Julius Bär wird zur lahmen Ente

Gebäude von Julius Bär in Zürich
Beim Zürcher Bankhaus Julius Bär liegt noch Einiges im Argen. (Bild: muula.ch)

Die Zürcher Privatbank Julius Bär will Kosten, Wachstum und Risiken besser austarieren. Neue Strategieziele erscheinen aber kaum ambitioniert.

Der neue CEO der Privatbank Julius Bär, Stefan Bollinger, hat eigentlich einen dynamischen Start hingelegt.

Unrasiert vor den Medien

Die Geschäftsleitung des Zürcher Geldhauses verkleinerte er seit seinem Amtsantritt von 15 auf 5 Personen.

Zudem strich Bollinger die internationale Organisation zusammen und zog die Sparschraube stark an.

Doch am Dienstag präsentierte CEO Bollinger bei seinem ersten grossen Auftritt vor der Öffentlichkeit in London eine Schwunglosigkeit, die im Kontrast zur Anfangsdynamik stand.

Zwar versuchte er den Anwesenden unrasiert und mit dunklen Augenringen klarzumachen, es würde bei Julius Bär viel gearbeitet.

Inhaltlich zog es Investoren und Finanzanalysen aber eher die Schuhe aus.

Balance finden

Die Privatbank, die hunderte Millionen Franken mit faulen Krediten um den Immobilienguru René Benko sowie anderen Kunden in den Wind streichen musste und regelmässig die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma im Hause hat, will künftig stark auf drei Finanzkennzahlen schauen.

Dabei stünde ein realistisches Austarieren zwischen Kosten, Wachstum und Risiken im Mittelpunkt, erklärte Julius-Bär-CEO Bollinger.

Das zyklische Auf und Ab solle der Vergangenheit angehören, hiess es.

Wenig ambitioniert

Die erste Kennzahl ist das Kosten-Ertrags-Verhältnis, das bis zum Jahr 2028 bei unter 67 Prozent liegen soll.

Da rieben sich Investoren besonders die Augen, denn im vergangenen Jahr lag das Ziel schon bei 64 Prozent und nun soll trotz Sparübungen letztlich eine höhere Kostenquote resultieren.

Im Jahr 2024 lag der Wert bei 70,9 Prozent und 2023 bei 69,1 Prozent – sehr ambitioniert sieht das neue Finanzziel daher also nicht aus.

Unruhe bei Kundschaft

Ausserdem würde man erwarten, dass mit Rationalisierung und Künstlicher Intelligenz ein Mega-Kostensprung selbst bei einer kostenintensiven Privatbank nach unten möglich sei.

Doch auch da enttäuschte Julius Bär.

Bollinger, der von Goldman Sachs kommt, wolle zudem jährlich 150 Neueinstellungen vornehmen, was angesichts des Personalabbaus gar nicht richtig zur Strategie passt.

Stefan Bollinger, CEO von Julius Baer
Stefan Bollinger wechselte unlängst von Goldman Sachs zu Julius Bär. (Bild: muula.ch)

Kunden berichteten muula.ch obendrein, dass sich jahrelange Kundenbetreuer plötzlich geändert hätten und das Sparprogramm wie ein grosses Durcheinander wirke.

Für eine Bank mit Superreichen und UHNWI als Kundschaft ist ein solcher Eindruck wohl eher schlecht. Wie es da konkret weitergeht, wurde am Investorentag nicht klar.

Es sei immer einfacher, etwas zu zerstören, als etwas Funktionierendes aufzubauen, lautete dabei eine Kritik.

Zahlenakrobatik bei Rendite

Das zweite Finanzziel ist weiterhin die Rendite auf das regulatorische CET-1-Kapital, die in den Jahren 2026 bis 2028 auf jeweils mindestens 30 Prozent steigen solle.

Im Jahr 2024 erreichte das Geldhaus allerdings bereits adjustiert 32 Prozent. Da steckt immer aber viel Zahlenakrobatik über und unter dem Bruchstrich drin.

Ein normales Ziel auf Basis des Konzerngewinns und der Eigenkapitalbasis wäre da wohl besser. Bollinger entschlackt da die Führungskennzahlen nicht.

Wachstumsziel unklar

Und drittens verordnete der neue Bankchef mit dem neuen Verwaltungsratspräsidenten Noel Quinn eine neue Finanzkennzahl als Strategieziel.

Das Netto-Neugeld solle die Privatbank bis zum Jahr 2028 auf 4 bis 5 Prozent verbessern.

Im 2. Halbjahr 2024 lag der Wert laut einer Investorenpräsentation zum Jahresabschluss allerdings schon bei +4,4 Prozent.

Wie ambitioniert das Wachstum da letztlich ist, steht auch eher in den Sternen.

Viele Vorbehalte

All dies gelte aber nur unter guten Wetterbedingungen, nämlich unter der Annahme, dass es zu keiner wesentlichen Verschlechterung der Märkte oder Wechselkurse komme, wie Bollinger und Finanzchefin Evangelia Kostakis in London erklärten.

Das ist eine grosse Einschränkung, denn Julius Bär hat nur 4 Prozent der operativen Kosten in Dollar und den Grossteil in Schweizerfranken.

Gibt es da Verschiebungen an der Währungsfront, sind wohl auch die Sparziele hinfällig. Doch das wollen Investoren sicher nicht.

UBS freut Schwäche

Die grosse Enttäuschung war auch am Aktienkurs abzulesen. Die Julius-Bär-Titel gaben um rund 2 Prozent nach.

Konkurrentin UBS kann sich angesichts der lahmen Strategie von Julius Bär freuen. Ihr Aktienkurs legte gleichzeitig um rund 6 Prozent zu.

Dabei spielt sicher auch eine Rolle, wie viel Eigenkapital systemrelevante Grossbanken künftig vorhalten müssen. Am Freitag will die Finanzministerin Karin Keller-Sutter dazu äussern und im Vorfeld wird viel spekuliert.

Bis alle Anforderungen insgesamt klar sind, möchte Julius Bär keinen Aktienrückkauf mehr vornehmen.

Auch dies klang für Externe schon mal dynamischer.

04.06.2025/kut.

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