Die Schweiz verliert ihren ökonomischen Verstand

Eine Schweizer Flagge über den Alpen
Die Schweiz muss wieder mehr auf ökonomische Realitäten schauen. (Bild: I. Tuor / pixabay)

Die Schweiz hat sich auf wirtschaftliche Irrwege begeben. Drei aktuelle Beispiele zeigen das Drama.

Die Schweiz ist eigentlich für ihren wirtschaftlichen Sachverstand bekannt.

Die Schuldenbremse, die Ablehnung von zu viel Ferien und die Absage an ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne Arbeitseinsatz zeigen, wie vernünftig das Land normalerweise agiert.

Hochpreisinsel festzurren

Doch nun hat die Schweiz den Weg der ökonomischen Vernunft verlassen.

Allen Klagerufen über die Hochpreisinsel, also über die teils exorbitant hohen Verkaufspreise in der Schweiz als in anderen Ländern, zum Trotz, will die Mehrheit den Freihandel weiter begrenzen und damit folglich weiterhin hohe Preise im Inland festzurren.

Am Freitag endete die Vernehmlassung zur Herabsetzung der Zollfreigrenze. Und siehe da, der freien Wahl, wo Schweizerinnen und Schweizer ihre Einkäufe tätigen sollen, wird auf die Sprünge geholfen.

Wettbewerb behindern

Die Zollfreigrenze für Einkäufe jenseits der Landesgrenze soll von 300 Franken auf 150 Franken – oder womöglich sogar auf 50 Franken – sinken.

Die App zur Verzollung von Einfuhren, die das Ganze administrativ in den Griff bekommen soll, ist für Private allerdings völlig unbrauchbar, weil die Zollverwaltung auf Lebensmittel einen zu hohen Mehrwertsteuersatz erhebt.

Wer die Hochpreisinsel Schweiz aber unter Druck bringen will, muss den Wettbewerb erhöhen und nicht schwächen.

Der Bundesrat leitete dieser Tage zudem den Auftrag für einen besseren Wettbewerb in der Schweiz ein. Dabei gab die Landesregierung den Beauftragten gleich über ein Jahr zur Erarbeitung von Vorschlägen an Zeit.

Eilig scheint es die Politik somit nicht zu haben, den Wettbewerb überhaupt anzukurbeln.

Druck auf Effizienz hochhalten

Die Schweiz will die Auslandskonkurrenz beim Shopping, aber auch auf Bahn- und Busstrecken sowie beim Fleischeinkauf, stets auf Distanz halten. Die Zeche bezahlen die Verbraucher mit überhöhten Inlandspreisen.

All die Inlandsanbieter sollten Konsumenten allerdings lieber mit einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen, sodass die Menschen die Schweizer Waren und Dienstleistungen vorziehen.

Mehr Geld für Millionäre

Das zweite, völlig abstruse Beispiel, wie sich die Schweiz verändert hat, ist die Abstimmung über die 13. AHV-Rente, wie muula.ch berichtete. Wenn der Staat mit der Giesskanne allen Pensionären 8,33 Prozent mehr zahlen soll, muss er das Geld dafür von den Menschen nehmen und die Abgaben erhöhen.

Es stösst dabei besonders negativ auf, dass selbst Millionäre eine zusätzliche 13. Maximalrente von aktuell 2450 Franken erhalten werden.

Also wie das Ganze finanzieren? Nun, da gehen die Meinungen erneut auseinander und zeigen die Schwächen der direkten Demokratie.

Das Volk entscheidet eben nicht immer logisch, wie die Verfechter von Volksabstimmungen weismachen wollen.

Junge zur Kasse bitten

Höhere Lohnbeiträge zur Finanzierung der zusätzlichen AHV-Rente belasten ausschliesslich die Erwerbstätigen und die Firmen. Das macht Arbeiten unattraktiver, weil es höhere Abzüge für Arbeitnehmer sowie die Unternehmen gibt. Dies schwächt die Wirtschaft.

