Der auf Bau- und Zuschlagstoffe ausgerichtete Sika-Konzern hat einen Mega-Gewinneinbruch erlitten. Neben dem anspruchsvollen Marktumfeld belastet besonders ein Entscheid.
Beim Baarer Sika-Konzern ist im ersten Semester der Konzerngewinn um 31 Prozent auf 412 Millionen Franken eingebrochen.
Auch beim operativen Ergebnis auf Stufe Ebit ging es im ersten Halbjahr 2023 um rund 22 Prozent auf 660 Millionen Franken nach unten, wie das Unternehmen am heutigen Freitag mitteilte.
Schwächeres Wachstum
Die Erlöse stiegen zudem nicht mehr wie in der Vergangenheit mit hohen zweistelligen Zuwachsraten, sondern es ging beim Umsatz um lediglich 1,8 Prozent auf 5,3 Milliarden Franken nach oben.
Selbst in Lokalwährungen legte der Bauchemie- und Klebstoffhersteller lediglich um 7,9 Prozent zu.
Das Unternehmen macht einerseits die schwierigen Marktbedingungen für die Entwicklungen verantwortlich, wobei auch der starke Schweizerfranken einen Beitrag von minus 6,1 Prozent auf den Umsatz leistete.
Gleichzeitig sei die Bauindustrie vom Zinsanstieg belastet worden. Ausserdem habe im Vorjahr der Verkauf eines Geschäftsteils in Europa zu einem ausserordentlichen Buchgewinn von 168,3 Millionen Franken geführt.
Übernahme wirkt sich negativ aus
Andererseits führte der Entscheid zur grössten Akquisition in der Geschichte von Sika, MBCC, zu den Ergebnisverschlechterungen.
Im ersten Halbjahr 2023 verbuchte Sika rund 90 Millionen Franken an Akquisitions- und Integrationskosten im Zusammenhang mit MBCC, hiess es von dem Konzern, der sich einst selbst heftig gegen die Übernahme durch den französischen Baukonzern Saint-Gobain gewehrt hatte.
Auf Konzernstufe betrug der Akquisitionseffekt beim Umsatz durch MBCC im ersten Halbjahr 7,2 Prozent.
Rechnet man einmalige Fusions- und Übernahme-Effekte aus dem operativen Ergebnis auf Stufe Ebit heraus, hätte eine Steigerung 6,9 Prozent resultiert.
Von den alten Jubeltönen des Sika-Konzerns ist derzeit aber eigentlich nicht mehr viel zu spüren.
Die Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) verzeichnete einen Umsatzanstieg in Lokalwährungen von nur 3,2 Prozent. In der Vorjahresperiode waren es hohe 12,9 Prozent gewesen.
Enormer Rückgang in Übersee
Der Umsatz in der Region Americas wuchs beispielsweise im ersten Halbjahr in Lokalwährungen um 11 Prozent. Im Vorjahreszeitraum waren es gigantische 35,8 Prozent gewesen.
Und der Umsatz in Lokalwährungen in der Region Asien/Pazifik stieg diesmal um 10,1 Prozent. Vorher waren es gute 17,0 Prozent gewesen.
Die Eigenkapitalquote des Sika-Konzerns implodierte von rund 44 Prozent per Ende 2022 auf derzeit nur noch 29 Prozent. Die Rendite auf das eingesetzte Kapital sank von einst hohen 20,7 Prozent auf nunmehr «nur noch» 13,6 Prozent.
Das sind schon sehr starke Rückgänge.
Grossteil der Kosten verdaut
In der zweiten Jahreshälfte soll aber alles besser werden.
«Gegenwärtig gehen wir davon aus, dass sich die Marktbedingungen im zweiten Halbjahr verbessern werden. In allen Regionen sind grosse Bau- und Infrastrukturprojekte geplant oder gehen in die Umsetzung, und das Geschäftspotenzial ist trotz einer verhaltenen Weltwirtschaft nach wie vor gegeben», wird Sika-CEO Thomas Hasler in einem Communiqué zitiert.
Auch bei der Übernahme gibt der Konzern etwas Entwarnung.
Insgesamt geht Sika von Akquisitions- und Integrationskosten im Zusammenhang mit der MBCC-Übernahme in Höhe von gesamthaft 200 Millionen Franken aus. Davon seien aber bereits rund 168 Millionen Franken verbucht worden.
Konzern braucht neue Ziele
Für das Geschäftsjahr 2023 erwartet das Sika-Management um CEO Hasler und Finanzchef Adrian Widmer eine Umsatzsteigerung in Lokalwährungen von über 15 Prozent unter Berücksichtigung des Akquisitionseffekts der MBCC-Übernahme (zuvor: 6 bis 8 Prozent in Lokalwährungen ohne MBCC) und bestätigt eine erwartete überproportionale Ebit-Steigerung ohne Berücksichtigung des Einflusses der MBCC-Akquisition.
Wie muula.ch bereits berichtete, braucht Sika aber dringend neue Management-Ziele, weil sich sowohl der Markt als auch die Situation mit der Mega-Akquisition vollkommen geändert hat. Kaum eine Kennzahl ergibt sowohl ohne Anpassungen als auch in der Höhe noch einen Sinn.
Anfang Oktober will der Bauchemie- und Klebstoffhersteller da aber offenbar Abhilfe schaffen. Vielleicht kommt es dann wieder zu Jubeltönen.
04.08.2023/kut.