Die Fifa kehrt zu intransparenten Kunstgriffen zurück

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Die Fifa fällt völlig überraschend Entscheide von grosser Tragweite. (Bild: PD)

Der Weltfussballverband Fifa hatte sich auf einem guten Pfad zu mehr Transparenz befunden. Nun geht es wieder ins Gegenteil.

Der Weltfussballverband Fifa hat die Welt am heutigen Mittwoch mit grossen Nachrichten und weitreichenden wirtschaftlichen Folgen überrascht.

Die Fifa Fussball-Weltmeisterschaft wird sich 2030 auf drei Kontinente und sechs Länder erstrecken und die ganze Welt dazu einladen, das 100-Jahr-Jubiläum hochleben zu lassen.

Komische Prozedur

Der Fifa-Rat habe einstimmig beschlossen, die Ausgabe im Jahr 2030 an die drei alleinigen Bewerber aus Marokko, Portugal und Spanien zu vergeben, teilte die in Zürich beheimatete Organisation mit.

Die drei Länder seien automatisch für das Turnier qualifiziert. Ein Hintertürchen liess sich die Fifa noch offen – der Beschluss gelte nur, sofern die Kandidatur das von der Fifa organisierte Bewerbungsverfahren erfolgreich abschliesse und vom Fifa-Kongress 2024 bestätigt werde.

Eigentlich müsste der Entscheidungsprozess umgekehrt – als nun geschehen – laufen.

Logistischer Blödsinn

Angesichts des historischen Kontexts der ersten Fifa Fussball-Weltmeisterschaft, die 1930 in Uruguay stattfand, beschloss der Fifa-Rat ferner ebenfalls einstimmig, in der Hauptstadt Montevideo eine einzigartige 100-Jahr-Feier und in Uruguay, Argentinien und Paraguay drei WM-Spiele zu veranstalten.

Für das 100-Jahr-Jubiläum der Fifa Fussball-Weltmeisterschaft solle es eine grosse Feier in Südamerika geben, erklärte Fifa-Präsident Gianni Infantino weiter. Drei südamerikanische Länder (Uruguay, Argentinien und Paraguay) würden je ein Spiel der Fifa Fussball-Weltmeisterschaft 2030 ausrichten.

Das dürfte in Zeiten des Klimawandels sicher logistisch eine Herausforderung werden.

Das erste dieser drei Spiele werde aber sicher im Stadion ausgetragen, in dem alles begann – im Centenario-Stadion –, um das 100-Jahr-Jubiläum des Turniers standesgemäss zu feiern, hiess es.

Grosse Worte

«Der Fifa-Rat hat ebenfalls einstimmig beschlossen, dass nur die gemeinsame Kandidatur von Marokko, Portugal und Spanien für die Fifia Fussball-Weltmeisterschaft 2030 in Frage kommt», fügte der Fifa-Präsident hinzu.

Zwei Kontinente – Afrika und Europa – schlössen sich zusammen, indem sie nicht nur ein Fussballfest veranstalteten, sondern auch soziale und kulturelle Brücken bauten, hiess es weiter.

Mit all diesen Sachen hat der Weltfussballverband die Welt völlig überrascht.

Auf der Agenda, die erst gestern zur Fifa-Ratssitzung publiziert worden war, finden sich keine konkreten Angaben, dass am heutigen Mittwoch per Video-Konferenz die Entscheide mit grosser Tragweite getroffen werden sollen.

Allenfalls unter Punkt 4.7 «Future of calendar and competitions» könnten die wichtigen Entscheide zu Uruguay oder Afrika beziehungsweise zu Europa, die über Milliardenbudgets ihr Urteil fällen, behandelt worden sein.

Sponsoren im Boot?

Auch ist das Evaluationsverfahren alles andere als merkwürdig. Das Gremium, welches die Fifa in der Zeit zwischen den Vollversammlungen aller Länder vertritt, entschied einfach so. Die Entscheidungsgrundlage, ein transparentes Entscheidungsgerüst, eine Diskussion im Vorfeld – alles Fehlanzeige.

