Nach dem Brexit öffnete die Schweiz für Briten eigens ihren Arbeitsmarkt. Doch kaum jemand von der Insel will hierzulande arbeiten.
John Smith ist IT-Experte und arbeitet schon seit rund zehn Jahren in der Schweiz.
Er zahlte hierzulande Steuern, fühlte sich pudelwohl und konnte sich vor Arbeit kaum retten.
Migrationsämter weisen ab
Dennoch warf die Schweiz den Briten, der in Wirklichkeit nicht so heisst, dessen Name muula.ch aber bekannt ist, in hohem Bogen aus dem Land.
Mehrere kantonale Migrationsämter sowie eine eingeschaltete Fachagentur zur Vermittlung ausländischer Arbeitnehmer konnten ihm nach dem Brexit keine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz mehr geben.
Immer fehlte den Schweizer Behörden von Smith irgendein Dokument oder ein Vertrag, sodass sie ihm nie die Arbeitsbewilligung erteilten.
Überbrückung als Tourist?
Hochoffiziell hiess es allerdings immer, nach dem Brexit habe die Schweiz für Bürger aus Grossbritannien die Zahl der Bewilligungen kontingentiert und leider gebe es da im Moment keinen freien Slot, so die Schilderungen.
Ein Migrationsamt empfahl dem erfahrenen IT-Manager, doch gleich mehrere Arbeitsverträge zu suchen und sich dann nochmals zu melden.
Zwischenzeitlich solle er mit einem Touristenvisum in der Schweiz leben und könnte dies später auf ein freiwerdendes Arbeitskontingent «switchen».
Doch als Tourist wollten ihn die Schweizer Firmen nicht haben, und Smith verliess nach über einer Dekade kurzentschlossen das Land.
Kaum Nutzung der Kontingente
Doch dann platzten unlängst die Statistiken des Bundesrates herein und erzeugten viel Unmut.
Die kantonalen Migrationsämter haben den Briten angelogen und wollten offenbar nur die Schweizer IT-Experten am Arbeitsmarkt vor der Konkurrenz aus dem Ausland schützen, so seine Vermutung gegenüber muula.ch.
Wer nämlich in die Statistik schaut, sieht, dass die Schweizer Kontingente für Briten, die nach dem Brexit eingeführt worden waren, kaum genutzt werden.
Seit dem Jahr 2021 stehen für erwerbstätige UK-Staatsangehörige separate Kontingente zur Verfügung, erklärte der Bundesrat vor wenigen Tagen.
Kantone dehnen Wahrheit
«Die Beanspruchung war seither gering», hiess es hochoffiziell weiter.
Bis Ende September 2024 seien sogar bloss 374 Aufenthaltsbewilligungen B und 203 Kurzaufenthaltsbewilligungen L beansprucht worden, was 18 respektive 15 Prozent der zur Verfügung stehenden Kontingente entspreche.
In den Vorjahren habe bei den UK-Kontingenten auch bloss eine Ausschöpfung von 24 Prozent (L und B) resultiert, hiess es weiter.
Damit sieht man, dass in den Migrationsämtern klar die Unwahrheit gesagt wird.
IT-Spezialist Smith hätte also diesbezüglich sehr wohl in der Schweiz bleiben können.
Beamte scheuen Arbeit
Die Bewilligungen für britische Staatsangehörige würden ausschliesslich in kantonaler Kompetenz erteilt und müssten nicht vom Bund bewilligt werden, hiess es vom Bundesrat.
Die Lokalbehörden wollen entweder vielleicht selbst nicht so viel Arbeit mit den lästigen Drittstaaten-Bewilligungen zu tun haben oder schützen eben einfach die Schweizer Arbeitskräfte ihres Regionalmarktes vor Konkurrenz.
Insofern müsste der Titel dieses Artikels wohl eher «Die Schweiz verschmäht die Briten» heissen.
EU holt sich Fachkräfte
Doch gewiss kommt es für ein Land nicht auf Einzelpersonen an. Allerdings ist der IT-Experte der britischen Insel kein Einzelfall, wie muula.ch von noch anderen Betroffenen weiss.
Eine Kantonsbehörde empfahl einer Britin sogar allen Ernstes, in der Schweiz zu heiraten. Dann sei die Arbeitserlaubnis nämlich kein Problem mehr.
Smith hat nun zumindest andere lukrative Aufträge gefunden – sogar in der EU. Fachkräfte, wie er, haben eben auch andere Alternativen als hierzulande zu arbeiten.
Und die Schweiz hat letztlich das Nachsehen, weil sie einen gut integrierten Mega-Experten nach einer Dekade quasi selbst an die EU abschob.
09.12.2024/kut.