
Mechanische Uhren sind im digitalen Zeitalter begehrte Wunderwerke der Technik. Dies zeigen gerade die Amerikaner den Schweizer Herstellern.
Nur wenige Schweizer Uhrenmanufakturen haben die Zeichen der Zeit erkannt.
Noch viel zu viele Firmen der Traditionsbranche versuchen, Begehrtheit durch aussterbende Printzeitungen, ungeeignete Stars und Events sowie Hochglanzbroschüren zu erzeugen.
Selbst Hongkong im Sinkflug
Dabei zeigt die aktuelle Entwicklung, wohin der Zug fährt.
Die Exporte der Schweizer Uhrenbranche in die USA erhöhten sich mitten in einer schweren Krise um 5 Prozent auf 4,4 Milliarden Franken, wie der Uhrenverband diese Woche bekanntgab.
Die Amerikaner kommen bereits auf einen Marktanteil von fast 20 Prozent bei Schweizer Zeitmessern.
Der Exportmarkt China sackte dagegen im vergangenen Jahr um 26 Prozent auf gerade noch 2 Milliarden Franken ab.
Die Ausfuhren der Schweizer Uhrenmanufakturen in die Sonderverwaltungszone Hongkong reduzierten sich zudem um 18,7 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Franken.
Boom in Mexiko
«Bei den Uhren mit einem Exportpreis von unter 3000 Franken sank der Exportumsatz um 15,6 Prozent», führte der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie weiter aus.
Das Preissegment darüber legte aber um 1 Prozent zu. Es sind also die Billigzeitmesser, die vor allem kriseln. Die Ausfuhren von Stahluhren sanken 2024 um fast 10 Prozent.
Am dynamischsten zeigte sich 2024 der amerikanische Kontinent und legte um 5,4 Prozent zu, lobte allerdings die Interessenvertretung.
Selbst kleinere Märkte, wie Mexiko, erhöhten sich mit Produkten von Rolex, Omega & Co. um gute 16 Prozent auf 337 Millionen Franken.
Nur Zeitanzeige unnötig
Japan, das Land, das derzeit einen Touristenboom erlebt, erhob sich für die Schweizer Uhrenbranche zum drittwichtigsten Markt.
Mit den guten Touristeneinkäufen erhöhten sich die Schweizer Uhrenexporte um 7,8 Prozent in das Land der aufgehenden Sonne und kam auf einen Exportabsatz von 2 Milliarden Franken. Das ist genauso viel wie China.

Warum boomen Schweizer Zeitmesser jenseits des japanischen Meeres oder jenseits des Atlantiks, aber warum nicht in einem Land mit 1,4 Milliarden Menschen?
Klar, Chinesen schauen auch nicht auf ihr Handgelenk, um die Uhrzeit zu wissen, sondern genau wie die Amerikaner auf ihr Smartphone.
Eine mechanische Schweizer Uhr muss daher Anderes als die Zeitanzeige bieten.
Umweltfreundlicher Wertgegenstand
Produkte haben bekanntermassen Eigenschaften, doch Menschen haben Bedürfnisse. Dies können Firmen nur über Nutzen verknüpfen.
Doch welchen Nutzen stiften Schweizer Zeitmesser? Wer dies verstanden hat, ist auch während einer Krise oder einem Wandel im Markt erfolgreich.
In den USA sind quasi alle Grosskonzerne um Apple, Nvidia, Amazon & Co. keine 50 Jahre alt. Amerikaner bewundern dagegen Traditionsfirmen aus Europa, die, wie Schweizer Luxusuhren, viele hundert Jahre überlebt haben. Solche Unternehmen begeistern.