Zudem gehen die geburtenstarken Jahrgänge nunmehr in Pension, weshalb weniger Menschen im Arbeitsleben den zusätzlichen Schluck aus der AHV für deutlich mehr Pensionäre bezahlen müssen.

Familien zahlen Pension

Erhöht man die Mehrwertsteuer zur Finanzierung der AHV-Rentenerhöhung, trifft es wiederum eher die Ärmeren, denn die Mehrwertsteuer bezahlen vor allem konsumstarke Familien. Einige argumentieren, mit einer Erhöhung der Konsumsteuer würden auch die Älteren zur Kasse gebeten.

Doch die tätigen kaum noch grössere Anschaffungen, was bei der Mehrwertsteuer ernsthaft ins Gewicht fallen würde.

Neue Steuer wirkt fatal

Den Linken schweben aber noch andere Ideen zur Finanzierung der 13. AHV-Rente vor – eine Kapitalgewinnsteuer, eine Finanztransaktionssteuer oder sogar eine Erbschaftssteuer.

Doch nur schon die Schwächen einer Finanztransaktionssteuer zeigen, wie absurd diese Vorschläge sind, wenn beispielsweise Abgaben auf den Kauf und Verkauf von Wertpapieren erhoben werden. Dann gehen Finanzmarktakteure einfach in ein anderes Land und die Schweiz verliert insgesamt.

Und spart jemand mit Aktien & Co. für die Altersvorsorge, würde die neue Finanztransaktionssteuer das Vorsorgesparen in der 2. und 3. Säule belasten. Es lohnt sich dann also weniger, selbst für das Alter vorzusorgen.

Logisches ablehnen

Es ist absurd, den Pensionären mehr zu geben und denjenigen, die für die eigene Pensionierung vorsorgen, mehr Geld aus der Tasche zu nehmen.

Rund 64 Prozent der Bevölkerung befürworten aber laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov genau diese Massnahme um eine Finanztransaktionssteuer, wie die «NZZ am Sonntag» in ihrer jüngsten Ausgabe berichtete.

Dies zeigt, wie verquer die Situation schon ist.

Die Schweiz lehnte auch ein höheres Rentenalter ab, das auf die höhere Lebenserwartung abstellt und zur nachhaltigen Sanierung der Alters- und Hinterbliebenenversorgung beigetragen hätte.

Dieser Volksentscheid verkennt ebenfalls ökonomische Realitäten.

Gigantische Risiken eingehen

Die dritte Sache, die zeigt, dass die Schweiz wieder mehr ökonomischen Sachverstand benötigt, ist die Milliardenakquisition der Swisscom in Italien, wo der Staatsbetrieb bereits Milliarden mit dem Fehlkauf Fastweb verbraten hat.

Allein der Wertzerfall des Euro brachte dem Unternehmen rund 2 Milliarden Franken an Verlust. Da sind die Milliardenabschreiber bei Swisscom auf Auslandsinvestments noch nicht einmal eingerechnet.

Andere arbeiten lassen

Im Fokus steht dabei aber die Privatisierung des Staatsunternehmens, an dem der Bund noch 51 Prozent hält.

In Zeiten klammer Staatskassen geht es eben an das Tafelsilber und mit dem Zukauf in Italien dürfte die Schweiz eher bereitsein, die Mehrheit an Swisscom abzugeben, wenn dort die Risiken in den Himmel schiessen.

Finanzministerin Karin Keller-Sutter dürfte dieser Verkauf der Swisscom-Mehrheit freuen, muss sie damit doch weniger Sparmassnahmen zur Einhaltung der Schuldenbremse umsetzen.

Die Finanzministerin setzt für Letzteres aber sogar einen externen Arbeitskreis ein, der ihr für Hunderttausende Franken weitere Sparvorschläge unterbreitet, was sie eigentlich selbst machen sollte.

Es könnten aber auch Keller-Sutters Finanzbeamte machen, die ohnehin für solche Aufgaben bezahlt werden.

Doch der Schweiz ist ja der ökonomische Sachverstand abhandengekommen.

18.03.2024/kut.

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