später, wurde der Beatle John Lennon vor seinem Haus in New York ermordet.
Verkauf in Berlin
Die Patek Philippe 2499 in 18-karätigem Gelbgold wurde in einem fast 1000-seitigem Inventar der Gegenstände des Verstorbenen aufgelistet und ging an Yoko Ono als Erbin über.
Danach gehen die Erzählungen der Beteiligten auseinander.
Ein Chauffeur türkischer Nationalität, der Yoko Ono auch schon erpresst hatte und verurteilt worden war, sagt, er habe die Uhr geschenkt bekommen.
Danach verkaufte er sie 2014 bei einem kleinen Auktionshaus in Berlin an einen berühmten Uhrsammler.
Protest gegen den Verkauf
Yoko Ono sagt aber, sie habe diese Uhr, die sogar eine besondere Gravur auf der Rückseite für einen besonderen Erinnerungsmoment trägt, nie hergegeben.
Der Uhrsammler, ein Italiener, der in Hongkong lebt, reichte die Uhr im selben Jahr des Kaufes bei Christie’s in Genf zur Schätzung ihres Wertes ein.
Davon erfuhr Yoko Ono, die bis dahin keine Kenntnis davon gehabt hatte, dass sich die Uhr nicht mehr in ihrem Besitz befand.
Sie protestierte umgehend gegen den Verkauf.
Beschwerden über Beschwerden
Der Sammler erhob 2018 in Genf eine Klage auf Feststellung seiner Eigentümerschaft, der sich Yoko Ono aber widersetzte.
Das erstinstanzliche Genfer Gericht stellte 2022 fest, dass Yoko Ono die alleinige Eigentümerin der Uhr sei, was das Kantonsgericht des Kantons Genf auf Berufung des Sammlers im Jahr 2023 bestätigte.
Das Bundesgericht, das nun in detektivischer Kleinarbeit den ganzen Fall aufrollen musste, wies die dagegen erhobene Beschwerde des Sammlers ab, wie es in einem Communiqué mitteilte.
Unbestritten sei zunächst, dass das Eigentum an der Uhr nach dem Tod von John Lennon durch Erbschaft an Yoko Ono übergegangen ist, erklärte das höchste Gericht der Schweiz.
Guter Glauben zieht nicht
Sodann durfte das Genfer Kantonsgericht willkürfrei davon ausgehen, dass die Uhr vom ehemaligen Chauffeur gestohlen wurde.
Umgekehrt spreche nichts dafür, dass Yoko Ono dem Chauffeur dieses einzigartige Stück, welches sie John Lennon zwei Monate vor seinem Tod mit einer Inschrift versehen überreicht hatte, hätte schenken wollen.
Da es sich bei der Uhr somit klar um eine gestohlene Sache handelt, konnte der Sammler und heutige Beschwerdeführer bei ihrem Erwerb 2014 in Deutschland nicht unmittelbar zum Eigentümer werden.
Dies gelte gemäss dem anwendbaren deutschen Recht unabhängig davon, ob der Erwerber in Bezug auf die Herkunft der Sache in gutem Glauben war, so das Bundesgericht.
Besondere Klausel
«Der Verkauf unterliegt der schriftlichen Zustimmung des derzeitigen Eigentümers», hatte der Sammler in Berlin sogar noch vereinbart, wie aus dem Urteil des Bundesgerichts weiter hervorgeht.
Da Yoko Ono die Eigentümerin war und ist, kam der Verkauf also nie zustande. Der Vertrag sah sogar ausdrücklich die Möglichkeit eines Eigentumsanspruchs durch Yoko Ono vor.
Und die Uhrfirma Patek Philippe, das mit der ganzen Sache eigentlich gar nichts zu tun hatte, stand nicht abseits.
Es stellte sogar eine Bescheinigung über die Echtheit der Luxusuhr aus seiner Manufaktur aus, wie aus den Gerichtsunterlagen weiter hervorging.
Wartezeit hätte geholfen
Das deutsche Recht lässt keine Art des Erwerbs einer gestohlenen oder verlorenen Sache in gutem Glauben zu, hiess es klar vom Bundesgericht.
Einzige Ausnahme der Deutschen sei die sogenannte Erwerbsverschreibung.
Wenn ein gutgläubiger Erwerber etwa eine Immobilie zehn Jahre lang friedlich besessen hat, werde er zum Eigentümer. Diese Norm gilt auch für gestohlene Dinge.
Demnach hätte der Uhrensammler einfach länger mit der Anfrage nach einer Schätzung der Patek-Philippe-Luxusuhr bei Christie’s warten müssen.
Doch nun hat er alles verloren und Yoko Ono erhält mit der Hilfe des Bundesgerichts die vor Jahrzehnten gekaufte Uhr zurück.
Dank der Detektivarbeit der Juristen.
16.11.2024/kut.