
Ein Postulat fordert eine neue Umweltkennzeichnung für Lebensmittel. Der Bundesrat zieht sich mit unredlichen Argumenten aus der Affäre.
Braucht die Schweiz weitere Pflichtangaben auf Produkten?
Jeder vernünftige Mensch würde auf diese Frage wohl sofort «nein» sagen.
Verantwortung bei Firmen
Doch ein Postulat fordert, die Einführung einer CO2-Etikette für unverarbeitete Lebensmittel zu prüfen.
Der Bundesrat schmettert das Ansinnen nun zwar ab, lässt sich aber viele Hintertürchen offen.
Derzeit kann jedes Unternehmen seine eigene Produktumweltkennzeichnung mit eigenen Kriterien verwenden.
Der Vorteil dieser Variante bestünde darin, dass Firmen ihre Kennzeichnung entsprechend ihren finanziellen und personellen Ressourcen weiterentwickeln können, so die Landesregierung.
Späteres Aufleben möglich
Für den Bund entstehen dabei keine Kosten. Genau deshalb argumentiert der Bundesrat mit den leeren Staatskassen.
«Angesichts der finanziellen Lage des Bundeshaushalts hat die Ausarbeitung und Umsetzung solcher Minimalanforderungen in den nächsten Jahren keine Priorität», hiess es im Bericht zur Einführung von Mindeststandards für Produktumweltkennzeichnungen.
Dies impliziert allerdings, dass bei einer Besserung der Finanzlage ein Staatslabel denkbar wäre.
EU als Vorbild?
Auch das zweite Hauptargument, falls die EU eine solche CO2-Etikette einführe, «würde der Bundesrat eine eventuelle Übernahme prüfen», verfängt für die Schweiz nicht.
Firmen, welche die Europäische Union als Markt sehen, können die Vorgaben freiwillig nutzen, wenn sie einen Sinn darin erkennen.
Schweizer Vorgaben des Staates, die für alle Unternehmen und Märkte gelten würden, zielen dabei ins Leere.
Neue Handelshemmnisse
Obligatorische Umweltkennzeichnungen für Lebensmittel erhöhen zwar die Glaubwürdigkeit und die Vereinheitlichung am Markt brächte mehr Transparenz.
Doch die Kosten dafür müssten die Menschen tragen – einerseits beim Staat über Steuern und dann beim Produktkauf über die Preise.
Warum sollte die Schweiz aber die Wirtschaftsfreiheit einschränken? Genau dies würde passieren, wenn der Staat eine Kennzeichnungsform vorschriebe.
Weicht die Schweiz dabei von Gütesiegeln anderer Länder ab, könnte dies sogar als Handelshemmnis interpretiert werden.
Rationales spricht dagegen
Mal ganz davon abgesehen, dass bei Umweltfragen nicht nur das CO2 eine Rolle spielt, würde sich der Schweizer Staat mit Pflichtangaben obendrein in eine Haftung begeben.
Der Schweizer Staat müsste die Kennzeichnungen dann auch noch prüfen.
Der Bundesrat hätte klare Worte und rationale Argumente für eine Ablehnung finden können. Offenbar war ihm das zu heikel.
Check beim Orangen Riesen
Bei Migros gibt es derzeit beispielsweise das «M-Check»-System.
Der Detailhändler beurteilt rund 5000 Eigenmarkenprodukte nach den Dimensionen Klimaverträglichkeit, Tierwohl, umweltfreundliche Verpackung, Fisch aus verantwortungsvollen Quellen sowie Kreislauffähigkeit und klassifiziert sie jeweils auf einer Skala von 1 bis 5.
Markt spielt bei Umweltangaben
Der Detailhändler Coop verwendet das private Label «Eco-Score by Beelong», um die Umweltwirkung seines Eigenmarkensortiments darzustellen.
Die Kennzeichnung des Eco-Scores erfolgt anhand einer fünfzehnstufigen Skala von A+ für eine geringe Umweltbelastung (grün dargestellt) bis E- für eine hohe Umweltbelastung (rot dargestellt).
Doch es gibt noch weitere und verdeutlicht, dass es den Staat dabei gar nicht braucht.
Korrektheit garantiert
Konsumenten können diese Umweltangaben, sofern sie da überhaupt darauf schauen, für ihre Kaufentscheide heranziehen.
Das Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) kennt zudem einen allgemeinen Täuschungsschutz gegenüber unrichtigen oder irreführenden Angaben über Produkte und Unternehmen.
Insofern müssen auch die Angaben zur Umwelt stimmen, was für die Verbraucher wichtig ist.
Firmen schauen auf Kundenbedarf
Braucht die Schweiz aber eine staatliche CO2-Etikette auf jedem Produkt?
Zur Beantwortung dieser Frage muss der Bundesrat weder leere Staatskassen noch die EU als Argumente heranziehen. Die Antwort lautet klar: «Nein».
Es bringt bezüglich der Natur sowieso nichts, nur einen Umweltaspekt zu betrachten. Die Kunden entscheiden letztlich sowieso, was sie wollen, und auf welche Informationen sie bei ihren Einkäufen achten.
Daran passen sich Firmen automatisch an – selbst bei Umweltkennzeichnungen und der EU als Absatzmarkt.
09.10.2025/kut.