Warum all dies so urplötzlich beschlossen wurde, erklärte die Organisation auch nicht.

Sponsoren, wie die Kreditkartenfirma Visa, der Sportartikel-Hersteller Adidas, der Coca-Cola-Konzern & Co. dürften ebenfalls vor vollendete Tatsachen gestellt worden sein.

Infantini macht wohl, was er will. Auch das Gremium des Fifa-Rates, was legitim sein soll, ist eigentlich für die Entscheide eine Farce.

Rechtsdienst nach Miami

Entschieden haben nämlich Länder wie Uruguay, Portugal, Marokko, Paraguay, die direkt betroffen sind.

Aber auch «bedeutsame» Staaten wie Vanuatu, Ägypten, Kuba, Fidschi, Bahrain, Turks- und Caicos, Mali, Sierra Leone, Laos, Malaysia, Benin, Nigeria, Slowenien, Südafrika, Ecuador, Philippinen, Kolumbien, Rumänien, Katar, Saudiarabien oder Zypern fällten die wichtigen Entscheide.

Was das soll, bleibt der Fifa ihr Geheimnis.

Unklares Vorgehen

Die Fifa wird seit dem Abtritt ihres alten Chefs, Sepp Blatter, also wieder intransparenter, wie man klar erkennen kann. Unter Blatters Leitung war mit öffentlichem Druck deutlich mehr Transparenz bei allen Abläufen erzielt worden.

Einen Teil der Organisation verlegte der Fussballverband zudem unlängst nach Miami; aber alles mit fadenscheinigen Begründungen.

Selbst der Rechtsdienst muss nun aus der Schweiz weg – keine Ahnung, wie die Fifa etwa die Prozesse mit dem Weltsportgericht CAS in Lausanne abwickeln will, wo es ständig Beschwerden und Verhandlungen gibt.

Und falls es eine Haussuchung in der Zürcher Zentrale gibt, kann die Fifa kaum auf ihre Hausjuristen aus Miami warten.

Aber vielleicht ist Intransparenz das neue Motto, denn mit der weltweiten Aufspaltung weiss niemand, wo beispielsweise welche Dokumente aufbewahrt werden.

Unsägliche Doppelvergabe

Doch damit ist noch nicht genug.

Gemäss den Grundsätzen der Rotation zwischen den Konföderationen sowie zwecks Sicherung bestmöglicher Austragungsbedingungen wurde des Weiteren beschlossen, die Bewerbungsverfahren für die Turniere 2030 und 2034 gleichzeitig durchzuführen.

Es gibt also wieder eine Doppelvergabe, die schon einmal stark kritisiert worden war. Für die Ausgabe 2034 würden die Fifa-Mitgliedsverbände der Gebiete der AFC und der OFC zum Bewerbungsverfahren eingeladen, hiess es lediglich. Warum, bleibt wieder ein Geheimnis.

Doch Doppelvergaben sollte es eigentlich gar nicht mehr geben, nachdem Korruptionsvorwürfe bei den gemeinsamen Vergaben der WM 2018 an Russland und der WM 2022 an Katar in die Kritik geraten waren.

Verhaftungen in Zürich

Der Garcia-Bericht, eines US-Juristen namens Michael J. Garcia, brachte tatsächlich viele Ungereimtheiten ans Tageslicht und die ganze Fifa-Organisation geriet ins Wanken.

Die Bilder der Verhaftung von Fifa-Funktionären in Zürich im Traditionshotel Baur au Lac gingen um die Welt.

Die Fifa braucht eigentlich bald wieder einen Skandal, damit sie sich auf alte Errungenschaften zur Transparenz besinnt. Ein neuer Präsident würde der Organisation wahrscheinlich dabei auch guttun.

04.10.2023/kut.

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