
Digitales Geld, das an echte Währungen gebunden ist, boomt. Nun kommen sogar Detailhändler auf den Geschmack von eigenen Stablecoins.
Die Margen im Detailhandel sind so gering, dass jeder gesparte Rappen zählt.
Die Firmen sind daher ständig auf der Suche nach Kosteneinsparungen, und nun scheinen sie eine Lösung im Zahlungsbereich gefunden zu haben.
Volatilität ausblenden
Und diese lautet Stablecoins, also Kryptowährungen, deren Preis an echte Währungen gebunden ist. Die berühmtesten Beispiele heissen Tether (USDT )oder USD Coin (USDC), was Stablecoins auf den amerikanischen Dollar sind.
Stablecoins sind im Hintergrund mit echten Vermögenswerten besichert und sollen zu ihrer Basiswährung möglichst nicht abweichen.
Daher wird automatisch oder aktiv im Hintergrund ein Abweichen vom Basiswert 1 zu 1 verhindert, was selbst in Stresssituationen an den Finanzmärkten recht gut gelingt. Daher kommt auch der Ausdruck «Stablecoin».
Sie eliminieren die hohen Schwankungen von Kryptowährungen um Bitcoin, Ethereum, Ripple & Co.
Doch sie haben ein Emittentenrisiko, weil man den Herausgebern der Stablecoins um die Firmen Tether oder Circle vertrauen muss, dass die Deckung korrekt abläuft.
Schockwellen bei Traditionsanbietern
In diese Situation kommen nun Detailhändler ins Spiel.
Der US-Einzelhandelsriese Walmart oder der Online-Händler Amazon, die schon immer gerne auch ins lukrative Bankgeschäft einsteigen wollen, experimentieren mit Stablecoins. Selbst Reiseanbieter wie Expedia und Fluggesellschaften prüfen derzeit den Einsatz von stabilen Digitalwährungen.
Dabei schwebt ihnen nicht nur die Nutzung von USDT, USDC & Co. vor, sondern die Grosskonzerne wollen sogar eigene Digitalwährungen lancieren, wie das «Wall Street Journal» in seiner Wochenendausgabe berichtete.
Dies würde Schockwellen durch das traditionelle Bezahlsystem senden, hiess es weiter. Schliesslich sind das keine kleinen Firmen und die Volumina wären gigantisch.
Visa, Mastercard und Amex ersetzen
Der Nutzen für die Detailhändler liegt aber auf der Hand. Pro Transaktion an den Supermarktkassen oder bei den Bestellungen fallen für die Händler meist hohe Gebühren an.
Da Millionen von Einkäufen bezahlt werden, wären selbst kleine Einsparungen besonders lukrativ.
Die Kreditkartenanbieter um Visa, Mastercard oder American Express hätten dann das Nachsehen.
Geld sofort auf dem Firmenkonto
Für die Händler hätten Digitalwährungen noch einen Vorteil, denn die Zahlprozesse würden schneller. Die Geschäfte müssten nicht mehr tage- oder wochenlang auf ihr Geld von den Zahlungsanbietern warten, sondern bekämen das Online-Geld sofort auf ihre Konten.
Auch bei der Warenbeschaffung dürften sich Stablecoins für Walmart, Amazon & Co. quasi direkt auszahlen.
Entfernte Lieferanten könnten sich kostengünstig mit den Digitalwährungen bezahlen, was die Abläufe effizient und die Zahlungen schneller sowie kostengünstiger als bisher werden lassen.
Kundenbindung digitalisieren
Schweizer Detailhändler um Migros, Coop, Manor, Globus, Denner & Co. stören zwar die hohen Transaktionsgebühren bei Bezahlvorgängen auch. Die Firmen setzen aber meist auf Schweizer Bezahllösungen, wie Twint, um die Kosten der Kreditkartenfirmen zu drücken.
In der analogen Welt kreierten Händler eigenes Schweizer Geld, wie das Beispiel der Basler Wir-Bank zeigt, das im Detailhandel eingesetzt wird.
Von Experimenten mit eigenen Kryptowährungen ist zwar derzeit nichts bekannt.
Allerdings gibt es bei Migros und Coop schon Ideen, die Kundenbindungsprogramme um Cumulus- und Superpunkte zu digitalisieren und als «Online-Geld» auf den Markt zu bringen.
Kundenvertrauen monetarisieren
Die US-Detailhändler sind da schon einen Schritt weiter. Ihnen schwebt bei den firmeneigenen Stablecoins sogar vor, dass die Kundschaft sie als Wertaufbewahrungsmittel nutzt.
Schliesslich geniessen die Anbieter hohes Vertrauen bei der Kundschaft. Da bietet es sich an, auch Spargelder anzulocken und warum nicht in der eigenen Währung?
Schweizer Nationalbank schläft
Die Grossbanken wollen dem bunten Treiben allerdings nicht zusehen.
Zahlreiche Geldhäuser experimentieren mit eigenen Digitalwährungen, inklusive der UBS mit UBS Cash.
Einzig die Schweizerische Nationalbank SNB will von dem Thema nichts wissen und hat keinen E-Franken in Planung.
Dies könnte nach hinten losgehen, nämlich dann, wenn ein Unternehmen oder die USA einfach einen Stablecoin auf Schweizerfranken herausgeben.
15.06.2025/kut.