Die Mobiliar sollte sich einen neuen Finanzchef suchen

Mobiliar-Versicherung in Bern
Die Mobiliar-Versicherung hat eine 8-köpfige Konzernleitung. (Bild: PD)

Die Versicherungsgruppe Mobiliar hat einen enormen Gewinneinbruch verzeichnet. Die Ursachen dafür liegen fast ausschliesslich in einem Bereich und an der Konzernstruktur.

Die Berner Versicherungsgruppe Mobiliar, die als Genossenschaft organisiert ist, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Mega-Gewinneinbruch erlitten.

Das Jahresergebnis ging um 35 Prozent auf 311 Millionen Franken zurück, wie der Versicherer am heutigen Dienstag mitteilte.

Hunderte Millionen verpulvert

Hauptursache für den Einbruch trägt das Finanzergebnis, das um rund 60 Prozent auf 184 Millionen Franken regelrecht einbrach.

Die Gewinne aus Kapitalanlagen im Jahr 2021 von 266 Millionen Franken verwandelten sich im abgelaufenen Geschäftsjahr in Konzernverluste aus Kapitalanlagen von 95 Millionen Franken.

Das ist eine Verschlechterung von rund 360 Millionen Franken, die nun in der Kasse fehlen.

Vor allem bei Aktien und Fondsanteilen spiegelte sich die negative Marktentwicklung des schwierigen Börsenjahrs in hohen Abschreibungen, hiess es von der Versicherungsgruppe zur Begründung.

Brotkrumen an Kundschaft

Die Mobiliar hielt bereits 1939 – damals eine reine Sachversicherung – in ihren Statuten fest, was heute noch gilt: Die Versicherten werden mit Auszahlungen aus dem Überschussfonds am guten Geschäftsgang beteiligt.

Über die Verwendung der Mittel des Überschussfonds und die Begünstigung der Kunden entscheidet aber die Generalversammlung der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft, also der Sachversicherungsgesellschaft.

Auf diese Weise sollen ab Juli 2023 bis Juni 2024 insgesamt 195 Millionen Franken an die Versicherten zurückfliessen, hiess es weiter.

Schlechtes Händchen an Börse

Der Problembereich des Versicherers sind eindeutig die Kapitalanlagen und damit richtet sich der Blick hauptsächlich auf den Finanzchef der Gruppe.

Auf durchschnittlich investierten Kapitalanlagen zu Buchwerten von 19,7 Milliarden Franken wurde 2022 zwar eine Anlagerendite von 0,9 Prozent (Vorjahr 2,3 Prozent) erzielt.

Die Anlageperformance auf den Kapitalanlagen zu Marktwerten belief sich jedoch auf -8,5 Prozent (Vorjahr 4,1 Prozent).

Hohes Prämienwachstum

Sonst lief es bei der Mobiliar aber nicht so schlecht, wie dem Geschäftsbericht 2022 zu entnehmen ist.

Das Prämienvolumen im Nicht-Lebensgeschäft erhöhte sich um 4 Prozent auf 3,6 Milliarden Franken. Damit ist die Mobiliar stärker gewachsen als der Gesamtmarkt.

Und im Lebengeschäft erhöhten sich die Bruttoprämien um 10,8 Prozent auf fast eine Milliarde Franken.

Riskante Anlagen

Allerdings haute die Negativ-Performance bei den Kapitalanlagen in beiden Segmenten voll rein, was besonders ärgerlich ist.

Im Nicht-Lebensbereich ging es beim Finanzergebnis um 56 Prozent auf bloss noch 118 Millionen Franken nach unten. Das sind schon gigantische Einbrüche, die auf eine riskante Allokation der Kapitalanlagen zurückgehen dürften.

Der kombinierte Schaden-Kosten-Satz verschlechterte sich zwar um rund 1 Prozentpunkt; er liegt aber immer noch bei guten 93,5 Prozent.

Leben mit Puffer

Im Lebens-Segment ging das Finanzergebnis sogar um 65 Prozent auf 65 Millionen Franken nach unten.

Das Betriebsergebnis gab aber nur um 11 Prozent auf 38 Millionen Franken nach, weil im Lebensbereich die Versicherungsnehmer bekanntermassen an den Verlusten beteiligt werden.

Viele Verantwortliche

Letztlich zeigt sich am komplizierten Organigramm der 8-köpfigen Mobiliar-Geschäftsleitung, dass es für Externe schwierig ist, die zersplitterte Verantwortung klar nachzuvollziehen.

Die ganze Verantwortung am Markt wird unter einer Leiterin Geschäftsentwicklung, einem Leiter Versicherungen, einem Leiter Vorsorge und einem Leiter Markt Management aufgeteilt.

Dazu gibt es wohlgemerkt noch eine Konzernchefin.

Separates Asset Management

Und was der bereits seit 2004 amtierende Finanzchef der Mobiliar Peter Brawand an den Gewinneinbrüchen konkret zu verantworten hat, ist ebenfalls nicht zu 100 Prozent klar.

Schliesslich gibt es noch den Bereich Asset Management, den seit 2014 Sven Rump auf gleicher Stufe wie der Finanzchef verantwortet.

Eventuell braucht die Mobiliar-Versicherungsgruppe damit bei Markteinbrüchen viel zu lange, um Positionen zu schliessen.

IT auch noch separat

Die Verantwortung des Finanzchefs bei der Mobiliar wiegt aber umso schwerer, als ein Finanzchef bei anderen Gesellschaften auch noch andere Bereiche, wie etwa die IT, betreut. Bei der Mobiliar gibt es für die IT aber sogar noch ein eigenes Geschäftsleitungsmitglied.

Vielleicht braucht es da, so scheint es für muula.ch, einfach mal neuen Wind im Finanzbereich – und eine deutlich schlankere Konzernstruktur.

Nur Rückgang von 7 Prozent

Zum Vergleich: Bei der Basler Versicherungsgruppe Baloise gibt es zwar Aktionäre, die genau auf die Finanzen schauen.

Doch die fünfköpfige engere Konzernleitung bringt auch fast doppelt so viel Prämienvolumen, einen deutlich besseren Schaden-Kosten-Satz im Sach-Geschäft sowie einen Konzerngewinn von 588 Millionen Franken auf die Waage. Letzter ist im abgelaufenen Geschäftsjahr nur um 7 Prozent zurückgegangen.

Von all solchen Zahlen ist die Mobiliar meilenweit entfernt.

Aber eventuell wissen die meisten Eigentümer-Genossen nichts davon.

04.04.2023/kut.

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