Mit steigendem Zinsniveau dürfte die Nachfrage bei Immobilien bald spürbar zurückgehen. Der Versicherer Helvetia nutzt da offenbar die Gunst der Stunde.
Wenn Firmen einen Börsengang planen, müssen Investoren meist besonders aufpassen.
Nur zu gut kennen die Alteigentümer nämlich das Geschäft und wollen sich daher vielleicht von den Geschäftsteilen trennen.
Gelegenheiten ergreifen?
Genau in diese Richtung könnten Transaktionen gehen, die derzeit am Schweizer Kapitalmarkt passieren.
«Durch den Kauf des Immobilienportfolios erhalten bestehende und neue Investoren des Helvetia (CH) Swiss Property Fund die Gelegenheit, am Wachstum eines profitablen Anlagegefässes zu partizipieren», teilte die Versicherungsgruppe Helvetia am Freitag freudig mit.
Im Einklang mit der Wachstumsstrategie des Helvetia (CH) Swiss Property Fund prüfe Helvetia Asset Management nämlich den Erwerb von acht hochwertigen Liegenschaften aus dem Portfolio der Helvetia Schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaft AG im Wert von rund 230 Millionen Franken, hiess es weiter.
Hohe Wertstabilität?
Das zu erwerbende Portfolio bestehe aus acht Liegenschaften in sieben Kantonen und zeichne sich durch eine auf die Anlagestrategie des Fonds abgestimmte Objekt- und Lagequalität mit hoher Ertrags- und Wertstabilität aus, wirbt der Versicherer.
Doch für den Kauf braucht der Fonds auch Geld und dies will er über eine Kapitalerhöhung beschaffen. Zur Finanzierung des Erwerbs der Liegenschaften sieht die Fondsleitung daher die Emission von neuen Anteilen im Umfang von rund 170 Millionen Franken vor.
Hauptsächlich Wohnimmobilien
Der Helvetia (CH) Swiss Property Fund ist ein vertraglicher Anlagefonds der Art Immobilienfonds für qualifizierte Anleger, welcher im Juni 2020 lanciert wurde. Das Liegenschaftsportfolio des Fonds besteht per 30. September 2022 aus 39 Liegenschaften mit einem Marktwert von rund 863 Millionen Franken.
Über 80 Prozent der Objekte sind Wohnimmobilien. Rund 8 Prozent sind Parkplätze, 4 Prozent sind Büro- und rund 3 Prozent sind Verkaufsräume. Die Hauptregionen sind Zürich mit 24 Prozent, die Nordwestschweiz mit 22 Prozent und die Ostschweiz mit 13 Prozent, wie aus den Fondsunterlagen hervorgeht.
Börse als Ziel
Nach der Kapitalerhöhung werde der Marktwert des Liegenschaftsportfolios bei rund 1,1 Milliarden Franken notieren und erfüllt damit die Voraussetzungen für eine Kotierung an der SIX Swiss Exchange.
Dieses vor der Lancierung des Fonds erklärte Ziel ist voraussichtlich im Nachgang einer weiteren Kapitalerhöhung vorgesehen. Es soll also eigentlich an die Börse gehen.
Im Frühjahr 2022 erfolgte aber bereits eine Kapitalerhöhung in Höhe von 210 Millionen Franken im Zuge dieser zehn Liegenschaften aus dem Bestand von Helvetia Versicherungen erworben werden konnten, steht zudem im Jahresbericht des Fonds, den muula.ch eigens angeschaut hat.
Zukäufe geben Grösse
Zur Entwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr hiess es zudem: «Aufgrund der vorherrschenden konjunkturellen Unsicherheit, gepaart mit steigenden Zinsen, haben kotierte Immobilienanlagen im laufenden Jahr starke Kursverluste notiert.
So haben sich die Agios der kotierten Immobilienfonds von 41.5 Prozent (31.12.2021) auf 12.8 Prozent (30.09.2022) zurückgebildet.
Das Wachstum des Verkehrswerts des Fonds war im abgelaufenen Jahr aber weitgehend auf den Kauf von 10 Liegenschaften im Frühjahr 2022 mit einem Wert von rund 300 Millionen Franken zurückzuführen gewesen.
Personelle Verquickung
Seit der Lancierung ging es rund 12 Prozent bei der Performance des Fonds nach oben. Jedoch zeigt sich bereits, dass die Entwicklung in den vergangenen drei Monaten bei -5 Prozent und der ausserbörsliche Kurs bei -10 Prozent war.
Und noch eine relevante Information gibt es im Jahresbericht. Helvetia Asset Management wird von Patrick Stampfli als CEO geleitet. Er ist aber gleichzeitig der Chief Operating Officer COO im Konzernbereich Asset Management der Helvetia-Gruppe.
Linke Tasche – rechte Tasche
Zwar werden die Immobilien von einem externen Schätzinstanz, hier Wüest Partner, bewertet. Jedoch liegt die Fondsleitung klar in der Hand von Helvetia. Die Fondsleitung bestätigt aber, dass Geschäfte mit Nahestehenden zu marktkonformen Bedingungen abgeschlossen wurden, schliesslich sind Käufer und Verkäufer der Immobilien ja jeweils die Helvetia-Gruppe.
Dies ist aber mit dem Segen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma unter bestimmten Bedingungen zulässig.
Und noch Aspekte spielen bei alledem eine Rolle. Für die Fondsverwaltung erhält Helvetia maximal 1 Prozent an Verwaltungskosten. Das fliesst also zurück in den Konzern.
Platzen von Blase?
Und bei den Kapitalerhöhungen bleibt zu hoffen, dass diese nicht durch Helvetia-Beteiligte erfolgen, weil sonst das Ganze ein vollkommenes Geschäft mit sich selbst wäre, bevor es dann an die Börse SIX geht.
Sollte dann tatsächlich eine Immobilienblase platzen, träfe es die Anleger dieses Vehikels und nicht mehr die Helvetia Versicherungen. Clever, oder?
Branche im Gleichschritt
Die Zurich Versicherung gab jedenfalls vor wenigen Tagen bekannt, dass sie mit einem Immobilien-Portfolio ebenfalls an die Börse strebt, wie etwa finanzen.ch berichtete. Vielleicht gibt es sogar einen Trend in der Assekuranz.
Wenn Alteigentümer sich von Sachen trennen, sollten Investoren aber gemäss der alten Weisheit immer genau hinschauen.
17.02.2023/kut.