Hinzu kommen die mechanischen Finessen und die Technologiewunder in elegantem Design. Auch brauchen die Edelticker keine Batterien – was sehr umweltfreundlich ist.
Wer sich eine Rolex, Patek Philippe, Audemars Piguet kauft, erwirbt obendrein nicht selten einen Wertgegenstand. Die Weitergabe an die nächste Familiengeneration löst einen Kaufrausch aus.
US-Präsident Trump macht es vor
Hinzu kommt aber auch, dass die Amerikaner mittlerweile in den Sozialen Medien über eine gesunde Fangemeinschaft an mechanischen Luxusuhren verfügen.
Zeigt sich Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit einer seltenen Luxusuhr von Greubel Forsey aus La Chaux-de-Fonds in der Öffentlichkeit, ist dies dort umgehend ein Gesprächsthema. Genau dort spielt mittlerweile die Musik.
So entstehen Begierde und ein Hype. Traditionsmedien greifen solche Themen gar nicht oder erst Wochen später auf.
Genau dies hat selbst der neue US-Präsident Donald Trump erkannt und tauscht im Weissen Haus klassische Journalisten gegen Tiktok- sowie Instagram-Stars aus und gibt neuen Plattformen eine Chance.
Hermès zeigt Weg für Messen
Und was macht Europa? Die Uhrenindustrie sieht eine Branchenmesse in Basel untergehen und macht mit den gleichen Rezepten der «Baselworld» in Genf weiter.
Der französische Luxusgüterkonzern Hermès zeigt aber mit einer Wandershow, bei der er den Besuchern die aufwändige Handarbeit für seine Produkte näherbringt, dass es auch anders geht.

Logisch geht Hermès mit der Show zu den Kunden und nicht wie bei der «Watches and Wonders» umgekehrt.
Mitleid mit Daniel Craig
Zum Verständnis der Lage braucht man auch nur auf die Luxusuhrenmarke Omega schauen, die zur Swatch Group gehört.
Sie hofierte an den Olympischen Spielen in Paris den sichtlich gealterten James-Bond-Darsteller Daniel Craig.
Doch dies erzeugte vielerorts eher Mitleid als einen Uhrenhype. Statt Muskeln, die vor Kraft aus dem Meer strotzen, gab es einen unrasierten alten Mann.
Patek-Philippe-Chef beleidigt
In Europa erfahren Youtuber, Instagram-Trendsetter & Co. auch, was es heisst, einen kritischen Beitrag über eine Uhrenfirma oder deren Produkte zu bringen.
Statt solche Portale finanziell zu unterstützen, schicken die Unternehmen ihre Anwälte und mahnen nicht selten wegen Kleinigkeiten ab.
Damit wird jegliche Auseinandersetzung mit der Materie unterdrückt, und es kann auch kein neuer «Wirbel» um mechanische Uhren entstehen.

Als es eine Kontroverse um die neue Patek-Philippe-Modellreihe «Cubitus» gab, beleidigte der Besitzer und Unternehmenspräsident Thierry Stern die Kritiker via einem treuen Print-Medium, wie muula.ch berichtete.
Hätten Kritiker eine «Cubitus» einfach mal ans Handgelenk legen können, hätten sie ihre Meinung wohl von selbst geändert.
Rolex zieht ominöse Schilder zurück
Langsam scheint sich aber auch in Europa die Einsicht durchzusetzen, dass alte Verkaufsrezepte, wie das Suggerieren von Knappheit, ausgedient haben.
Bester Beweis dafür ist, dass die Schilder «Nur Ausstellungstücke» aus den Schaufenstern der Rolex-Boutiquen verschwunden sind.
Kunden müssen die Uhren am Handgelenk spüren und für das Verkaufserlebnis in die Ladengeschäfte kommen. Arroganz kann sich da wohl selbst Rolex nicht mehr leisten.
Verlagerung der Produktion vermeiden
Erfolg können die Menschen in China aufgrund der kommunistischen Partei nicht durch Schweizer Luxusuhren zur Schau stellen. In den USA geht das schon.
Im Reich der Mitte braucht es daher andere Verkaufsrezepte, wie Sammelleidenschaft. Dies müssen die Schweizer Uhrenfirmen aber aufbauen, damit es Gewicht bekommt.
Und es darf keine Billigware «Made in China» sein, denn davon haben die Menschen vor Ort genug.
Neue Wege gehen
Die erfolgsverwöhnten Schweizer Uhrenmanufakturen müssen sich wieder auf Erfolge durch Innovationen, Raffinesse sowie herausragende Qualität konzentrieren und im Marketing neue Wege gehen.
Dann können sie an alte Höhenflüge anknüpfen.
Doch dies scheinen bisher nur die wenigsten Firmen der Uhrenbranche verstanden zu haben.
01.02.2025/kut.