Es ist ein ungewöhnlicher Fall, der in Deutschland verhandelt wird. Der ABB-Konzern bestach offenbar nicht nur, sondern betrog sogar die Behörden.
Der auf Automatisierungs- und Energietechnik ausgerichtete ABB-Konzern hat seit Jahren einen mutmasslichen Bestechungsskandal in Südafrika am Hals. Doch dieser zieht immer weitere Kreise.
Antrag der Justiz
Nun wollen die Deutschen von dem Schweizer Konzern den Gewinn von 9.383.025 Euro einziehen, wie die Zeitung «Welt am Sonntag» in ihrer neuesten Ausgabe berichtete.
Das Verfahren gegen die deutsche Tochtergesellschaft des Schweizer Industriekonzerns ABB wegen Aufsichtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit einem mutmasslichen Bestechungsfall in Südafrika solle eingestellt werden, hiess es weiter.
Die Staatsanwaltschaft in Mannheim (D) habe nach Informationen der Zeitung einen entsprechenden Antrag beim Landgericht Mannheim eingereicht.
ABB ist einverstanden
Eine Busse will die deutsche Justiz wohl nicht verhängen. Allerdings beantragte die Staatsanwaltschaft Mannheim, den durch die mutmassliche Bestechung bei der deutschen Tochterfirma entstandenen Gewinn in Höhe von 9.383.025 Euro einzuziehen. ABB hat laut dem Antrag der Einziehung bereits zugestimmt.
«In Bezug auf die ABB AG wurde ein Antrag beim Landgericht Mannheim – Wirtschaftsstrafkammer auf Einziehung des Werts von Taterträgen gestellt», bestätigte die Staatsanwaltschaft Mannheim dem Blatt. Auch die genannte Höhe des Betrages sei zutreffend. Ein Entscheid stehe aber noch aus, erklärten die Justizbehörden weiter.
Frühere deutsche ABB-Mitarbeiter sollen Vertreter des staatlichen Energiekonzerns Eskom in Südafrika bestochen haben, um einen Teilauftrag beim Bau des Kohlekraftwerks Kusile zu erhalten. ABB hat die Korruptionsvorwürfe selbst angezeigt und eingeräumt.
Informationen zurückgehalten
Im Zuge einer Einigung mit US-Behörden erklärte sich ABB im Dezember 2022 zur Zahlung von 315 Millionen Dollar wegen des Korruptionsfalls bereit. Damals hoffte der Konzern, die Angelegenheit nicht nur in Südafrika und den USA, sondern auch in Deutschland «in naher Zukunft» beilegen zu können.
Offenbar gelang dies erst über ein Jahr später.
Es legten nämlich vertrauliche Dokumente, welche der «Welt am Sonntag» vorliegen, nahe, dass ABB entgegen den Kooperationsbeteuerungen nicht alle Informationen gegenüber den Behörden offengelegt haben könnte.
Mahnung an andere
Ein erstes Ermittlungsverfahren gegen einen der beschuldigten Ex-Mitarbeiter von ABB in Deutschland wurde inzwischen gegen Geldauflage eingestellt, bestätigte die Staatsanwaltschaft Mannheim.
Für andere Firmen muss dieser Fall eine Warnung sein. Nicht nur das Land, wo die vermeintliche Bestechung von Amtsträgern stattgefunden hat, spielt eine Rolle. Auch die USA und weitere Länder können die Unternehmen zur Verantwortung ziehen und Millionen verlangen.
17.02.2024/kut.