Der Irrglaube an den Prämiendurchschnitt

Eine Familie mit einem Herzen drum herum
Eine fünfköpfige Familie muss für die Grundversicherung bei KluG fast 30.000 Franken bezahlen. (Bild: G. Altmann / pixabay)

Die Schweizer erhalten dieser Tage ihre Policen der Grundversicherung für das Jahr 2025. Der Schock über die Prämienerhöhungen sitzt oft tief.

Petra Schmied traut ihren Augen kaum, als sie auf die neue Versicherungspolice ihrer Krankenkasse schaut.

Satte 30 Prozent soll sie 2025 in der Grundversicherung mehr bezahlen, und kann es kaum fassen.

BAG schwafelt von 6 Prozent

Doch die Erhöhung der Krankenkassenprämien ist real.

Laut einer Auswertung des Vergleichsportals bonus.ch schwanken die Beiträge im kommenden Jahr zwischen -29 und +89 Prozent.

Petra Schmied, die in Wirklichkeit nicht so heisst, hatte also quasi noch Glück.

Das Bundesamt für Gesundheit BAG hat für 2025 eine durchschnittliche Erhöhung der Krankenkassenprämien um 6 Prozent angekündigt, wie muula.ch berichtete.

Trick mit hohen Zahlen

In der Realität wird eine grosse Anzahl von Versicherten wesentlich stärker betroffen sein, da rund 20 Prozent der Prämien um mehr als 10 Prozent steigen, wie aus der Analyse des Lausanner Vergleichsportals weiter hervorgeht.

Das BAG nimmt den Durchschnitt der Schweiz und bezieht sich auch auf die 300er-Franchise.

So klingt die Erhöhung nicht so dramatisch, denn die Prämien sind dann schon absolut viel höher als etwa bei der 2500er-Franchise.

Viele Versicherer sind illegal

Nach einer durchschnittlichen Erhöhung der Krankenversicherungsprämien um 6,6 Prozent im Jahr 2023 und um 7,8 Prozent im Jahr 2024 sollte die Schweizer Bevölkerung im Jahr 2025 nicht mit einer weiteren starken Erhöhung um über 6 Prozent konfrontiert werden.

Die Folge ist, dass viele Krankenkassen die Solvenzvorgaben des Gesetzes nicht mehr erfüllen, wie muula.ch als erstes Medium ebenfalls berichtete.

Eigentlich sind die Tarife viel zu niedrig.

Gesundheitskosten steigen weiter

Konkret heisst dies für das kommende Jahr, dass 31 Prozent der Prämien um mehr als 8 Prozent, rund 25 Prozent um mehr als 9 Prozent und zirka 20 Prozent um mehr als 10 Prozent steigen.

Zirka 10 Prozent der Krankenkassenprämien legen um mehr als 13 Prozent zu, während nur 6 Prozent der Prämien im nächsten Jahr sinken, rechnete bonus.ch vor.

Rund 75 Prozent der Schweizer haben aber schon ein alternatives Modell gewählt, bei dem die Grundversicherung einen Rabatt gewährt.

Doch da die Gesundheitskosten insgesamt weiter ungebremst steigen, müssen diese höheren Kosten auch mit Beiträgen eingenommen werden, was zwangsläufig bei den günstigeren HMO-, Hausarzt- und Telemedizin-Tarifen zu überproportionalen Prämienerhöhungen führt.

Wenig Ausgleich im Kollektiv

Hinzu kommt, dass die Schweiz viel zu klein ist, als dass in 26 Kantonen, teils mit mehreren Prämienregionen pro Kanton, ein Ausgleich im Versichertenkollektiv möglich wäre.

Wohlgemerkt gilt für Helsana, CSS, Sanitas, Visana, Swica & Co., dass sich Prämien und Kosten je Krankenkasse und Kanton die Waage halten müssen.

Hat ein Krankenversicherer in einem Kanton nur sehr wenige Kunden und kommt ein Hochkostenfall um Krebs, Schlaganfall oder Zuckerkrankheit hinzu, explodieren die Prämien für die Versicherten in diesem kleinen Bestand förmlich.

Gigantische Spannbreite

Daher sind auch extreme Unterschiede möglich. Zum Beispiel liegt dieser bei 110 Prozent für eine Person, die im Kanton Uri wohnt und eine Franchise von 2500 Franken ohne Unfalldeckung hat.

Die niedrigste Krankenversicherungsprämie liegt dort bei 230 Franken im Monat und die Höchste bei 484 Franken, wenn es sich um ein alternatives Modell handelt.

Beim traditionellen Versicherungsmodell beträgt der Unterschied zwischen der billigsten Kasse mit 274 Franken pro Monat und der teuersten Prämie mit 484 Franken immerhin noch 77 Prozent.

Hohn in Basel-Stadt

Jedes Jahr schiesst das von Lukas Engelberger geleitete Gesundheitsdepartement Basel-Stadt bei der Prämienbekanntgabe aber überhaupt den Vogel ab.

Der Kanton freut sich nämlich immer, dass das Betragswachstum unter dem Gesamtschweizer Durchschnitt liegt.

Wohlgemerkt liegt die Standardprämie im kommenden Jahr im Kanton Basel-Stadt bei hohen 668 Franken pro Monat.

Auch hat Basel-Stadt mit der Krankenkasse Sympany den Versicherer mit der wohl höchsten Verwaltungskostenquote der Schweiz in seinem Gebiet.

All dies als Erfolg zu feiern, ist eigentlich ein Hohn.

Nur die Versicherungspolice zählt

Die Versicherten können nun noch bis zum 30. November ihrer aktuellen Krankenkassen kündigen und auf 2025 einen neuen Grundversicherer wählen.

Je nachdem, wie dort das Kollektiv im kommenden Jahr sowie die Steigerung der Gesundheitskosten aussehen, steigen dann beim neuen Versicherer aber auch die Prämien munter weiter.

Dem Durchschnittswert des BAG darf Frau Schmied dabei ohnehin nicht vertrauen. Es zählt nur, was auf der Police steht. Und die flattert derzeit ins Haus.

09.11.2024/kut.

Der Irrglaube an den Prämiendurchschnitt

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