Economiesuisse redet Klartext

Buchstaben und Symbole von Währungen und Rechenzeichen in verschiedenen Farben
Economiesuisse ordnet die Entwicklungen in einer komplexen Welt ein. (Bild: T. Barbhuiya / unsplash)

Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft Economiesuisse nennt die grössten Risiken der Konjunktur. Doch die sind anders als man denkt.

Was sind die grössten Sorgen der Schweizer Wirtschaft?

Dies fragt regelmässig der Dachverband Economiesuisse und leitet daraus seine Wirtschaftsprognose ab.

Zunahme der Bürokratisierung

Im laufenden Jahr soll das Bruttoinlandprodukt BIP der Schweiz weiterhin um 1,1 Prozent wachsen, bevor es 2025 um 1,4 Prozent steigt, wie die Interessenvertretung der Schweizer Wirtschaft die neuesten Prognosen vor den Medien in Zürich bekanntgab.

Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch nahm dabei aber auch kein Blatt vor den Mund.

Grafik zur Entwicklung des Welthandels
Der Welthandel stagniert. (Bild: PD)

Während die Schweiz jahrelang puncto Bürokratie noch besser war als andere Länder, sei sie nun komplett auf den administrativen Holzweg eingeschwenkt, was mehr Aufwand für die Firmen bedeute.

Das Wachstum des öffentlichen Konsums dürfte dieses Jahr nach einem Sparkurs 2023 auch wieder anziehen.

Frankenstärke kein Problem

Im Sorgenbarometer der Unternehmen landete der Punkt Bürokratie bereits mit fast 10 Prozent auf dem dritten Rang der grössten Konjunkturrisiken – nach geopolitischen Spannungen und einer schwachen Nachfrage.

Die Über(Regulierung) gewichteten die Unternehmen gleichauf mit höheren Energie- sowie Rohstoffpreisen, aber sogar höher als etwa den Fachkräftemangel oder den Wechselkurs zum Schweizerfranken.

EU-Thematik übertrieben?

Interessant an der Umfrage war aber auch, dass von den Firmen ein gutes Verhältnis zur EU nicht als grösseres Konjunkturrisiko beziehungsweise als aktuelles Problem gesehen wurde. Insofern wird das Thema vielleicht übertrieben.

Klartext sprach Economiesuisse-Chefökonom aber auch, als es um die Teuerung ging.

Vergleich der Frachtraten von Südkorea in die Welt
Europa leidet am stärksten. (Bild: PD)

Die Angriffe der Rebellen auf Containerschiffe hätten wieder einmal Europa am stärksten negativ getroffen.

Weder für Japan, China noch die USA hätten sich beispielsweise die Frachtpreise von Südkorea so stark verteuert wie für Europa.

Services treiben Inflation

Die Teuerung sei auch von einer Güterinflation zu einer Dienstleistungspreisinflation geworden, erklärte Minsch weiter. Die Entspannung bei den Lieferketten sei nunmehr einer Angst vor der Lohn-Preis-Spirale bei Services gewichen.

Diese Entwicklung könnte man ganz genau an den USA und weiteren Ländern ablesen. Für die Schweiz erwartet der Dachverband der Wirtschaft eine Inflationsrate von 1,7 Prozent in diesem Jahr und 1,4 Prozent in 2025.

Im Gegensatz zu den USA oder der Euro-Zone liegen die Inflationsraten in der Schweiz, auch die Kerninflation, innerhalb des Zielbandes der Schweizerischen Nationalbank SNB.

Interessant ist, dass die Kerninflation nur in der Schweiz unter der Inflationsrate liegt, was zeigt, dass nur die SNB etwas Raum für Zinssenkungen hat.

Nur Windrädchen gehen nicht

Auf die Frage von muula.ch, was Europa besser machen könnte, nannte Economiesuisse-Chefökonom, dass die Bürokratisierung sehr stark zugenommen habe und dies Wachstum in Europa koste.

Wirtschaftswachstum mit ein paar Windrädchen zu erreichen, sei zudem utopisch, machte es Minsch plastisch klar.

Auch bei der Regulierung von Zukunft, wie der Quantentechnologie oder der Künstliche Intelligenz, würge Europa die Entwicklungen quasi selbst ab.

Vernichten von Volksvermögen

Selbst die Energiepolitik basiere auf Wunschträumen und müsste Europa klar verbessern. Deutschland stellte beispielsweise Atomkraftwerke ab und vernichtete damit regelrecht Volksvermögen.

Die hohen Energiepreise und die Verfügbarkeit von Strom seien damit aber nicht gelöst.

Doch neben attraktiven Standortbedingungen und mehr unternehmerischen Freiräumen warnte Minsch noch vor einer Entwicklung.

Verlagerung von Fabriken

Das Klimaziel Netto-Null zu erreichen, könne nicht bedeuten, dass Unternehmen die CO2-Emissionen im Inland reduzieren, indem sie ihre Produktionen, wie etwa Vetropack, ins Ausland verlagerten.

Es ist also kein gangbarer Weg, die Deindustrialisierung einem Klimaziel vorzuziehen. Bleibt zu hoffen, dass diese Botschaft von Economiesuisse auch in den entsprechenden Kreisen ankommt.

06.06.2024/kut.

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