Bundesrichter kippen das Notrecht bei CS-Untergang

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Das Bundesverwaltungsgericht urteilt nüchtern zum Untergang der CS. (Bild: PD/BVGer)

Die Schweiz erzwang die Notfusion der Credit Suisse mit der UBS. Doch durch Gerichtsverfahren kommen Details ans Tageslicht, wie falsch der Weg war.

Der Untergang der Krisenbank Credit Suisse (CS) ist für die Schweiz neben dem Verschwinden der Swissair eine der grössten Blamagen des Landes.

Statt die Geldprobleme jeweils rasch zu beseitigen, verursachte die Schweiz ein ganzes Bündel neuer Herausforderungen.

Ordnen aller Sachverhalte

Bei der CS kommen nun durch Gerichtsverfahren immer mehr Details zum Vorschein, die zeigen, wie unsinnig die Schweizer Behörden um das Eidgenössische Finanzdepartement EFD, die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank SNB gehandelt haben.

So nahmen die Richter am Bundesverwaltungsgericht BVGer den Untergang der CS bis ins kleinste Detail auseinander und ordneten die Sachverhalte dem Schweizer Rechtsrahmen zu.

Dabei zeigt sich, dass nicht nur die Rechtsgrundlage für die Abschreibung sogenannter AT1-Bonds fehlte, wie muula.ch berichtete.

Die Bundesrichter kippten auch das Notrecht, welches der damalige Bundespräsident Alain Berset, die Finanzministerin Karin Keller-Sutter sowie Finma-Präsidentin Marlene Amstad vor den Medien rechtfertigten.

Fusion als Ausweg stand im Gesetz

Für Szenarien, wenn begründete Besorgnis besteht, dass eine Bank überschuldet ist oder ernsthafte Liquiditätsprobleme hat, habe der Gesetzgeber entsprechende gesetzliche Regeln geschaffen, hiess es in der Urteilsbegründung.

Als Sanierungsmassnahme könne die Finma insbesondere vorsehen, dass sich die Bank mit einer anderen Gesellschaft zu einem neuen Rechtsträger zusammenschliesst oder ein anderer Rechtsträger die Bank übernimmt.

Dies entspreche im Endeffekt genau dem, was vorliegend durch die Absorptionsfusion zwischen der Grossbank und der CS geschehen sei, führten die Bundesrichter aus.

Gesetzesumgehung nicht möglich

«Die Verfassung lässt der Exekutive keinen Raum, durch Notverordnungsrecht bestehendes Gesetzesrecht zu derogieren», machte das BVGer auf Basis von Bundesgerichtsentscheiden klar.

Die Landesregierung kann mit Notrecht nicht einfach operieren, weil ihr das Gesetz nicht gefällt.

Der Erlass einer «Notverordnung» sei demnach nur dann zulässig, wenn die Rechtsordnung keine anderweitigen Massnahmen vorsehe, die für die Bewältigung der ausserordentlichen Lage ausreichen.

Doch das ist bei der CS gerade nicht der Fall.

Altbekanntes Bankenproblem

Liquiditätsprobleme sind bei Banken auch seit eh und je bekannt.

Insofern seien die Bundesbehörden auch nicht mit einem neuen Problem konfrontiert gewesen.

Ein «bank run», also ein schneller und unvorhersehbarer Vertrauensverlust der Kunden, sei kein neues Phänomen, sondern gehöre zum inhärenten Geschäftsrisiko einer Bank.

Finma als Entscheidungsinstanz falsch

Hinzu kommt, dass der Bundesrat für die Anordnung der notrechtlichen Massnahmen allein zuständig ist und eine Delegation dieser Kompetenz an ein Departement, ein Amt oder eine selbständige Aufsichtsbehörde unzulässig sei.

Mit der Notverordnung habe der Bundesrat die grundsätzliche Frage, ob die AT1-Anleihen abzuschreiben sind, ohne inhaltliche Richtschnur gänzlich in das Ermessen der Finma gestellt.

Doch es wäre die Sache des Bundesrats gewesen, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine gestützt auf Notrecht anzuordnende Abschreibung des zusätzlichen Kernkapitals geboten war oder nicht, erklärten die Bundesrichter.

Hoffen auf Wunder

Die Finma will nun den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen, wie die Behörde auf ihre Webseite am heutigen Mittwoch bekanntgab.

Doch auch in Lausanne dürften die Richter die Sache kritisch beurteilen, weil sich das Bundesverwaltungsgericht auf viele Entscheide des Bundesgerichts stützt.

Doch die Schweiz hat gar keine andere Wahl, als zu hoffen, dass vor Bundesgericht ein Wunder geschieht.

Weiteres Ungemach bei Aktionärsklagen

Last, but not least, entkräftet die CS selbst die Argumente für die Abschreibung der AT1-Bonds.

Das Ereignis, welches in den Bondbedingungen definiert ist, sei gar nicht eingetreten, hatte die Krisenbank noch im letzten Moment der Finma mitgeteilt.

Hinzu kommt, dass die CS erklärte, der Kaufpreis der UBS für die CS-Aktien von rund 3 Milliarden Franken beinhalte keine Anleiheentwertung von 16,5 Milliarden Franken, welche die Finma angeordnet hatte.

Damit bekommen andere Kläger gegen die Schweiz neue Nahrung, denn viele Aktionäre hatten sich gegen den zu niedrigen Kaufpreis in separaten Gerichtsverfahren geweigert.

Milliardenabschreiber als Auslöser

Warum ist die CS letztlich untergegangen?

Nun, Auslöser war ein Milliardenabschreiber in den USA, der auf einer Strategieänderung des letzten CS-Managements unter Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann sowie CEO Ulrich Körner beruhte, wie muula.ch berichtete.

Dann wollte die offizielle Schweiz gemeinsam mit den Amerikanern die Fusion von UBS mit der CS erreichen.

Ein Verkauf der problembehafteten US-Einheit der CS ging nicht, weil sonst die Kapitalquoten des Mutterhauses nicht mehr erfüllt worden wären.

Und all dies soll im Nachhinein als logische Folge von Rettungsmassnahmen dargestellt werden. Doch ehrenwerte Bundesrichter spielen da nicht mit.

15.10.2025/kut.

Bundesrichter kippen das Notrecht bei CS-Untergang

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